Aus Sicht von Arbeitgebern besteht nicht selten ein besonderes Interesse daran, sich von unliebsamen gewordenen Betriebsratsmitgliedern zu trennen. Für die arbeitgeberseitige Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Betriebsratsmitglied sind die Hürden allerdings hoch. Betriebsratsmitglieder genießen nach § 15 Abs. 1 KSchG besonderen Kündigungsschutz, sodass für eine Kündigung (abgesehen vom Fall der Betriebsstilllegung, § 15 Abs. 4 KSchG) grundsätzlich ein wichtiger Grund erforderlich ist. Zudem bedarf die außerordentliche Kündigung gemäß § 103 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Um sich von einem Betriebsratsmitglied zu trennen, bleibt Arbeitgebern deshalb üblicherweise lediglich die Möglichkeit einer einvernehmlichen Aufhebungsvereinbarung. Gerade im Hinblick auf den bestehenden Sonderkündigungsschutz kann eine solche durchaus kostspielig werden. Betriebsratsmitgliedern werden im Zuge der Aufhebungsverhandlungen nicht selten horrende Abfindungen, lange Kündigungsfristen oder sonstige Vorteile einschließlich des „Weglobens“ auf Organpositionen bei Konzerngesellschaften, die mit mehrjähriger Bestellung einhergehen zugebilligt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob dem Inhalt von Aufhebungsvereinbarungen mit Betriebsratsmitgliedern im Hinblick auf das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot Grenzen zu setzen sind. Gemäß § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Korrespondierend mit dem Ehrenamtsprinzip schreibt § 78 Satz 2 BetrVG vor, dass Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht begünstigt werden dürfen. Der Verstoß gegen das Begünstigungsverbot wird von § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG sogar mit Strafe bedroht. Sinn und Zweck des Begünstigungsverbots ist die Gewährleistung der Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder vom Arbeitgeber als sozialen Gegenspieler zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen. Das Vorliegen einer unzulässigen Begünstigung ist im Einzelfall immer daran zu messen, ob einem mit dem Betriebsratsmitglied vergleichbaren Arbeitnehmer ohne Betriebsratsamt eine vergleichbarer Vorteil vom Arbeitgeber gewährt worden wäre. In Anbetracht dessen hat das BAG einer Entscheidung vom 21. März 2018 (Az.: 7 AZR 590/16) eindeutig entschieden, dass keine unzulässige Begünstigung eines Betriebsratsmitglied vorliege, wenn ein Aufhebungsvertrag besonders attraktive finanzielle oder sonstige Konditionen enthalte, die einem Arbeitnehmer ohne Betriebsratsamt nicht zugestanden worden wären. Die Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag zu beenden, stünde grundsätzlich allen Arbeitnehmern offen. Dass dem Betriebsratsmitglied aufgrund des gesetzlichen Sonderkündigungsschutzes eine verbesserte Verhandlungsposition zukommt, reiche für eine Betriebsratsbegünstigung jedoch nicht aus. Insbesondere sei die Vertragsfreiheit von Arbeitgeber und Betriebsratsmitglied zu schützen. Betriebsratsmitglieder dürften ihre Verhandlungsposition genauso ausnutzen, wie andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage. Nach der Entscheidung des BAG sei grundsätzlich davon auszugehen, dass die in einem Aufhebungsvertrag vereinbarten Leistungen eine Kompensation für den besonderen Bestandsschutz (§§ 15 Abs. 1 KSchG, 103 Abs. 1 BetrVG) darstellen, mögen sie auch besonders lukrativ sein. Arbeitgebern steht es somit frei, bei Trennungsabsicht auch mit besonders lukrativen Angeboten auf Betriebsratsmitglieder zuzugehen. Das Betriebsratsmitglied kann im Einzelfall selbst entscheiden, ob es sich seine besonders schutzwürdige Position „abkaufen“ lässt. Inhaltlich sind den Aufhebungsvereinbarungen zumindest durch das Begünstigungsverbot im Sinne von § 78 Satz 2 BetrVG keine Grenzen gesetzt. Um sich von einem Betriebsratsmitglied trennen, können Arbeitgeber daher kreative Wege einschlagen. Neben der Vereinbarung einer signifikanten Abfindungszahlung kommt somit grundsätzlich auch die Vereinbarung einer Anschlussbeschäftigung in einer besonders herausgehobenen Position in einem anderen Konzernunternehmen in Betracht. Letztendlich müssen Arbeitgeber im Einzelfall entscheiden, was ihnen die erfolgreiche Trennung wert ist. Rechtlich ist an dieser Stelle vieles möglich, wiewohl – vom BAG nicht entschieden – jedenfalls ein Bedenken bleibt, wenn die Entscheidung ergeht, obgleich das betreffende Betriebsratsmitglied rentennah ist . Ob ein derartiges Vorgehen überdies mit den Grundsätzen guter Unternehmensführung übereinstimmt, ist eine andere, angesichts der bei sog. Corporate Governance Regelungen üblichen Freiwilligkeit kaum justiziable Frage.
Meldung
04.12.2024
DStV begrüßt Rechtssicherheit bei der Grunderwerbsteuer
In der Rechnungszustellung ist die E-Rechnung mit der Briefpost beinahe gleichauf, beim Empfang ist sie aber noch deutlich seltener, zeigt eine aktuelle Studie.