14.06.2023

Arbeitsrecht, Meldung

Bahnfahren ist Arbeitszeit

Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat entschieden, dass Reisezeiten mit der Bahn, die im Zusammenhang mit der Überführung von neuen Nutzfahrzeugen anfallen, Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes sind.

Beitrag mit Bild

©Tommaso Altamura/123rf.com

Ein Speditionsunternehmen, das auf die Überführung von neuen und gebrauchten Nutzfahrzeugen, unter anderem Sattelzugmaschinen, spezialisiert ist, hatte vor dem VG geklagt. Die für die Überführung eingesetzten Arbeitnehmer fahren mit Taxi und Bahn zum jeweiligen Abholort des Fahrzeugs, übernehmen es dort und fahren das Fahrzeug anschließend auf der eigenen Achse zum Zielort. Von dort reisen sie wiederum mit der Bahn zurück zu ihrem Wohnort.

Ärger mit dem Gewerbeaufsichtsamt

Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt hatte der Klägerin aufgegeben, die zulässigen Höchstarbeitszeiten einzuhalten, und dabei festgestellt, dass Bahnreisezeiten, die im Zusammenhang mit der Überführung von neuen Nutzfahrzeugen anfielen, als Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zu berücksichtigen seien. Dagegen wandte sich die Klägerin mit dem Argument, die betroffenen Arbeitnehmer seien während der Bahnfahrt in der Gestaltung ihrer Zeit völlig frei, sodass ihnen nur ein „Freizeitopfer“ abverlangt werde.

Definition von Arbeitszeit im Sinne des EU-Rechts

Dieser Argumentation ist das Verwaltungsgericht Lüneburg nicht gefolgt (Urteil vom 02.05.2023 – 3 A 146/22): Die einschlägigen europarechtlichen Grundlagen (Arbeitszeit-Richtlinie) erforderten im vorliegenden Fall eine von der gängigen Definition des Bundesarbeitsgerichts (BAG) abweichende Bestimmung des Begriffs der Arbeitszeit.

Zwar gehe mit dem Bahnfahren nicht zwingend eine dem Gesundheitsschutz zuwiderlaufende Belastung einher, was nach der sog. Beanspruchungstheorie des BAG maßgeblich für die Erfassung einer Tätigkeit als Arbeitszeit sei. Für die europarechtliche Begriffsbestimmung sei indes allein entscheidend, ob der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung stehe und seine Tätigkeit ausübe oder Aufgaben wahrnehme.

Bahnreisezeit als Arbeitszeit einzustufen

Danach zähle die Bahnreisezeit als Arbeitszeit. Denn die regelmäßig mehrstündige An- und Abreise mit der Bahn sei einerseits bereits Teil der Leistungserbringung und beschränke andererseits die Freiheit der Fahrer, über ihre Zeit selbst zu bestimmen. So hänge die Dauer der Bahnreisezeit allein davon ab, an welchen Ort das Fahrzeug überführt werden müsse. Anders als bei der Anreise zu einer festen Betriebsstätte stehe sie somit nicht zur Disposition des Arbeitnehmers, sondern sei der Sphäre des Arbeitgebers zuzurechnen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus den besonderen Vorschriften des deutschen und des europäischen Rechts zur Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausübten, denn diese fänden im vorliegenden Fall keine Anwendung.


VG Lüneburg vom 05.06.2023 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Meldung

©momius/fotolia.com


05.02.2025

BMF kündigt Klarstellung bei der E-Bilanz an

Mit dem JStG 2024 wurde der Umfang des an die Finanzbehörden zu übermittelnden Datensatzes der E-Bilanz erweitert; hierzu gibt es nun eine Klarstellung vom BMF.

weiterlesen
BMF kündigt Klarstellung bei der E-Bilanz an

Meldung

©fotomek/fotolia.com


05.02.2025

BGH zu Negativzinsen auf Bankguthaben

Die aktuelle Entscheidung des BGH stärkt die Rechte der Bankkunden und setzt ein wichtiges Signal für den Verbraucherschutz im Finanzsektor.

weiterlesen
BGH zu Negativzinsen auf Bankguthaben

Meldung

©Olivier Le Moal / istockfoto.com


04.02.2025

Berichtspflichten: Unternehmen können CBAM-Anforderungen kaum erfüllen

Unternehmen müssen tatsächliche Emissionsdaten ihrer Lieferanten melden – rund drei Viertel sind dazu nicht oder nur teilweise in der Lage.

weiterlesen
Berichtspflichten: Unternehmen können CBAM-Anforderungen kaum erfüllen

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank