03.06.2022

Arbeitsrecht, Meldung

BAG zur Entschädigung nach AGG

In einem Streitfall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) stritten die Parteien darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG wegen einer Benachteiligung wegen der (Schwer-)Behinderung zu zahlen.

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Der Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, kann die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung i. S. v. § 22 AGG begründen, dass die Benachteiligung, die der schwerbehinderte Mensch erfahren hat, wegen der Schwerbehinderung erfolgte. Zu diesen Vorschriften gehört § 168 SGB IX, wonach die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts bedarf. Dies hat das BAG mit Urteil vom 02.06.2022 (8 AZR 191/21) entschieden.

Darum ging es im Streitfall

Der Kläger war bei dem Beklagten als Hausmeister an einer Grundschule beschäftigt. Grundlage der Beschäftigung war ein zwischen dem Beklagten und der Stadt L. geschlossener „Vertrags über eine Personalgestellung“. Am 11.02.2018 erlitt der Kläger einen Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung. Hierüber wurde der Beklagte bereits am 12.02.2018 in Kenntnis gesetzt.

Mit Schreiben vom 14.02.2018 kündigte die Stadt L. den Personalgestellungsvertrag. Anfang April 2018 kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis, weil der Vertrag zwischen ihm und der Stadt L. ende. Der Kläger reichte eine Kündigungsschutzklage ein; das Verfahren wurde durch einen Vergleich vor dem Arbeitsgericht erledigt.

Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG?

Seine auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG gerichtete Klage stützt der Kläger darauf, der Beklagte habe ihn wegen seiner (Schwer)Behinderung benachteiligt. Insbesondere habe er nicht ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamts kündigen dürfen. Zwar habe zum Kündigungszeitpunkt noch kein Nachweis seiner Schwerbehinderung durch eine behördliche Feststellung vorgelegen, auch sei ein Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch noch nicht gestellt gewesen, allerdings sei seine Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Kündigung offenkundig gewesen.

Kein Erfolg vor dem BAG

Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung. Der Kläger, der durch die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses eine unmittelbare Benachteiligung i. S. v. § 3 Abs. 1 AGG erfahren hat, hat nicht dargelegt, dass die Benachteiligung wegen seiner (Schwer)Behinderung erfolgte. Zwar kann der Verstoß des Arbeitgebers gegen § 168 SGB IX im Einzelfall die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung i. S. v. § 22 AGG begründen, dass die Schwerbehinderung (mit)ursächlich für die Benachteiligung war. Allerdings hat der Kläger einen Verstoß des Beklagten gegen diese Bestimmung nicht schlüssig dargetan.

Selbst wenn es zutreffen sollte, dass der Kläger am 12.02.2018 mit halbseitiger Lähmung auf der Intensivstation behandelt wurde, lägen keine Umstände vor, nach denen im Zeitpunkt der Kündigung durch den Beklagten von einer offenkundigen Schwerbehinderung auszugehen war.


BAG vom 02.06.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

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