Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19.03.2025 (10 AZR 67/24) entschieden, dass Verfallklauseln für „gevestete“ virtuelle Optionsrechte, die an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen und somit unwirksam sind.
Hintergrund des Falls
Der Kläger war vom 01.04.2018 bis zum 31.08.2020 bei der Beklagten beschäftigt. Während seiner Tätigkeit wurden ihm im Jahr 2019 23 virtuelle Optionsrechte zugeteilt. Diese sollten nach einer Mindestwartezeit von einem Jahr innerhalb einer vierjährigen Vesting-Periode gestaffelt ausübbar werden. Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens waren 31,25 % seiner Optionsrechte „gevestet“.
Laut den Employee Stock Option Provisions (ESOP) der Beklagten verfallen bereits „gevestete“ Optionen bei Eigenkündigung sofort. Zudem sah eine weitere Klausel vor, dass „gevestete“ Optionen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb von zwei Jahren doppelt so schnell verfallen, wie sie innerhalb der Vesting-Periode entstanden sind. Der Kläger machte seine Rechte dennoch geltend, doch die Beklagte verweigerte die Auszahlung unter Berufung auf den Verfall der Optionen.
Die Entscheidung des BAG
Nachdem die Vorinstanzen die Klage abgewiesen hatten, gab das BAG dem Kläger in der Revision recht. Die Regelungen zum Mitarbeiterbeteiligungsprogramm sind Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und unterliegen einer Inhaltskontrolle. Die sofortige Verfallsregelung gemäß Nr. 4.2 ESOP benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. „Gevestete“ virtuelle Optionen sind als Gegenleistung für die bereits erbrachte Arbeitsleistung zu werten, sodass ihr ersatzloser Verfall den Rechtsgrundsätzen des § 611a Abs. 2 BGB widerspricht.
Die Regelung, wonach „gevestete“ Optionen doppelt so schnell verfallen, wie sie innerhalb der Vesting-Periode entstanden sind, ist ebenfalls unwirksam. Sie berücksichtigt nicht die durch die Arbeitsleistung erworbene Anwartschaft und stellt eine unverhältnismäßige Benachteiligung dar.
Bedeutung des Urteils
Das BAG stellt mit dieser Entscheidung klar, dass Unternehmen ihre Mitarbeiterbeteiligungsprogramme fair gestalten müssen. Bereits erworbene Anwartschaften dürfen nicht durch einseitige Verfallklauseln entzogen werden, insbesondere wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung bereits erbracht hat. Damit hebt das BAG seine bisherige Entscheidung aus dem Jahr 2008 auf (BAG vom 28.05.2008 – 10 AZR 351/07) und stärkt nun die Rechte von Arbeitnehmern mit virtuellen Beteiligungsmodellen.