Ziel der BaFin ist es, einen konvergenten Aufsichtsansatz bei der Umsetzung der Marktmissbrauchsverordnung (Market Abuse Regulation – MAR) sicherzustellen. Die ESMA hatte die Leitlinien in der deutschen Fassung (13/04/2022 | ESMA70-159-4966 DE) am 13.04.2022 veröffentlicht.
Die Ergänzung der MAR-Leitlinien war erforderlich, um das Spannungsverhältnis zwischen aufsichtlichen Entscheidungen innerhalb der Kapitaladäquanzverordnung (Capital Requirements Regulation – CRR) und der Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive – CRD) einerseits sowie Artikel 17 MAR (Ad-hoc-Publizität) anderseits angemessen zu berücksichtigen.
Marktmissbrauchsverordnung: Inhalte der MAR-Leitlinien
Die geänderten MAR-Leitlinien geben insofern Orientierung zu zwei wesentlichen Aspekten:
Hinsichtlich der Aufschubregelung des Artikels 17 Absatz 4 Buchstabe a) MAR wird die Liste der berechtigten Interessen in Abschnitt 5 um die zwei Fallgruppen h) und g) ergänzt. Diese Aufschubgründe gelten für Institute, die den Anforderungen der CRR beziehungsweise der CRD unterliegen. Treten im Genehmigungsprozess von Artikel 77 CRR beziehungsweise im Austausch mit der Aufsichtsbehörde zu Beschlussentwürfen, die im Prozess der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung (Supervisory Review and Evaluation Process – SREP) entstehen, Insiderinformationen auf, sind Emittenten berechtigt, die Veröffentlichung dieser Insiderinformationen vorübergehend aufzuschieben.
Darüber hinaus gibt es einen neuen separaten Unterabschnitt 3 („P2R und P2G und Insiderinformationen“) in Abschnitt 5 der MAR-Leitlinien. Dieser nimmt eine Einordnung des jeweiligen Kursbeeinflussungspotenzials bezüglich Pillar-2-Kapitalanforderungen (Pillar-2 Capital Requirements – P2R) und Pillar-2-Empfehlungen (Pillar-2 Capital Guidance – P2G) und somit der Eigenschaft als Insiderinformation vor.
Comply-or-Explain-Verfahren
Die BaFin äußerst sich zu ESMA-Leitlinien im üblichen Comply-or-Explain-Verfahren. Das heißt: Publiziert eine Europäische Aufsichtsbehörde wie die ESMA Leitlinien, müssen die nationalen Behörden erklären, ob sie diese übernehmen. Entscheiden sie sich dagegen, müssen sie dies erläutern. Ziel von Leitlinien ist es, innerhalb des Europäischen Finanzaufsichtssystems kohärente, effiziente und wirksame Aufsichtspraktiken zu schaffen. Außerdem sollen die Leitlinien sicherstellen, dass die nationalen Aufsichtsbehörden das EU-Recht einheitlich anwenden.