29.09.2021

Meldung, Wirtschaftsrecht

„Bad Bank“ der WestLB haftet für Cum-Ex

Das Landgericht Frankfurt am Main hat einer Klage der Nachfolgerin der WestLB gegen die Abwicklungsanstalt dieser Bank auf Übernahme von Steuerschulden von rund einer Milliarde Euro aus sog. Cum-Ex-Geschäften stattgegeben.

Beitrag mit Bild

©gguy/fotolia.com

Beide Parteien sind aus der WestLB hervorgegangen, nachdem diese infolge der Finanzkrise 2007 und 2008 in Schieflage geriet. Ihre Abwicklung begann im Jahr 2012. Die Klägerin ist die verbliebene Restgesellschaft. Sie ist in alleiniger Hand des Landes NRW. Die Beklagte ist eine Abwicklungsanstalt innerhalb der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, die dem Bundesfinanzministerium unterstellt ist („sog. Bad Bank“). An ihr sind die vormaligen Aktionäre der WestLB, unter anderem das Land NRW, der Sparkassenverband Westfalen-Lippe und der Rheinische Sparkassen- und Giroverband, beteiligt. Zunächst sollte die beklagte Abwicklungsanstalt ausgewählte toxische Portfolioteile der WestLB übernehmen und später im Rahmen der Abwicklung der Bank weitere Risikopositionen sowie nicht strategienotwendige Unternehmensbereiche, unter anderem das Kapitalmarktgeschäft.

Ex-Vorstände der WestLB im Visier

Im Jahr 2016 wurden Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Vorstände der WestLB wegen Aktiengeschäften um den jeweiligen Dividendenstichtag eingeleitet (sog. Cum-Ex-Geschäfte). Ziel war die Klärung, ob in den Veranlagungszeiträumen 2005 bis 2011 Kapitalertragsteuer auf Dividendenzahlungen zu Unrecht auf eine Körperschaftssteuerschuld der WestLB angerechnet worden war. Mit mehreren Bescheiden aus 2019 und 2020 forderte das Finanzamt von der Klägerin die Rückerstattung erstatteter Kapitalertragsteuer nebst Solidaritätszuschlag und Zinsen für die Jahre 2005 bis 2008 in Höhe von rund einer Milliarde Euro. Eine Nachberechnung der Kapitalertragsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 wird noch geprüft.

Haftung für Steuerschulden aus Cum-Ex-Geschäften

Das LG Frankfurt am Main hat nun am 29.09.2021 (2-27 O 328/20) entschieden, dass die beklagte Abwicklungsanstalt für diese Steuerschulden einzustehen habe. „Zwar wurden die betreffenden Steuerverbindlichkeiten im Rahmen der Abwicklung der WestLB nicht ausdrücklich der Beklagten zugewiesen“, so die Richterinnen der Kammer. „Eine Auslegung der Vertragswerke und der Erklärungen der Parteien ergibt aber, dass die Übernahme der streitigen steuerlichen Risikopositionen durch die Beklagte gewollt war“, erläuterte die Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Und weiter: „Obwohl den Beteiligten bewusst war, dass es bekannte und unbekannte Steuerverbindlichkeiten gab, haben sie eine Bewertung und Regelung aller steuerlichen Risiken nicht vorgenommen. Die Beklagte sollte aber nach der ausdrücklichen allgemeinen Regelung im Vertragswerk Risikopositionen dann übernehmen, wenn sie einem nicht strategienotwendigen Unternehmensbereich zuzuordnen waren.“ Das Kapitalmarktgeschäft sei nicht strategienotwendig für die WestLB gewesen und die Cum-Ex-Geschäfte als Grundlage der Steuerforderungen seien unzweifelhaft dem Kapitalmarktgeschäft anzusiedeln.


LG Frankfurt a.M. vom 29.09.2021 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro

Weitere Meldungen


Steuerboard

Raphael Baumgartner / Cindy Slominska


06.06.2025

BFH bestätigt gesellschaftsbezogenes Beherrschungserfordernis bei der Umschaltklausel nach § 20 Abs. 2 AStG – ein Aufatmen für Steuerinländer mit möglichen Auswirkungen auf die Gewerbesteuer? – Teil I

Mit Urteil vom 08.04.2025 (IX R 32/23) hat sich der BFH erstmals zur zentralen Frage geäußert, ob für die Anwendung der sogenannten Umschaltklausel gemäß § 20 Abs. 2 AStG eine gesellschafter- oder gesellschaftsbezogene Betrachtung maßgeblich ist.

weiterlesen
BFH bestätigt gesellschaftsbezogenes Beherrschungserfordernis bei der Umschaltklausel nach § 20 Abs. 2 AStG – ein Aufatmen für Steuerinländer mit möglichen Auswirkungen auf die Gewerbesteuer? – Teil I

Rechtsboard

RAin/FAin ArbR Dr. Bettina Scharff


06.06.2025

BAG zum aktiven Wahlrecht von Führungskräften in mehreren Betrieben eines Unternehmens im Rahmen von Betriebsratswahlen

Ein Arbeitnehmer, der mehreren Betrieben desselben Unternehmens angehört, hat bei der Wahl des Betriebsrats in sämtlichen dieser Betriebe das aktive Wahlrecht. Dieser Grundsatz gilt gem. der BAG-Entscheidung vom 22.05.2025 (7 ABR 28/24) auch für Führungskräfte, die keine leitenden Angestellten gem. § 5 Abs. 3 BetrVG sind, in Unternehmen mit einer unternehmensinternen Matrixstruktur.

weiterlesen
BAG zum aktiven Wahlrecht von Führungskräften in mehreren Betrieben eines Unternehmens im Rahmen von Betriebsratswahlen

Meldung

©ammentorp/123rf.com


06.06.2025

Food-and-Paper-Methode nicht sachgerecht

Der BFH hat sich mit der Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgelts auf Liefergegenstände mit verschiedenen Steuersätzen in der Systemgastronomie befasst.

weiterlesen
Food-and-Paper-Methode nicht sachgerecht

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank