Entwurf der Europäischen Kommission
Die Europäische Kommission sieht in ihrem Richtlinien-Entwurf vor, dass Gesellschaften zusätzlichen steuerlichen Erklärungspflichten nachkommen müssen, wenn sie die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllen:
- Mehr als 75 % der Einkünfte der Gesellschaft bestehen aus relevanten Einkünften (insb. Zinsen, Lizenzen, Dividenden, Anteilsveräußerungen, Immobilienerträge).
- In den vorangegangenen zwei Jahren müssen entweder das Vermögen der Gesellschaft zu mehr als 60 % aus ausländischen Vermögenswerten oder die Einkünfte der Gesellschaft zu mindestens 60 % aus grenzüberschreitenden Tätigkeiten bestanden haben.
- Die Geschäftsführung der Gesellschaft muss in den vorangegangenen zwei Jahren ausgelagert worden sein.
Erfüllen solche Gesellschaften dann nicht bestimmte Substanzanforderungen und können sie keine tatsächliche wirtschaftliche Aktivität nachweisen, droht ihnen die Behandlung als für Steuerzwecke nicht zu berücksichtigende Briefkastengesellschaft.
Bestimmte Gesellschaften sollen allerdings vom Anwendungsbereich der ATAD III-Richtlinie von vornherein ausgenommen sein und damit keinen zusätzlichen Erklärungspflichten unterliegen. Dabei handelt es sich u.a. um börsennotierte Gesellschaften, rein nationale Holdinggesellschaften, bestimmte regulierte Gesellschaften (z.B. Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen, Kreditinstitute und Pensionskassen) und Gesellschaften mit mindestens fünf eigenen, hinreichend qualifizierten Angestellten. Für Private Equity-Fonds sieht der Richtlinien-Entwurf der Europäischen Kommission eine spezifische Erleichterung vor, indem AIFM und AIF als regulierte Gesellschaften behandelt werden sollen.
Nach Vorstellung der Europäischen Kommission soll die Richtlinie bis zum 01.01.2024 in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Änderungsvorschläge im Pereira-Bericht
Im Pereira-Bericht wird zunächst vorgeschlagen, den Anwendungsbereich der betroffenen Gesellschaften enger zu fassen. Neben der geringfügigen Anpassung der verschiedenen Schwellenwerte soll dies insbesondere dadurch gelingen, dass die Auslagerung der Geschäftsführung an ein verbundenes Unternehmen mit Sitz in derselben Jurisdiktion wie die auslagernde Gesellschaft nun nicht mehr relevant sein soll. Es sollen also nur noch Gesellschaften erfasst werden, die ihre Geschäftsführung an „echte“ Dritte oder über die Landesgrenzen auslagern und zudem die (neuen) Schwellenwerte erfüllen.
Außerdem enthält der Pereira-Bericht den Vorschlag, eine weitere Ausnahmeregelung aufzunehmen und zwar für Gesellschaften, die von regulierten Gesellschaften gehalten werden und die das Halten von Vermögenswerten oder die Anlage von Kapital bezwecken.
Die Ausnahme für Gesellschaften mit mindestens fünf eigenen Angestellten soll hingegen dahingehend verschärft werden, dass die Beschäftigten ihre Arbeit auch in derjenigen Jurisdiktion erbringen müssen, in der die betroffene Gesellschaft ansässig ist.
Bemerkenswert sind zudem die Vorschläge im Pereira-Bericht, die Sanktionen für Gesellschaften, die gegen die geplanten Vorschriften verstoßen, von ursprünglich 5 % auf 2,5 % ihres Jahresumsatzes zu reduzieren und die Umsetzungsfrist der Richtlinie um ein Jahr auf den 01.01.2025 zu verschieben.
Auswirkungen auf Private Equity-Fonds
Private Equity-Fonds sind von der aktuellen Diskussion um die steuerliche Behandlung von Briefkastengesellschaften besonders betroffen, denn sowohl bei der Strukturierung des Fondsprogramms als auch bei der Strukturierung der einzelnen Portfolioinvestitionen des Private Equity-Fonds werden typischerweise auch substanzschwache Gesellschaften eingesetzt. Dafür gibt es zahlreiche wirtschaftliche Gründe, die sich nicht in der schlichten Erlangung eines steuerlichen Vorteils erschöpfen.
Der Richtlinien-Entwurf der Europäischen Kommission hat das Potenzial, bedeutende Veränderungen für Strukturierungsfragen bei Private Equity-Fonds herbeizuführen. Bereits die potenziellen Reputationsschäden, die den Fondsmanager und die Investoren von Private Equity-Fonds beim Einsatz von Briefkastengesellschaften ereilen können, dürfte die Fonds- und Akquisitionsstrukturierung maßgeblich beeinflussen.
Die Vorschläge im Pereira-Bericht sollten jedoch dazu führen, dass bewährte Fonds- und Akquisitionsstrukturen bei Private Equity-Fonds beibehalten werden können. Schon der Vorschlag zur Einschränkung des Anwendungsbereichs bei einer Auslagerung der Geschäftsführung an ein verbundenes Unternehmen in derselben Jurisdiktion dürfte den bislang ausufernden Tatbestand deutlich eindämmen. Ganz entscheidend jedoch ist die vorgeschlagene Ausnahmeregelung für Gesellschaften, die von regulierten Gesellschaften gehalten werden. Damit sind (Holding-)Gesellschaften, die entweder vom Fondsmanager (AIFM) oder vom Fonds selbst (AIF) gehalten werden, von vornherein nicht von der ATAD III-Richtlinie und dem damit verbundenen erhöhten Compliance-Aufwand erfasst.
Fazit
Die anfängliche Aufregung von Fondsmanagern und Investoren (sowie deren steuerlichen Beratern) darf sich mit dem Pereira-Vorschlag erst einmal wieder etwas legen. Es bleibt allerdings abzuwarten, welche Vorschläge aus dem Pereira-Bericht letztlich den Weg in die finale Fassung der ATAD III-Richtlinie finden. Eine definitive Klarheit wird es außerdem erst geben, sobald der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie in nationales Recht umgesetzt hat. Es darf dabei mit Spannung erwartet werden, ob und wenn ja an welchen Stellen der deutsche Gesetzgeber die Steuerregeln für den Einsatz von Briefkastengesellschaften im Vergleich zur ATAD III-Richtlinie verschärfen wird.