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26.07.2021

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Auf der politischen Agenda: Einsatz von Stiftungen als steuerliches Strukturierungsinstrument

Mit dem Beschluss des Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (BT-Drucks. 19/28173, BT-Drucks. 19/30938, BR-Drucks. 569/21 hat der Gesetzgeber primär das Stiftungszivilrecht bundeseinheitlich und abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Kernpunkte der Reform betreffen die Rechtsstellung der Stiftungsorgane (z.B. Kodifizierung einer Business Judgment Rule), die Voraussetzungen für Strukturänderungen von Stiftungen (Satzungsänderungen, Zulegung und Zusammenlegung, Beendigung) sowie die Einführung eines bundeseinheitlichen Stiftungsregisters mit Publizitätswirkung zum 01.01.2026.

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RA Dr. Julian Schick
Associate bei POELLATH, Berlin

In erbschaft- und schenkungsteuerlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber lediglich § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG an die künftig bestehende Unterscheidung zwischen organschaftlichem Beendigungsbeschluss (= Auflösung) und behördlicher Beendigungsentscheidung (= Aufhebung) angepasst sowie um die nunmehr abschließend im BGB geregelten Vorgänge der Zu- und Zusammenlegung von Stiftungen ergänzt. Ungeachtet dieser eher marginalen Änderungen des Stiftungssteuerrechts hat die jüngste Stiftungsrechtsreform die Rechtsform auch steuerpolitisch wieder in den Vordergrund gerückt.

Stiftungen in der steuerpolitischen Debatte

Bereits bei der Sachverständigenanhörung anlässlich der jüngst beschlossenen Reform des Stiftungsrechts am 05.05.2021 hat etwa Hüttemann in seiner Stellungnahme auf einen steuerpolitischen Diskussions- und Anpassungsbedarf ausdrücklich hingewiesen.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN („die Grünen“) haben den Anstoß aufgenommen und damit das Stiftungssteuerrecht auf die politische Agenda gesetzt. In ihrem Wahlprogramm vom 13.06.2021 stellen sie fest, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland u.a. deshalb stark zugenommen habe, da es sehr reichen Menschen möglich sei, durch Gestaltungen einer Besteuerung bei Erbschaft zu entgehen und man diese Möglichkeiten abbauen wolle (vgl. Bundestagswahlprogramm 2021 der Grünen, S. 38).

Die Bundestagsfraktion der Grünen hat in ihrem im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eingebrachten und abgelehnten Entschließungsantrag ebenfalls über die nun beschlossene Stiftungsrechtsreform hinausreichenden Reformbedarf festgestellt (BT-Drucks. 19/31118, S. 6). Dieser bestehe unter anderem mit dem Ziel, „die Nutzung der Rechtsform der Stiftung […] zur Erlangung erbschaftsteuerlicher Vorteile (vgl. § 28a ErbStG) zu verhindern.“ Es bestehe „vor diesem Hintergrund die Notwendigkeit für eine weitere umfassende Modernisierung des die Stiftungen betreffenden Rechts in der nächsten Legislaturperiode und in Vorbereitung darauf für eine umfassende Evaluation der Leistungsfähigkeit der geltenden Regelungen.

Sie hat der Bundesregierung in ihrer kleinen Anfrage vom 22.06.2021 außerdem einen 29 Fragen umfassenden Katalog vorgelegt, der Stiftungen und deren Bedeutung im Steuerrecht zum Gegenstand hat (BT-Drucks. 19/31429). Die Anfrage enthält u.a. die Feststellung, dass die Rechtsform der Stiftung Möglichkeiten eröffne, Vermögenswerte neben den bestehenden Freibeträgen des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts steuerlich begünstigt zu übertragen. In ihrer kleinen Anfrage stellen die Grünen beispielsweise detaillierte Fragen zu Vermögensbestand, -struktur und -entwicklung von Stiftungen, zur Vermögensausstattungs- und Anerkennungspraxis in den verschiedenen Bundesländern, zum Steueraufkommen im Zusammenhang mit Stiftungen sowie ausdrücklich auch nach der Bewertung der Gestaltungsanfälligkeit der Erbersatzsteuer.

Die Beantwortung durch die Bundesregierung steht zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Beitrags noch aus. Es steht jedoch zu vermuten, dass zu einer Vielzahl der gestellten Fragen keine gesicherte Tatsachenbasis existiert. Dieser Umstand dürfte Einfluss auf die nachgefragte Bewertung haben.

Worum geht es bei der Stiftung als steuerliches Strukturierungsinstrument?

Stiftungen als „arme“ Erwerber im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung

Es existiert eine Vielzahl an Steuernormen, die Stiftungen ausdrücklich oder nicht ausdrücklich betreffen (viele davon betreffen gemeinnützige Stiftungen). Gegenstand der oben skizzierten Bedenken dürfte aber vor allem ein Steuerregime sein, das auf sog. Großerwerbe Anwendung findet.

In Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur erb- und schenkungsteuerlichen Begünstigung von erworbenem Betriebsvermögen (Urt. v. 17.12.2014, 1 BvL 21/12, BStBl. II 2015 S. 50 = DB 2015 S. 42) hat der Gesetzgeber in § 28a ErbStG die sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung eingeführt. Damit sollte der Vorgabe des obersten deutschen Gerichts nachgekommen werden, wonach steuerliche Begünstigungen von Großerwerben nur zulässig seien, soweit diese für die Erhaltung eines Unternehmens oder zur Sicherung von Arbeitsplätzen erforderlich sind.

Im Rahmen der Verschonungsbedarfsprüfung kann der Erwerber von begünstigtem Betriebsvermögen (i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStG) in Höhe von mehr als 26 Mio. Euro den Erlass der hierauf entfallenden Steuer beantragen. Die Steuer wird allerdings nur erlassen, soweit der Erwerber nachweisen kann, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem sog. verfügbaren Vermögen zu begleichen (§ 28a Abs. 1 ErbStG). Verfügbares Vermögen setzt sich zusammen aus den jeweils hälftigen Werten des im Wege der Vermögensübertragung erworbenen sowie des bereits zuvor vorhandenen nicht begünstigten Vermögens (§ 28a Abs. 2 ErbStG). Das heißt, 50% seines verfügbaren Vermögens muss der Erwerber zur Tilgung von Schenkung- oder Erbschaftsteuer auf den Erwerb etwa einer Unternehmensbeteiligung einsetzen. Zusätzlich können spätere Erwerbe das einzusetzende Vermögen rückwirkend erhöhen. Denn der Steuererlass steht insbesondere unter der auflösenden Bedingung, dass der Erwerber innerhalb von zehn Jahren nach der Entstehung der Steuer weiteres verfügbares Vermögen durch Schenkung oder von Todes wegen erwirbt (sog. schädliche Nacherwerbe, § 28a Abs. 4 S. 1 Nr. 3 ErbStG). Unerheblich ist hierbei, welchen Wert das so erworbene weitere verfügbare Vermögen hat oder von wem dieses erworben wird.

Vor diesem Hintergrund besteht typischerweise eine Stellschraube in der steuerlichen Strukturierungsberatung darin, Vermögen auf möglichst „arme“ Erwerber i.S.d. § 28a ErbStG zu übertragen.

Stiftungen kommen als Erwerber von Vermögen zum Beispiel regelmäßig dann in Betracht, wenn keine (geeigneten) Familienmitglieder als Nachfolger eines Betriebsvermögens zur Verfügung stehen.

In diesen Fällen könnte eine Stiftung errichtet werden, die z.B. den Zweck hat, im Wesentlichen Familienmitglieder des Stifters zu begünstigen. Hierfür kann ihr der für die Anerkennung erforderliche Minimalbetrag gewidmet und ihr anschließend das Betriebsvermögen übertragen werden, zu dem begünstigtes Vermögen im Wert von mehr als 26 Mio. Euro gehört. Mangels relevanten eigenen verfügbaren Vermögens der Stiftung kann sie beim Erwerb auf Antrag die Verschonungsbedarfsprüfung bestehen und damit im Ergebnis steuerfrei das Betriebsvermögen erwerben. Dabei wird diese Gestaltung in der Praxis regelmäßig nur dann verwendet, wenn tatsächlich eine vollständige Verschonung des Betriebsvermögens in Betracht kommt. Denn für Zuwendungen an die Stiftung nach ihrer Errichtung kann das sogenannte Steuerklassenprivileg, das auf die Vermögensausstattung von Familienstiftungen Anwendung findet und diese im Idealfall der Steuerklasse I statt III zuordnet (vgl. § 15 Abs. 2 ErbStG), nicht genutzt werden.

Ausblick

Ob und wie das Stiftungssteuerrecht in der kommenden Legislaturperiode geändert wird, bleibt abzuwarten und wird in erster Linie von den künftigen politischen Mehrheitsverhältnissen im Bund und den Ländern abhängen. In den veröffentlichten Wahlprogrammen der politischen Wettbewerber finden sich – wenig überraschend – ausdrückliche Ausführungen zum „Stiftungssteuerrecht“ nicht. Jedoch wären Stiftungen in dem oben geschilderten Zusammenhang mutmaßlich auch von der Abschaffung der „Überprivilegierung großer Betriebsvermögen“ (so das Bundestagswahlprogramm 2021 der SPD, S. 23), der Ablehnung der Erhöhung der Erbschaftsteuer (so das Bundestagswahlprogramm 2021 der Union, Rz. 1120 f.) und wohl auch vom Abbau von steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten (so das Bundestagswahlprogramm 2021 der Grünen, S. 36) betroffen.

Außerdem könnten andere laufende und anstehende Debatten, etwa um die „GmbH in gebundenem Vermögen“ , zum Umgang mit den Folgen der Pandemie oder gar zur Geldwäschebekämpfung zugleich Fernwirkung auf die stiftungssteuerpolitische Diskussion haben. Als Grundlage gesetzgeberischer Maßnahmen dürfte jedenfalls die (idealerweise zutreffende) Beschreibung des Ist-Zustands, wie ihn aktuell die Grünen bei der Bundesregierung abfragen, von herausragender Bedeutung sein. Der im Umgang mit Unsicherheit geübten Praxis bleibt lediglich, die Diskussion im Auge zu behalten und diese etwa bei der steuerlichen Strukturierungsberatung zu berücksichtigen.

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Nikola Hertel


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