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04.10.2018

Arbeitsrecht, Meldung

Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub auch für Zeit des Elternurlaubs?

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©dekanaryas/fotolia.com

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zu der Frage entschieden, ob bei der Festsetzung der Dauer des Jahresurlaubs die Zeit, in der sich der Arbeitnehmer im Elternurlaub befunden hat, als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung berücksichtigt werden muss.

Eine nationale Bestimmung, wonach bei der Berechnung der Dauer des einem Arbeitnehmer gewährleisteten bezahlten Jahresurlaubs die Dauer eines von dem Arbeitnehmer genommenen Elternurlaubs nicht berücksichtigt wird, ist mit dem Unionsrecht vereinbar. Dies hat der EuGH mit Urteil vom 04.10.2018 (C-12/17 – Dicu) klargestellt. Der Zeitraum eines Elternurlaubs kann einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung nicht gleichgestellt werden.

Der Streitfall

Frau Maria Dicu, Richterin am Tribunal Botoșani, nahm vom 01.10.2014 bis 03.02.2015 Mutterschaftsurlaub. Vom 04.02. bis 16.09.2015 nahm sie Elternurlaub für die Erziehung eines Kindes im Alter von unter zwei Jahren. Während dieses Zeitraums war ihr Arbeitsverhältnis ausgesetzt. Vom 17.09. bis 17.10.2015 nahm sie 30 Tage bezahlten Jahresurlaub. Auf der Grundlage des rumänischen Rechts, das einen Anspruch auf 35 Tage bezahlten Jahresurlaub vorsieht, beantragte Frau Dicu beim Gericht ihrer Verwendung, ihr den Restanspruch von fünf Tagen bezahltem Jahresurlaub für 2015 zu gewähren.

Jahresurlaub an die Zeit tatsächlicher Arbeitsleistung gebunden

Das Tribunalul Botoșani lehnte diesen Antrag ab, da nach rumänischem Recht die Dauer des bezahlten Jahresurlaubs an die Zeit tatsächlicher Arbeitsleistung innerhalb des laufenden Jahres gebunden sei und die Dauer des Elternurlaubs, der ihr 2015 gewährt wurde, bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung angesehen werde. Dagegen hat Frau Dicu Klage bei den rumänischen Gerichten erhoben. Vor diesem Hintergrund bittet die Curtea de Apel Cluj (Berufungsgerichtshof Cluj, Rumänien) den EuGH um Klarstellung.

Das Urteil des EuGH

In seinem Urteil weist der EuGH darauf hin, dass nach dem Unionsrecht jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat. Dieser Anspruch ist ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union. Der Gerichtshof stellt jedoch klar, dass ein Mitgliedstaat in bestimmten besonderen Situationen, in denen Arbeitnehmer nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen, z. B. weil sie wegen einer ordnungsgemäß belegten Krankheit oder eines Mutterschaftsurlaubs fehlen, den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht von der Voraussetzung abhängig machen kann, dass die Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet haben. Frau Dicu, die während des Bezugszeitraums Elternurlaub genommen hat, befindet sich jedoch nicht in einer solchen besonderen Lage.

Unterschied zur krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit

In diesem Zusammenhang stellt der EuGH fest, dass zum einen das Eintreten einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich nicht vorhersehbar und vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig ist. Außerdem leidet ein Arbeitnehmer im Elternurlaub unter keinen durch eine Erkrankung hervorgerufenen physischen oder psychischen Beschwerden, so dass er sich in einer anderen Lage befindet. Zum anderen soll der Mutterschaftsurlaub dem Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach ihrer Schwangerschaft und der besonderen Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Kind während der an Schwangerschaft und Entbindung anschließenden Zeit dienen.

Sondersituation Elternurlaub

Diese Situation unterscheidet sich also auch von der eines Arbeitnehmers im Elternurlaub. Unter diesen Umständen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Zeitraum des Elternurlaubs, den der betreffende Arbeitnehmer während des Bezugszeitraums genommen hat, bei der Berechnung seiner Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub einem Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung nicht gleichgestellt werden kann. Demnach ist eine Bestimmung des nationalen Rechts, wonach bei der Berechnung der Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub in einem Bezugszeitraum die Dauer eines von dem Arbeitnehmer in diesem Zeitraum genommenen Elternurlaubs nicht als Zeitraum tatsächlicher Arbeitsleistung angesehen wird, mit dem Unionsrecht vereinbar.

(EuGH, PM vom 04.10.2018 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro)

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Owlit-Modul „Arbeitsrecht (Erich Schmidt)“


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