Der Bundesfinanzhof hat abschließend darüber entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Körperschaftsteuer, die im Ausland gegen dort ansässige Kapitalgesellschaften festgesetzt wurde, im Inland auf die Einkommensteuer der hier ansässigen Anteilseigner dieser Gesellschaften angerechnet werden kann.
In dem Verfahren ging es um die Körperschaftsteuer, die in Dänemark und den Niederlanden gegen dortige Kapitalgesellschaften festgesetzt worden waren. An den Kapitalgesellschaften waren die in Deutschland wohnenden Kläger beteiligt. Die Kapitalgesellschaften hatten ihre Gewinne an die Gesellschafter ausgeschüttet. Die Kläger begehrten nun nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG die Anrechnung der ausländischen Körperschaftsteuern auf ihre Einkommensteuer.
EuGH verlangte Gleichbehandlung
Dies stand ihnen nach seinerzeitiger Gesetzeslage in den Streitjahren 1995 bis 1997 nach Maßgabe des sog. körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens jedoch nicht zu; anzurechnen war danach allein die Körperschaftsteuer, die gegen inländische Kapitalgesellschaften festgesetzt worden war. Der EuGH sah in der unterschiedlichen Behandlung einen Verstoß gegen die unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote. Er verlangte die Gleichbehandlung der Anteilseigner an in- wie ausländischen Kapitalgesellschaften („Meilicke“-Urteile vom 06.03.2007 Az. C-292/04 und vom 30.06.2011 Az. C-262/09).
Dennoch kein Erfolg vor dem BFH
Diesem Verlangen nach Gleichbehandlung hat der BFH nun unter Anwendung der an sich nicht „passenden“ Gesetzeslage mit Urteil vom 15.01.2015 (Az. I R 69/12) Rechnung getragen; im Ergebnis aber dennoch zu Lasten der klagenden Gesellschafter entschieden: Zum einen ist die anzurechnende ausländische Körperschaftsteuer (seit 1996) nicht anders als die inländische Körperschaftsteuer bei der Einkommensteuerfestsetzung als Einkunft zu erfassen; die Einkommensteuer erhöht sich dem entsprechend.
Knackpunkt: Körperschaftsteuer muss nachgewiesen werden
Zum anderen sind für die Anrechnung dieselben Maßstäbe anzusetzen wie in der „reinen“ Inlandssituation. Das bedeutet vor allem: Der Anrechnungsbetrag bestimmt sich danach, in welcher Höhe die Gewinne der ausländischen Kapitalgesellschaft nach deutschem Recht mit Körperschaftsteuer vorbelastet sind. Der so ermittelte Anrechnungsbetrag muss sodann in substantieller Weise gegenüber den deutschen Finanzbehörden nachgewiesen werden. Dafür reicht es nicht aus, eine (ausländische) Bankbescheinigung über die tatsächliche Zahlung von Körperschaftsteuer vorzulegen. Es reicht ebensowenig aus, jene Körperschaftsteuer grob zu schätzen. Die Verwendungsfiktion ist vielmehr in allen ihren Belastungsschritten nachzuvollziehen und zu belegen. Ein solcher Nachweis war den Klägern im Streitfall aber nicht gelungen.
Relevanz für zahlreiche offene Verfahren
Die Entscheidung des BFH betrifft das besagte, seit langem (im Jahre 2001) abgeschaffte körperschaftsteuerrechtliche Anrechnungsverfahren. Allerdings ist dieses Verfahren für den Haushalt nach wie vor von großer Bedeutung. Viele Steuerbescheide sind noch „offen“, weil die Anteilseigner den Abschluss des Klageverfahrens „Meilicke“ abgewartet haben. Und nach Verlautbarungen des Bundesministeriums der Finanzen geht es dabei um drohende Steuerausfälle aus den Altfällen in Milliardenhöhe. Zuletzt war in den Verfahren vor dem EuGH von 5 Milliarden Euro die Rede.
(BFH / Viola C. Didier)