Rechtliche Grundlagen und Hintergrund des Wiedereinstellungsanspruchs
Zum Beispiel im Zusammenhang mit Betriebsschließungen kann es häufig zu folgender Situation kommen: Der Arbeitgeber geht zunächst davon aus, dass der Beschäftigungsbedarf für Mitarbeiter entfällt und spricht daher betriebsbedingte Kündigungen aus. Anschließend ändern sich die Umstände dahingehend, dass für den ein oder anderen Mitarbeiter doch ein freier und geeigneter Arbeitsplatz besteht oder der Betrieb von einem Erwerber fortgesetzt wird. Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage stellt sich für den betreffenden Mitarbeiter das Problem, dass die Gerichte danach entscheiden, ob die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs vorlagen. Maßgeblich ist also die vom Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung angestellte Prognose für den zukünftigen Beschäftigungsbedarf. Da der Arbeitgeber im Beispiel von einer Betriebsschließung ausging, ist die Kündigung grundsätzlich wirksam. Der Mitarbeiter verliert seinen Arbeitsplatz, selbst wenn der Betrieb von einem Erwerber übernommen und unverändert fortgesetzt wird. Um dieses Ergebnis zu korrigieren, hat die Rechtsprechung den Wiedereinstellungsanspruch entwickelt. Dieser gibt dem Mitarbeiter einen Anspruch gegen seinen alten Arbeitgeber bzw. den Betriebserwerber auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages zu den bisherigen Konditionen. Der Anspruch besteht, wenn sich die der Kündigung zugrundeliegenden Umstände nach Ausspruch der Kündigung aber noch vor dem Ablauf der Kündigungsfrist ändern, sich die Prognose des Arbeitgebers also im Laufe der Zeit als falsch erweist.
Praktische Anwendungsfälle:
Betriebsübergang Gerade im Zusammenhang mit Betriebsübergängen nach § 613a BGB spielt der Wiedereinstellungsanspruch eine große Rolle. Trotz des gesetzlichen Ausschlusses betriebsbedingter Kündigungen aufgrund eines Betriebsübergangs, werden im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang häufig betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen. Erfährt der gekündigte Mitarbeiter später von dem Betriebsübergang, kann er eine ohnehin anhängige Kündigungsschutzklage um den Wiedereinstellungsanspruch erweitern bzw. Klage auf Wiedereinstellung erheben. Die Rechtsprechung differenziert hierbei wie folgt: Fand der Betriebsübergang während des Laufs der Kündigungsfrist statt, kann davon ausgegangen werden, dass der Mitarbeiter einen Wiedereinstellungsanspruch hat. Wird der Betriebsübergang erst nach Ablauf der Kündigungsfrist vollzogen, wird der Wiedereinstellungsanspruch in der Regel abgelehnt. Eine Ausnahme und damit ein Wiedereinstellungsanspruch ist möglich, wenn der Betriebsübergang schon während der Kündigungsfrist verbindlich vereinbart wurde. Insolvenz Ähnlich gelagert ist der Fall der Insolvenz des Arbeitgebers. Ziel des Insolvenzverfahrens ist die Befriedigung der Gläubiger. Um dies zu ermöglichen, wird die Beendigung von Arbeitsverhältnissen grundsätzlich erleichtert. Wenig überraschend und im Einklang mit der oben dargestellten Rechtsprechung verneint das BAG im Fall einer Insolvenz des Arbeitgebers einen Wiedereinstellungsanspruch, wenn die Fortsetzung des Betriebs erst nach Ablauf der Kündigungsfrist feststeht. Dagegen ist bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob der Wiedereinstellungsanspruch aufgrund insolvenzrechtlicher Besonderheiten ausscheidet, selbst wenn der Betrieb noch während des Laufs der Kündigungsfrist fortgesetzt wird.
Aktuelle Entscheidung des BAG
In seinem Urteil vom 25. Mai 2022 hatte das BAG über folgenden Fall zu entscheiden: Dem Mitarbeiter wurde aufgrund einer geplanten Betriebsstillegung gekündigt. Nach Ablauf der Kündigungsfrist fand ein Betriebsübergang statt. Der Mitarbeiter machte einen Wiedereinstellungsanspruch gegen den Erwerber geltend mit dem Argument, der Betriebsübergang sei noch während des Laufs der Kündigungsfrist beschlossen und lediglich nach Ablauf der Kündigungsfrist vollzogen worden. Während der Dauer des Prozesses über den Wiedereinstellungsanspruch wurde über das Vermögen des Erwerbers das Insolvenzverfahren eröffnet. Dem geltend gemachten Wiedereinstellungsanspruch erteilte das BAG eine klare und nach der bislang veröffentlichten Pressemitteilung allgemeine Absage. So stellt das BAG pauschal, ohne auf die Besonderheiten des Einzelfalls einzugehen, fest, dass ein Wiedereinstellungsanspruch im Fall der Insolvenz des Arbeitgebers nicht besteht. Darüber hinaus argumentiert das BAG, dass der Anspruch, soweit er bereits vor Insolvenzeröffnung entstanden sein sollte, jedenfalls mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt. Dies ergibt sich aus § 108 InsO wonach der Insolvenzverwalter nur an bestehende Arbeitsverhältnisse gebunden, nicht aber zum Abschluss neuer Arbeitsverhältnisse gezwungen ist.
Fazit
Es scheint sich anzudeuten, dass das BAG die Auffassung befürwortet, dass die Besonderheiten der Insolvenz des Arbeitgebers einem Wiedereinstellungsanspruch von Mitarbeitern generell entgegenstehen. Ob der 6. Senat des BAG hierzu in der Urteilsbegründung nähere Ausführungen macht und eine Begründung liefert, bleibt abzuwarten.