Positive Zwischenergebnisse von Pilotprojekten in Großbritannien haben Schlagzeilen gemacht: Beschäftigte sind mit der verkürzten Arbeitszeit produktiver, weniger gestresst und seltener krank. Auch in Deutschland halten viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Verkürzung ihrer Arbeitswoche unter bestimmten Voraussetzungen für sinnvoll, zeigt eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung basierend auf Daten von 2.575 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die in Vollzeit arbeiten und vertraglich geregelte Arbeitszeiten haben.
Kernergebnis: Rund 81 % der Vollzeiterwerbstätigen wünschen sich eine Vier-Tage-Woche mit entsprechend niedrigerer Wochenarbeitszeit. Knapp 73 % geben dabei an, eine Arbeitszeitverkürzung nur bei gleichem Lohn zu wollen. 8 % der Erwerbstätigen würden ihre Arbeitszeit auch reduzieren, wenn dadurch das Entgelt geringer ausfiel. 17 % der Befragten lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, 2 % haben ihre Vollzeittätigkeit bereits auf vier Tage verteilt.
Mehr Zeit für die Familie
Die Befragten, die sich eine Vier-Tage-Woche wünschten, gaben an, mehr Zeit für sich selbst und für ihre Familie haben zu wollen (knapp 97 bzw. 89 %; Mehrfachnennungen möglich). Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat demnach für Beschäftigte einen sehr hohen Stellenwert. Mehr Zeit für Hobbies, Sport und Ehrenamt möchten 87 % der Befragten. Eine Vier-Tage-Woche könnte also auch dabei helfen, zivilgesellschaftliches Engagement zu stärken, so die Studie. Rund 75 % der Befragten möchten ihre Arbeitsbelastung verringern. Knapp 31 % der Vollzeiterwerbstätigen möchten ihre Arbeitszeit aufgrund von gesundheitlichen Problemen verkürzen.
Gleiche Arbeit in kürzerer Zeit?
Wer eine Vier-Tage-Woche grundsätzlich ablehnt, hat sehr oft das Gefühl, dass sich an den Arbeitsabläufen nichts ändern würde (82 % der 17 %, die mit Nein geantwortet haben; auch hier waren Mehrfachantworten möglich) oder die Arbeit in kürzerer Zeit nicht zu schaffen wäre (rund 77 %). Etwa 86 % wollen ihre Arbeitszeit nicht verkürzen, weil sie Spaß an der Arbeit haben. Bei circa 69 % der Befragten ohne Interesse kann die Arbeit nach eigener Einschätzung nicht einfach einen Tag ruhen. Knapp 38 % lehnen eine Vier-Tage-Woche ab, weil sie häufig für Kollegen einspringen müssten, rund 34 % haben das Gefühl, bei verkürzten Arbeitszeiten beruflich nicht voranzukommen.
Produktivitätsgewinne durch kürzere Arbeitszeiten
Dass die große Mehrheit der Vollzeitbeschäftigten sich eine Vier-Tage-Woche bei gleichbleibendem Lohn wünscht, ist nach Einschätzung der Forschenden keine grundsätzliche Hürde für eine Arbeitszeitverkürzung. Bisherige Forschung weist darauf hin, dass Arbeitnehmer bei einer Vier-Tage-Woche produktiver arbeiten, wodurch ein Lohnausgleich kompensiert werden könne, betonen die Autoren der Studie. Jedoch müssen bei einer Vier-Tage-Woche auch die Arbeitsmenge und die Arbeitsabläufe angepasst werden. Ansonsten könnte sich eine Arbeitszeitverkürzung negativ auf die Motivation und das Wohlergehen der Beschäftigten auswirken.