Gläubiger, die ihren Genussrechtserwerb angefochten haben, weil sie sich getäuscht fühlen, müssen sich nach Abschluss des Insolvenzverfahrens so behandeln lassen wie alle Genussrechtsinhaber, entschied das OLG Schleswig-Holstein.
Gläubiger, die den Erwerb von Genussrechten der insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefochten haben, werden nach dem Insolvenzplan nicht gegenüber anderen Gläubigern mit „Forderungen aus Genussrechten“ bevorzugt. Das hat der 11. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in der letzten Woche in drei Verfahren am 06.04.2017 (11 U 96/16, 11 U 127/16 und 11 U 128/16) entschieden.
Der Sachverhalt
Die Kläger machen gegen die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der insolventen Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG Ansprüche wegen der Zeichnung von Genussscheinen geltend. Die Kläger erwarben in den Jahren 2009 bis 2012 Genussrechte der Prokon. Später erklärten sie die Kündigung der von ihnen erworbenen Genussscheine und die Anfechtung des Genussrechtserwerbs wegen arglistiger Täuschung. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellte der Insolvenzverwalter einen Rückzahlungsanspruch der Kläger zur Insolvenztabelle fest. Im Juli 2015 wurde der Insolvenzplan des Insolvenzverwalters durch die Gläubiger mit Mehrheit angenommen.
Streit über Gruppeneinteilung
Der Insolvenzplan sieht die Einteilung der Gläubiger in unterschiedliche Gruppen vor, für die unterschiedliche Auszahlungs-, Beteiligungs- und Abfindungsquoten vorgesehen sind. Die Kläger sind jeweils der Gruppe 2 („Forderungen aus Genussrechten“) namentlich zugeordnet. Dieser Gruppe steht, anders als z. B. der Gruppe 7, keine Barauszahlungsquote zu. Das Insolvenzgericht bestätigte den Plan. Die Kläger meinen, dass sie wegen der von ihnen erklärten Anfechtungen des Genussrechtserwerbs in die Gläubigergruppe 7 einzuordnen seien, sodass ihnen Barauszahlungsansprüche zustehen würden. Das Landgericht Itzehoe hat die Klagen in erster Instanz als unzulässig abgewiesen.
Kein Erfolg vor dem OLG
Das OLG Schleswig-Holstein hat die Berufungen aller Kläger gegen die landgerichtlichen Urteile zurückgewiesen. Aufgrund des rechtskräftigen Insolvenzplans steht zwischen den Parteien fest, dass die Kläger in die Gruppe 2 der Gläubiger einzuordnen sind. Die Kläger haben den Plan im Insolvenzverfahren mit den dort gegebenen Rechtsmitteln nicht angefochten, sodass die Einordnung für die Kläger bindend ist.
Einordnung war zutreffend
Die Einordnung der Kläger in die Gruppe 2 ist im Übrigen auch zutreffend. Die Kündigung des Genussrechtsvertrages durch die Kläger steht dem nicht entgegen. Die Zugehörigkeit zur Gruppe 2 gilt nach den Regelungen des Insolvenzplans ungeachtet einer etwaigen Kündigung des Genussrechtsvertrages. Es kann auch dahinstehen, ob die Kläger den Genussrechtserwerb wirksam angefochten haben. Auch in diesem Fall wären sie nicht der Gruppe 7, sondern der Gläubigergruppe 2 zuzuordnen. Sie hätten dann einen Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
Insolvenzplan muss ausgelegt werden
Zwar enthält der Insolvenzplan keine ausdrückliche Regelung zur Eingruppierung von Ansprüchen aus einer Anfechtung von Genussrechtszeichnungen. Eine Auslegung des Insolvenzplans ergibt jedoch, dass derartige Ansprüche auch der Gruppe 2 zuzuordnen sind. Entscheidendes Kriterium für die Eingruppierung von Gläubigern in diese Gruppe ist, dass sie Genussrechte gezeichnet haben. Gründe, die zur Unwirksamkeit des Erwerbsvertrages führen, sollen diese Einordnung nach dem Willen der Gläubiger nicht beeinflussen. Dies ergibt sich unter anderem daraus, dass zu dieser Gruppe ausdrücklich auch die Gläubiger gehören, die den Genussrechtsvertrag gekündigt oder widerrufen haben. Dass die Gläubigerversammlung die Bereicherungsgläubiger gegenüber den zurücktretenden oder widerrufenen Gläubigern bevorzugen wollte, ist nicht anzunehmen. Dementsprechend sind für die Gruppe 7 beispielhaft auch nur solche Gläubiger aufgezählt, deren Forderungen in keinerlei Zusammenhang mit einem Genussrechtserwerb stehen.
(OLG Schleswig-Holstein, PM vom 13.04.2017 / Viola C. Didier)