Die Bedeutung der verbindlichen Auskunft ist aufgrund ihrer nach Treu und Glauben entfaltenden Bindungswirkung hinsichtlich der Vermeidung von Compliance-Risiken und aufgrund des gesteigerten Bewusstseins für Corporate Governance immens. Leider gibt es zahlreiche Defizite.
Steuern sollten eine kalkulierbare Planungs- und Entscheidungsgröße sein. Darüber herrschte Einigkeit bei der Podiumsdiskussion des 61. Berliner Steuergesprächs, welches am 07.11.2016 in Berlin stattfand. In einem interessanten Impulsreferat bescheinigte Prof. Dr. Roman Seer von der Ruhr Universität Bochum der verbindlichen Auskunft zahlreiche Defizite. Kritisch sei beispielsweise, dass der parlamentarische Gesetzgeber viele wesentliche Punkte nicht im Gesetz geregelt hat. Der Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsauftrag damit auf die Exekutive delegiert, wie hinsichtlich Form und Inhalt des Antrags sowie der Bindungswirkung.
Kritik an Handhabe seitens der Finanzbehörden
Die verbindliche Auskunft ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühr richtet sich im Regelfall nach dem Gegenstandswert. Sie ist gleichermaßen für Nicht-, Positiv- wie auch Negativauskünfte fällig. Nicht nur dies erhitzte die Gemüter: In der Praxis sei eine künstliche Schaffung von multiplen Auskünften erkennbar. So käme es dazu, dass die Finanzämter einzelne Schritte einer Transaktion als gesonderte Auskunftsersuche behandeln. Die Auskunftsgebühr sei kein Haushaltsmittel, so die Kritik. MinDirig. Dr. Steffen Neumann (Finanzministerium Nordrhein-Westfalen) wies hingegen darauf hin, dass die Gebühr für die verbindliche Auskunft auch disziplinierend wirkt. Er berichtete davon, dass bei Anträgen auf verbindliche Auskunft vielfach bereits geklärte Rechtsfragen vorgelegt werden.
Gesetzgeber sollte klarstellend handeln
Auch das Beihilferecht schwebt wie ein Damoklesschwert über der Thematik „Verbindliche Auskunft“. In Frage steht, wann Einzelfallentscheidungen der Finanzverwaltung im Rahmen solcher Vorabauskünfte in materieller Hinsicht als „selektiv“ angesehen werden können. Angriffe durch die Europäische Kommission seien deswegen denkbar. Die Diskutanten und die Ergänzungen aus dem Zuschauerraum testierten dem Gesetzgeber wiederholt Handlungsbedarf.
(DStV, PM vom 06.12.2016/ Viola C. Didier)