Pünktlich zum zehnjährigen Geburtstag des AGG hat der EuGH klargestellt, dass Scheinbewerber keinen Diskriminierungsschutz genießen. Künftig wird in der Praxis der Schwerpunkt noch mehr darauf liegen, die fehlende Ernsthaftigkeit der Bewerbung nachzuweisen.
Im Streitfall hatte sich ein selbstständiger Rechtsanwalt auf eine Stellenausschreibung „Trainee-Programm 2009“ eines großen Versicherungskonzerns beworben. Er wurde abgelehnt. Der Anwalt verlangte daraufhin Entschädigung wegen Altersdiskriminierung i.H.v. 14.000 €. Eine nachfolgende Einladung zum Vorstellungsgespräch lehnte er ab. Er schlug vor, nach Erfüllung der Entschädigungszahlung über seine Zukunft bei dem Unternehmen zu sprechen. Als er erfuhr, dass die vier Trainee-Stellen ausschließlich mit Frauen besetzt worden waren, forderte er eine zusätzliche Entschädigung aufgrund einer Geschlechterdiskriminierung. Im selben Jahr hatte sich der Anwalt noch auf weitere Stellen beworben und machte dort ebenfalls mehrfach Entschädigungen nach dem AGG geltend.
Wer ist „Bewerber“?
Das BAG ging davon aus, dass der Kläger sich nur beworben hatte, um abgelehnt zu werden und im Anschluss eine Entschädigung zu verlangen. Nach Auffassung des Gerichts war er damit nach nationalem Recht nicht „Bewerber“ i.S.d. AGG. Die Richtlinien 2000/78/EG und 2006/54/EG schützen jedoch nicht den „Bewerber“, sondern den „Zugang zur Beschäftigung oder zu abhängiger Erwerbstätigkeit“. Der EuGH hat die Frage, ob Diskriminierungsschutz auch für Scheinbewerbungen gilt, schließlich mit Urteil vom 28.07.2016 (Az. Rs. C-423/15) verneint und damit die Auffassung des BAG bestätigt.
Was sollten Unternehmen beachten?
Schwierig wird es für Unternehmen vor allem sein, die subjektive Seite des missbräuchlichen Verhaltens darzulegen und dann auch zu beweisen. Auf welche Indizien zu achten sind und worauf es bereits im Vorfeld einer Stellenausschreibung ankommt, erklärt RA/FAArbR Dr. André Zimmermann, LL.M. im Kurzkommentar „Kein Diskriminierungsschutz für Scheinbewerber“. Sie finden den Beitrag in DER vom 23.09.2016, Heft 38, Seite 2240 – 2241 sowie online unter DB1212421.