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25.07.2016

Arbeitsrecht, Meldung

Gift in der Luft: Nervenerkrankung als Berufskrankheit?

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Bei einem „fume event“ wurde nach einem Triebwerkswechsel zu viel Öl in den neuen Motor gegossen, weswegen Dämpfe über die Zapfluft in die Kabine des Flugzeuges geraten.

Seit einigen Jahren häufen sich die Berichte von Piloten, Stewardessen und Flugbegleitern über Erkrankungen aufgrund vergifteter Kabinenluft. Das SG Berlin hatte nun zu entscheiden, ob die Nervenerkrankung eines Flugbegleiters auf dessen dauerhafte Belastung durch die belastete Luft an Bord der Flugzeuge zurückzuführen ist.

Ein seit 1999 angestellter Flugbegleiter auf Kurz- und Mittelstrecken begab sich im Oktober 2011 in ärztliche Behandlung. Er klagte unter anderem über Kribbeln auf der Haut, Atemnot, Muskelzuckungen, Magenbeschwerden, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten. Als eine Ursache dieser Symtome bei Flugzeugpersonal wird immer wieder das Nervengift TCP genannt, das möglicherweise zusammen mit Öldämpfen von den Triebwerken durch die Belüftungsanlage an Bord der Maschinen gelangt. Besondere Vorkommnisse, bei denen in der Kabine plötzlich ein beißender, miefiger Geruch wahrgenommen wird, bezeichnet man dabei als „fume event“. In der Wissenschaft ist bisher umstritten, inwiefern Giftstoffe in der Kabinenluft für Erkrankungen ursächlich sind. Jedenfalls war es am 03.10.2011 zu einem „fume event“ an Bord des Flugzeugs des Flugbegleiters gekommen.

BG lehnt Anerkennung als Berufskrankheit ab

Die Ärzte stellten bei dem Flugbegleiter eine Nervenleitstörung (Polyneuropathie) und eine psychische Erkrankung fest und stuften ihn als fluguntauglich und damit arbeitsunfähig ein. Im April 2012 beantragte er bei der zuständigen Unfallversicherung, der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, die Anerkennung einer Berufskrankheit. Es bestehe Arbeitsunfähigkeit nach einer TCP-Vergiftung. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Es liege keine (von der Berufskrankheitenverordnung) anerkannte Berufskrankheit vor. Auch die Einstufung der Erkrankung als sogenannte (mit anerkannten Krankheiten vergleichbare) „Wie- Berufskrankheit“ komme nicht in Betracht. Es mangele insoweit an gesicherten Erkenntnissen über Gefahrstoffe im Arbeitsbereich des Klägers.

Kein Erfolg vor Gericht

Mit seiner im September 2013 erhobenen Klage machte der Kläger geltend, dass bei ihm zumindest eine „Wie-Berufskrankheit“ vorliege, aufgrund der ihm eine Verletztenrente zu gewähren sei. Das SG Berlin hat die Klage mit Urteil S 68 U 637/13 vom 07.07.2016 abgewiesen. Nach Auffassung des Sozialgerichts kann nicht festgestellt werden, dass die Polyneuropathie eine Berufskrankheit sei. Zwar komme das vom Sozialgericht eingeholte Gutachten zu der Einschätzung, dass die Voraussetzungen einer Berufskrankheit vorliegen könnten. Der Kläger sei nämlich auf Flugzeugtypen eingesetzt worden, bei denen fume events mit Belastungen durch verschiedene Schadstoffe bekannt geworden seien, die für sich allein für eine Erkrankung nicht ausreichend seien, aber durch ihre Addition eine Polyneuropathie hervorrufen könnten. Gegen die Anerkennung als „Wie-Berufskrankheit“ spreche indes, dass auch der Gutachter letztendlich nicht habe erklären können, wie die verschieden Stoffe zusammenwirkten. Er habe selbst eingeräumt, dass es noch offene Fragen gäbe.

Mangelnde Dokumentation

Abgesehen davon habe der Kläger dauerhafte Belastungen oder frühere Gesundheitsschädigungen auch nicht hinreichend dokumentiert. Er habe zwar lange als Flugbegleiter gearbeitet, letztlich aber nur ein einziges fume event geschildert. Bei einer nur einmaligen Betroffenheit liege jedoch keine dauerhafte Belastung vor, was Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit sei. Naheliegend sei es, vor diesem Hintergrund zu prüfen, ob es sich bei dem fume event stattdessen um ein einmaliges Ereignis im Sinne eines Arbeitsunfalles gehandelt habe. Zu dieser Frage habe die Beklagte aber gesonderte Bescheide erlassen, die mit der Klage nicht angegriffen worden seien.

(SG Berlin, PM vom 22.07.2016/ Viola C. Didier)


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