Können vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens verwirklichte Gläubigerbegünstigungen neben den insolvenzrechtlichen Anfechtungsansprüchen auch zivilrechtliche Rückgewähransprüche auslösen?
Regelmäßig versuchen Gläubiger, im Vorstadium der Insolvenz eines Unternehmens ihre Forderungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu befriedigen. Es ist in erster Linie die Aufgabe des Insolvenzanfechtungsrechts, für eine Rückabwicklung von Vermögensverschiebungen Sorge zu tragen, die dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung widersprechen. Aber auch zivilrechtliche Schadens- bzw. Erstattungsansprüche könnten in diesen Fällen unter Umständen greifen.
Einschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts
Das Insolvenzanfechtungsrecht ist gegenwärtig Gegenstand intensiver gesetzgeberischer Reformbemühungen. Dabei geht es vor allem um die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO. Die gesetzgeberischen Initiativen sind auf eine Einschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts gerichtet. Dies mag manchen überraschen, weil das Anfechtungsrecht mithilfe dieses Regelungswerks gerade verschärft werden sollte, um Vermögensverschiebungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens besser rückgängig machen zu können.
Gläubigerschutz durch das allgemeine Zivilrecht?
Die Diskussion, ob allgemeine zivilrechtliche Vorschriften neben dem Insolvenzanfechtungsrecht zur Anwendung gelangen können wird sich deshalb eher verstärken, sofern es zu einer Milderung des Anfechtungsrechts kommt. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage Bedeutung, ob sozusagen ein Mindesttatbestand an Gläubigerschutz durch das allgemeine Zivil- und Wirtschaftsrecht gewährleistet wird.
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Mit einem zivilrechtlichen Flankenschutz des Insolvenzanfechtungsrechts beschäftigt sich Prof. Dr. Markus Gehrlein in seinem Fachbeitrag „Flankenschutz des Insolvenzanfechtungsrechts durch das allgemeine Zivilrecht“ in DER BETRIEB vom 20.05.2016, Heft 20, Seite 1177 – 1185 sowie online unter Dokumentennummer DB1202250