Das FG Münster hat in zwei Urteilen entschieden, dass in Bauträger-Fällen einer Inanspruchnahme des Bauleistenden keine Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegenstehen, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden durch Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs gegen den Bauträger an das Finanzamt ausgeschlossen werden kann.
Den Entscheidungen lag ein sogenannter Bauträger-Fall zugrunde. In Bauträger-Fällen erbringt ein Bauleistender gegenüber einem Bauträger, d.h. einem Unternehmer, der selbst nur Grundstückslieferungen ausführt, Bauleistungen. Nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung war auf derartige Fälle das Reverse-Charge-Verfahren (Umkehr der Steuerschuldnerschaft, § 13b Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 Satz 2 UStG) anwendbar. Der Bundesfinanzhof (BFH-Urteil vom 22.08.2013, Az. V R 37/10) hat diese Ansicht der Finanzverwaltung verworfen. Das Finanzamt beabsichtigte anschließend, die Bauleistenden anstelle des Bauträgers als Steuerschuldner nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG in Anspruch zu nehmen.
Wann ist Ausschluss des Vertrauensschutzes verfassungsgemäß?
Die Urteile vom 15.03.2016 (Az. 15 K 1553/15 U und 15 K 3669/15 U) betreffen einerseits die Festsetzung der Umsatzsteuer gegenüber dem Bauleistenden und andererseits die Erhebung der festgesetzten Steuer. Zwar sei das Finanzamt befugt, die Umsatzsteuer gemäß § 27 Abs. 19 UStG gegenüber dem Bauleistenden entsprechend höher festzusetzen, da der Vertrauensschutz des Bauleistenden in die damalige Verwaltungsauffassung ausgeschlossen werde. Dieser Ausschluss sei aber nur dann verfassungsgemäß, wenn im Ergebnis eine finanzielle Belastung des Bauleistenden nicht eintrete. Auf Erhebungsebene sei deshalb das Ermessen des Finanzamts gemäß § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG, die Abtretung des Umsatzsteuernachforderungsanspruchs anzunehmen, auf Null reduziert.
Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfragen hat das FG Münster in beiden Entscheidungen die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
(FG Münster, NL vom 15.04.2016 / Viola C. Didier)