Wenn ein Mitarbeiter im Betrieb bestohlen wird stellt sich die Frage, ob vielleicht der Arbeitgeber Obhuts- und Verwahrungspflichten vernachlässigt hat und für den Diebstahl haften muss. Ein neues Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm gibt Antworten.
Der Mitarbeiter eines Krankenhauses behauptete, Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000 Euro in den Rollcontainer des Schreibtisches in seinem Büro eingelegt und diesen verschlossen zu haben. Diese Wertsachen habe er noch am selben Abend zur Bank bringen und dort in sein Schließfach einlegen wollen. Aufgrund erheblicher Arbeitsbelastung kam es jedoch nicht dazu. Einige Tage später stellte er fest, dass die üblicherweise verschlossene Bürotür aufgeschlossen, der Rollcontainer aufgebrochen und die Wertsachen entwendet worden waren.
Trägt Arbeitgeber Verantwortung für Generalschlüssel?
Das Öffnen der Bürotür ist nur mit dem Generalschlüssel möglich. Diesen habe eine Mitarbeiterin leichtfertigerweise in ihrer Kitteltasche aufbewahrt, woraus selbiger nach Aufbrechen ihres Spinds entwendet wurde. Sein Vorwurf: Die Arbeitgeberin habe es unterlassen, durch klare Anweisungen oder Vorkehrungen für eine sichere Aufbewahrung des Generalschlüssels zu sorgen und dadurch den Diebstahl der Wertsachen erst möglich gemacht. Deshalb habe sie nunmehr Schadensersatz zu leisten.
Obhuts- und Verwahrungspflichten des Arbeitgebers nicht vollumfänglich
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat mit Urteil vom 21.01.2016 (Az. 18 Sa 1409/15) entschieden, dass sich Schutzpflichten des Arbeitgebers bezüglich vom Arbeitnehmer in den Betrieb mitgebrachter Sachen regelmäßig nur dann begründen lassen, wenn es sich um Sachen handelt, die ein Arbeitnehmer zwingend, mindestens aber regelmäßig mit sich führe oder aber unmittelbar oder mittelbar für die Arbeitsleistung benötige. Nur bezüglich solcher Sachen oder Gegenstände habe der Arbeitgeber mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen zu schützen. Hinsichtlich anderer, ohne jeden Bezug zum Arbeitsverhältnis und insbesondere ohne Kenntnis und Einverständnis des Arbeitgebers mitgebrachter (Wert-)Gegenstände ließen sich Obhuts- und Verwahrungspflichten hingegen nicht begründen, schon um den Arbeitgeber nicht ebenso unerwarteten wie unkalkulierbaren Haftungsrisiken auszusetzen. Da sich die Kammer mit dieser Argumentation auf schon aus den sechziger und siebziger Jahren stammende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beziehen konnte, nahm der Kläger seine Berufung im Termin zurück.
(LAG Hamm, PM vom 21.01.2016/ Viola C. Didier)