Die Dauer eines vorausgegangenen Praktikums ist nicht auf die Probezeit in einem folgenden Berufsausbildungsverhältnis anzurechnen. Auf den Inhalt und die Zielsetzung des Praktikums kommt es nicht an, entschied das BAG in einem aktuellen Fall.
In dem Streitfall hatte sich der Kläger im Frühjahr 2013 bei der Beklagten um eine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel beworben. Die Beklagte versprach ihm die Aufnahme der Ausbildung zum 1. August. Zur Überbrückung schlossen die Parteien einen „Praktikantenvertrag“ mit einer Laufzeit bis zum 31. Juli. Nach dem gesonderten Berufsausbildungsvertrag begann anschließend die Ausbildung mit einer Probezeit von drei Monaten. Im Oktober kündigte die Beklagte das Berufsausbildungsverhältnis. Der Kläger hielt die Kündigung für unwirksam. Das dem Berufsausbildungsverhältnis vorausgegangene Praktikum sei auf die Probezeit anzurechnen. Die Beklagte habe sich bereits während des Praktikums ein vollständiges Bild über ihn machen können.
Kein Erfolg vor dem BAG
Vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Kläger keinen Erfolg (Urteil vom 19.11.2015, Az. 6 AZR 844/14). Das Berufsbildungsgesetz schreibt vor, dass das Berufsausbildungsverhältnis mit einer Probezeit beginnt. Beide Vertragspartner sollen damit ausreichend Gelegenheit haben, die für die Ausbildung im konkreten Ausbildungsberuf wesentlichen Umstände eingehend zu prüfen. Dies ist nur unter den Bedingungen des Berufsausbildungsverhältnisses mit seinen spezifischen Pflichten möglich – nicht bei einem Praktikum. Das Berufsausbildungsverhältnis konnte daher während der Probezeit gemäß § 22 Abs. 1 BBiG ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden, denn das Praktikum war nicht zu berücksichtigen. Dasselbe würde auch dann gelten, wenn es sich hierbei nicht um ein Praktikum, sondern um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hätte.
(BAG, PM v. 19.11.2015 / Viola C. Didier)