In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 mussten 52.771 Bundesbürger eine Privatinsolvenz anmelden – dies entspricht einem Rückgang um 8,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und wäre der niedrigste Stand seit zehn Jahren. Dennoch liegen die Forderungsausfälle der Gläubiger bei über zwei Milliarden Euro.
Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie „Schuldenbarometer 1. Halbjahr 2015“ der Wirtschaftsauskunftei Bürgel. „Die Privatinsolvenzen werden 2015 das fünfte Mal in Folge sinken. Wir erwarten für das laufende Jahr bis zu 110.000 private Insolvenzen. Dies wäre der niedrigste Stand der letzten zehn Jahre“, kommentiert Bürgel Geschäftsführer Dr. Norbert Sellin die aktuellen Zahlen. „Die gute Grundverfassung auf dem Arbeitsmarkt ist weiterhin die Basis für diese positive Entwicklung. Auch wenn sich der Beschäftigungsaufbau seit Jahresbeginn verlangsamt hat und die Arbeitslosigkeit weniger stark zurückgegangen ist“, erläutert Dr. Sellin. Arbeitslosigkeit gilt als Ursache Nummer eins für Privatinsolvenzen.
Forderungsausfälle über zwei Milliarden
Trotz der positiven Entwicklung ist zu beachten, dass durch private Insolvenzen den Gläubigern Schäden in Milliardenhöhe entstehen. Im ersten Halbjahr 2015 übersprangen die Forderungsausfälle bereits die Grenze von zwei Milliarden Euro. Darüber hinaus zeigt sich im 1. Halbjahr 2015 ein Trend, den es zuletzt 2012 gab. Die Privatinsolvenzen der Bundesbürger zwischen 21 und 30 Jahren steigen um vier Prozent auf 8.837 Fälle. Es ist die einzige Zunahme innerhalb der Auswertung der Altersgruppen auf Halbjahressicht. In der jüngeren Altersgruppe bis 30 Jahre führen vor allem Arbeitslosigkeit, ein den Lebensumständen nicht passendes Konsumverhalten und Einkommensarmut besonders häufig in die finanzielle Krise.
Nord-Süd-Gefälle besteht nach wie vor
Am meisten Privatinsolvenzen pro Bundesland nach den absoluten Zahlen wurden im bevölkerungsreichsten Flächenland Nordrhein-Westfalen angemeldet. In den ersten sechs Monaten wurden 12.529 Privatpersonen zahlungsunfähig. Gemessen an den absoluten Privatinsolvenzen folgen die Bundesländer Niedersachsen (6.813), Bayern (5.983) und Baden-Württemberg (5.013). Eine andere Reihenfolge ergibt sich bei der Betrachtung der Privatinsolvenzen bezogen auf die Einwohnerdichte in den Bundesländern. So setzt sich das Nord-Süd-Gefälle der vergangenen Jahre auch 2015 fort. Demnach verbuchen insbesondere die nördlichen Bundesländer eine hohe Zahl an Privatpleiten – allen voran Bremen mit 113 Fällen je 100.000 Einwohner und Hamburg (90 Privatinsolvenzen je 100.000 Einwohner). Nach dem Saarland als erstes nicht-nördliches Bundesland (89) folgen Niedersachsen (87) und Schleswig-Holstein (84). Positiver ist die Situation im Süden Deutschlands, der weniger von Privatinsolvenzen betroffen ist. Hier schneiden Baden-Württemberg und Bayern (47) am besten ab.
(Bürgel Wirtschaftsinformationen GmbH & Co. KG / Viola C. Didier)