Ob und wie Kollegen auch außerhalb des beruflichen Umfelds Beziehungen pflegen, bleibt grundsätzlich Privatsache der Beteiligten. Beleidigt und bedroht der eine den anderen über das dienstliche Handy, rechtfertigt dies nicht unbedingt eine Kündigung.
In einem Fall, der vor dem Arbeitsgericht Berlin verhandelt wurde, arbeitete ein Mann seit 33 Jahren bei einem Energieversorger. Mit einer Kollegin verband ihn über 16 Jahre eine private Beziehung. Das Paar arbeitete auch in demselben Büro. Nach der Trennung bedrohte und beleidigte er seine ehemalige Lebensgefährtin zunächst über das private Mobiltelefon, dann über das dienstliche. So schrieb er SMS wie „Du elendes Schwein“ oder „das wirst Du bitter bereuen“ und „das zahl ich Dir heim“.
Kündigung wegen unvermeidbarer Berührungspunkte
Nachdem die Frau den Arbeitgeber davon unterrichtet hatte, kündigte dieser dem Mann. Zuvor wurde noch der Betriebsrat angehört. Dieser hatte aber die Vorwürfe für nicht überprüfbar gehalten, da der Mann keine Stellungnahme abgegeben hatte. Vorgelegt wurden lediglich die zusammengefassten Zitate der Textnachrichten an seine ehemalige Lebensgefährtin. Die Kündigung begründete der Arbeitgeber damit, dass er zwar dafür sorgen könne, dass die beiden nicht mehr im selben Büro säßen. Sie würden sich aber dennoch aufgrund der fachlichen und persönlichen Berührungspunkte regelmäßig sehen. Er erwarte negative Auswirkungen auf die Arbeitsleistung.
Gesamtwürdigung der Umstände erforderlich
Die Kündigung ist rechtswidrig, entschied das Arbeitsgericht Berlin am 27.02.2015 (AZ: 28 Ca 16.939/14). Zunächst einmal stellte es fest, dass zwischenmenschliche Verbindungen unter Kollegen dem Bereich der privaten Lebensgestaltung zugeordnet seien. Daran ändere sich auch nichts, wenn eine Beziehung in die Brüche gehe. Dies könne zwar unerwünschte Auswirkungen auf den Betriebsfrieden haben. Man müsse aber das Ganze im Zusammenhang sehen und bewerten: Die Nachrichten seien in einem Zeitraum von 290 Tagen geschickt worden und davon insgesamt nur an 29 Tagen. Beleidigende Inhalte habe es nur an insgesamt neun Stellen gegeben. Daraus folge nicht automatisch, dass dies sich negativ auf die Arbeitsleistung der Frau auswirkte. Zudem monierte das Gericht, dass nicht der gesamte Dialog dokumentiert wurde, sondern nur die Aussagen des Mannes. Der Erkenntnisgewinn sei daher äußerst gering. Auch sei eine Kündigung nach einer Betriebszugehörigkeit von 33 Jahren nicht verhältnismäßig. Der Arbeitgeber hätte zunächst abmahnen müssen.
(Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) / Viola C. Didier)