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12.12.2025

Steuerboard

Stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes ab 2028 – was es bereits jetzt im handelsrechtlichen Jahresabschluss zu beachten gilt

Mit dem Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland (BGBl. I 2025 Nr. 161 vom 18.07.2025) wurde eine stufenweise Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 15% auf 10% in den Jahren 2028 bis 2032 beschlossen. Für Unternehmen ergeben sich daraus bereits heute Konsequenzen für die Ermittlung der latenten Steuern gemäß § 274 HGB bei der Erstellung handelsrechtlicher Jahresabschlüsse. Denn die Senkung des Körperschaftsteuersatzes führt unmittelbar dazu, dass die Bewertung bestehender und neu entstehender latenter Steuern angepasst werden muss. Dadurch entstehen gegebenenfalls Aufwendungen und Erträge im aktuellen Geschäftsjahr.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

StBin Sarah Roßmann
ist Director bei Menold Bezler in Stuttgart

WP Kim Socher
ist Senior Manager bei Menold Bezler in Stuttgart

Einführung in das Thema

Grundsätzlich sind latente Steuern nach dem sogenannten „Temporary-Konzept“ des § 274 HGB auf zeitlich befristete oder quasi-permanente Differenzen zwischen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Wertansätzen sowie auf steuerliche Verlustvorträge zu bilden. Ihre Bewertung erfolgt mit dem unternehmensindividuellen Steuersatz zum Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen bzw. der Nutzung des steuerlichen Verlustvortrags. Künftige Änderungen der Steuersätze sind dabei zu berücksichtigen.

Mit der beschlossenen stufenweisen Absenkung des Körperschaftsteuersatzes steigt der Aufwand für die Bewertung latenter Steuern erheblich – insbesondere bei mittel- und langfristig bestehenden Differenzen. Die Umkehr der Differenzen muss daher bis zum Ende der stufenweisen Absenkung im Jahr 2032 periodenspezifisch geplant werden.

Für die Praxis bedeutet dies: Unternehmen müssen die Auflösungszeiträume ihrer temporären Differenzen genau analysieren. Um die latenten Steuern korrekt ermitteln zu können, müssen die Umkehrbeträge präzise den jeweiligen Geschäftsjahren zugeordnet werden. Jeder Umkehrbetrag ist anschließend mit dem unternehmens- und jahresspezifischen Steuersatz zu multiplizieren.

Für längerfristige Differenzen, die sich über den gesamten Zeitraum der Steuersatzänderung (2028 bis 2032) umkehren, kommen dabei mindestens sechs unterschiedliche Steuersätze zum Ansatz. Je nachdem, wie sich neben dem Körperschaftsteuersatz auch der gemeindespezifische Gewerbesteuerhebesatz in dieser Zeit entwickelt, können weitere Anpassungen in der Bewertung erforderlich werden.

Beispiel: Entwicklung des künftigen Steuersatzes

Bei einem angenommenen Gewerbesteuerhebesatz von 400% sowie unter Berücksichtigung des aktuell geltenden Solidaritätszuschlags von 5,5% ergeben sich künftig folgende Steuersätze (KSt, SolZ, GewSt):

  • bis einschließlich 2027: 29,825%
  • 2028: 28,770%
  • 2029: 27,715%
  • 2030: 26,660%
  • 2031: 25,605%
  • ab 2032: 24,550%

Für Differenzen zwischen handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Wertansätzen, die sich kurzfristig – also bis einschließlich Geschäftsjahr 2027 – auflösen, gelten für die Bewertung der latenten Steuern keine Besonderheiten. Es ist nicht erforderlich, bereits gebildete latente Steuern nachträglich anzupassen; die Bewertung mit dem derzeit geltenden Steuersatz kann beibehalten werden.

Ebenso stellt die Bewertung latenter Steuern für Differenzen, die sich erst ab 2032 umkehren, keine besondere Herausforderung dar. Diese können einheitlich mit dem künftigen Körperschaftsteuersatz von 10% zzgl.Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer bewertet werden.

Deutlich aufwendiger ist dagegen die Bewertung latenter Steuern, die auf die Umkehr von Differenzen im Zeitraum 2028 bis 2031 entfallen. Für eine sachgerechte Ermittlung ist in diesem Zeitraum eine Prognose der Umkehr der Differenzen auf Jahresbasis erforderlich. Zu berücksichtigen sind dabei die jeweiligen Bewertungsparameter bzw. die Nutzung steuerlicher Verlustvorträge.

Relevante Bewertungsparameter sind beispielsweise:

  • Unterschiedliche Nutzungsdauer für Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach Handels- und Steuerrecht
  • Aktivierungswahlrechte für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände
  • Aktivierungs- bzw. Abschreibungswahlrecht für Disagien nach § 250 Abs. 3 HGB
  • Unterschiedliche Bewertungsmethoden und Abzinsungsregeln für Rückstellungen nach Handels- und Steuerrecht (z. B. für Pensionsrückstellungen, Urlaubsrückstellungen, Gewährleistungsrückstellungen, Rückstellungen für Archivierungskosten etc.)
  • Künftige Nutzung steuerlicher Verlustvorträge

Die konkrete Umkehr der Differenzen muss für jeden Abschlussposten getrennt untersucht und fortgeschrieben werden. Die Fortschreibung einzelner Abschlussposten kann dabei besonders herausfordernd sein. Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz bei aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenständen werden in der Regel planmäßig über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer aufgelöst werden (ausgenommen notwendige außerplanmäßige Abschreibungen); die Umkehrbeträge können somit vergleichsweise einfach konkreten Jahren zugeordnet werden.

Herausforderungen bei Pensionsrückstellungen und der Nutzung steuerlicher Verlustvorträge

Dagegen gestaltet sich die Zuordnung der Umkehrbeträge bei Pensionsrückstellungen oder bei der Nutzung steuerlicher Verlustvorträge deutlich schwieriger. Pensionsrückstellungen werden nach versicherungsmathematischen Grundsätzen und unter Berücksichtigung verschiedener Variablen ermittelt. Im Steuerrecht gelten für Pensionsrückstellungen gemäß § 6a EStG eigene Grundsätze. Wie sich die maßgeblichen Einflussfaktoren zukünftig entwickeln werden, lässt sich naturgemäß nicht zuverlässig prognostizieren; die entsprechenden Annahmen sind daher jährlich anzupassen, etwa hinsichtlich Fluktuation, Rententrend oder des Ablebens von Versorgungsberechtigten.

Darüber hinaus spielt der jeweils anzuwendende Zinssatz eine entscheidende Rolle für die Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen Handels- und Steuerbilanz. Während das Handelsrecht gemäß § 253 Abs. 2 HGB den durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre bei einer pauschalen Restlaufzeit von 15 Jahren ansetzt, arbeitet das Steuerrecht nach § 6a Abs. 3 Satz 3 EStG durchgehend mit einem festen Abzinsungssatz von 6%.

Um die Umkehrbeträge für Differenzen aus der Bewertung von Pensionsrückstellungen jahresgenau ermitteln zu können, müsste die Entwicklung sämtlicher zugrunde liegender Faktoren im Voraus bekannt sein. Da dies faktisch ausgeschlossen ist, müssen aus unserer Sicht angemessene Vereinfachungsregelungen zur Anwendung kommen.

Ein ähnliches Problem stellt sich in der jahresgenauen Planung des Verbrauchs steuerlicher Verlustvorträge. Aktive latente Steuern dürfen nur auf solche steuerlichen Verlustvorträge gebildet werden, die voraussichtlich innerhalb der nächsten fünf Jahre verrechnet werden können. Dieses zukünftige Verrechnungspotenzial kann grundsätzlich nur mithilfe einer integrierten Planungsrechnung ermittelt werden, die zudem eine separate Planung der Steuerbilanz erfordert. Da Annahmen über künftige Entwicklungen mit zunehmender zeitlicher Distanz naturgemäß unsicherer werden, ist die Ermittlung mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Darüber hinaus ist eine solche Planung laufend anhand neuer Erkenntnisse zu überprüfen und jährlich zu aktualisieren, wodurch auch die damit zusammenhängende Berechnung der latenten Steuern anzupassen ist.

Fazit

Um latente Steuern im Zeitraum der Senkung des Körperschaftsteuersatzes ermitteln zu können, braucht es sachgerechte Schätzungen und Annahmen. Sollten sich in den Jahren bis 2032 zeitliche Verschiebungen in der bisher geplanten Umkehr der Differenzen ergeben, sind die Bewertungen der latenten Steuern entsprechend anzupassen. Solche zeitlichen Verschiebungen waren bislang kaum relevant. Sie machen es aber in den kommenden Jahren bis 2032 erforderlich, sämtliche Differenzen jährlich im Rahmen der Abschlusserstellung neu zu beurteilen und Veränderungen konsequent zu erfassen.

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