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13.11.2025

Steuerboard

BFH: Keine Rechtsfähigkeit einer Schweizer Stiftung mit Verwaltungssitz in Deutschland – damit auch keine Erbersatzsteuer

Die deutsche Ersatzerbschaftsteuer fingiert alle 30 Jahre den Übergang des Vermögens einer Familienstiftung auf die nächste Generation (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Trotz ihrer Kontinuität als Rechtssubjekt wird die Stiftung dadurch ersatzweise der Erbschaftsteuer unterworfen. Der gesetzgeberische Gedanke ist, dass das Stiftungsvermögen andernfalls jeder Erbfolge und damit auch der Erbschaftsteuer auf Dauer entzogen würde. Mit Urteil vom 04.06.2025 (II R 30/22) hatte der BFH zu entscheiden, ob die Ersatzerbschaftsteuer auch auf eine nach schweizerischem Recht errichtete Stiftung mit Verwaltungssitz in Deutschland Anwendung findet (sog. doppelansässige Stiftung). Dies lehnte er, mit Verweis auf die fehlende Rechtsfähigkeit als Stiftung nach deutschem Recht, ab. Der BFH nutzte die Gelegenheit erneut zu betonen, dass allein die rechtsfähige Stiftung der Ersatzerbschaftsteuer unterliegt. Zur Beurteilung der Rechtsfähigkeit stellte der BFH auf die allgemeinen Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts ab und kam so zur Anwendbarkeit des deutschen Stiftungsrechts (Sitztheorie). Schon mangels formeller Anerkennung durch eine Stiftungsbehörde verneinte der BFH danach sowohl die Rechtsfähigkeit als auch die Anwendbarkeit der Ersatzerbschaftsteuer.

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RA/StB Dr. Marcus Niermann
ist Counsel bei POELLATH in Berlin

RA Oskar Meyn
ist Associate bei POELLATH in Berlin

I. Hintergrund

Die Klägerin war eine in der Schweiz errichtete Familienstiftung, deren Stiftungsgeschäfte von Deutschland aus verwaltet wurden. Wie bereits von der Vorinstanz festgestellt, war die Stiftung nach schweizerischem Privatrecht (Gründungsstatut) zwar rechtsfähig errichtet; nach deutschem Privatrecht (Sitzstatut) aber schon mangels stiftungsrechtlicher Anerkennung nicht rechtsfähig.

Mit ihrer Revision richtete sich die Klägerin gegen die Heranziehung zur Ersatzerbschaftsteuer. In der Vorinstanz vertrat das Niedersächsische FG die Auffassung, die nach deutschem Recht fehlende Rechtsfähigkeit sei unerheblich. Es genüge, wenn die ausländische Stiftung nach ihrem jeweiligen Heimatrecht Rechtsfähigkeit besitze. Bezogen auf den Fall befand das FG somit, die Ersatzerbschaftsteuer sei bereits deshalb anwendbar, weil die Klägerin nach schweizerischem Privatrecht rechtsfähig ist.

Das FG argumentierte mit einem Gleichlauf zur persönlichen Steuerpflicht, die allein voraussetzt, dass die Stiftung ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG). Daraus sei ersichtlich, dass der Gesetzgeber gerade auch doppelansässige Stiftungen der Ersatzerbschaftsteuer habe unterwerfen wollen, und zwar unabhängig von ihrer Rechtsfähigkeit aus deutscher Sicht.

II. Entscheidung

Der BFH ist dem entgegengetreten. Er führt aus, dass zur Bestimmung der Rechtsfähigkeit ausländischer Stiftungen bei der Erbersatzsteuer auf die Grundsätze des internationalen Gesellschaftsrechts zurückzugreifen ist. In Ermangelung eines eigenen Stiftungskollisionsrechts, seien also schlicht die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen zu übertragen.

In Abwesenheit besonderer völkerrechtlicher Verträge gelte prinzipiell die Sitztheorie. Das bedeutet, die Rechtsfähigkeit der Stiftung richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz hat, von dem aus also die Stiftungsgeschäfte geführt werden. Ist die Stiftung wie hier doppelansässig, liegt der tatsächliche Verwaltungssitz (Deutschland) also in einem anderen Staat als dem Gründungsstaat (Schweiz), setze sich die nach dem Recht des Gründungsstaates bestehende Rechtsfähigkeit daher nicht zwingend im Sitzstaat fort. Vielmehr sei die Rechtsfähigkeit der Stiftung insoweit nach dem Recht des Verwaltungssitzes, vorliegend also nach deutschem Stiftungszivilrecht zu beurteilen (§§ 80 ff. BGB). Mangels Anerkennung lehnte der BFH die Rechtsfähigkeit der Klägerin folglich ab.

Nicht überzeugen ließ sich der BFH dabei von der Argumentation des FG, das Eingreifen der Ersatzerbschaftsteuer folge bereits aus der persönlichen Steuerpflicht der Klägerin nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Lehrbuchartig führte der BFH hierzu aus, dass zusätzlich zur persönlichen Steuerpflicht auch die sachlichen Voraussetzungen der Steuernorm vorliegen müssen, es also auf die Rechtsfähigkeit der Stiftung ankommt.

Auch eine teleologische Extension der Ersatzerbschaftsteuer auf nichtrechtsfähige ausländische Stiftungen hält der BFH nicht für geboten. Einer Ersatzbesteuerung bedarf es dann nicht, wenn das Stiftungsvermögen mangels Rechtsfähigkeit den dahinterstehenden natürlichen Personen zuzurechnen ist und damit ohnehin bei jedem Generationenwechsel der Erbschaftsteuer unterliegt.

III. Einordung und Ausblick

Das Urteil des BFH überträgt die Wertungen des internationalen Gesellschaftsrechts auf ausländische Stiftungen und schafft damit zu begrüßende Rechtsklarheit.

Zugleich deutet sich an, dass der BFH denselben Fall mit einer EU/EWR-Stiftung als Hauptakteurin wohl anders entschieden hätte. Zumindest lehnt der BFH die Anwendung der Gründungstheorie mit einem Verweis darauf ab, dass – anders als im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der EU oder des EWR – keine völkerrechtlichen Verträge mit der Schweiz die Anwendung des Gründungstatuts vorsehen.

Der dadurch aufgezeigte Gegensatz kann dahingehend verstanden werden, dass der BFH den Gedanken der „europäischen Gründungstheorie“ auch auf Stiftungen überträgt. Die „europäische Gründungstheorie“ geht auf Rechtsprechung des EuGH und BGH zur Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften zurück und verbürgt die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von im EU/EWR-Raum gegründeten Gesellschaften in allen Mitgliedstaaten. Die Übertragung dieser Grundsätze auf Stiftungen ist bisher nicht höchstrichterlich geklärt, wurde aber kürzlich vom FG München (4 K 2055/23) so angenommen (vgl. Muscheites, Steuerboard vom 15.10.25 = DB1480379). Der Nebensatz der Entscheidung könnte insoweit als erster Hinweis auf die Revisionsentscheidung in der Sache des FG München zu werten sein, die ebenfalls beim II. Senat liegt (II R 41/25).

Die Anwendung der Sitztheorie und die Verschonung von der Ersatzerbschaftsteuer wäre damit auf Drittstaaten-Stiftungen beschränkt. Doppelansässige EU/EWR Stiftungen, denen nach dem Recht ihres Gründungsstatuts Rechtsfähigkeit zukommt, dürften hingegen auch in Deutschland unter Anwendung der sog. europäischen Gründungstheorie Rechtsfähigkeit genießen. Sollte sich dies verfestigen, wäre das ein Plus an Rechtssicherheit bspw. für die doppelansässige liechtensteinische Stiftung mit Verwaltungssitz in Deutschland. Diese würde zwar der Erbersatzsteuer unterliegen, aber im Rechtsverkehr als Träger eigener Rechte anerkannt.

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