Sachverhalt
Der mit Wirkung zum 22.08.2022 geschlossene Arbeitsvertrag der klagenden Arbeitnehmerin war auf ein Jahr befristet und sah eine Probezeit von vier Monaten vor. Während dieser sollte das Arbeitsverhältnis beidseitig mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden können. Dazu war ein ordentliches Kündigungsrecht nach Ablauf der Probezeit vorgesehen. Mit Schreiben vom 09.12.2022 kündigte die beklagte Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis „innerhalb der Probezeit ordentlich zum nächstzulässigen Zeitpunkt“, was ihres Erachtens der 28.12.2022 war. Die Klägerin machte daraufhin die Unwirksamkeit der Probezeit nach § 15 Abs. 3 TzBfG geltend. Weil zudem die ordentliche Kündigungsmöglichkeit für den Rest des Arbeitsverhältnisses daran anknüpfe, sei auch diese Bestimmung unwirksam und eine ordentliche Kündigung mithin insgesamt ausgeschlossen. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG nur so lang wie eine verhältnismäßige Probezeit sein könne, was hier maximal drei Monate gewesen seien. ArbG und LAG hielten die Probezeitregelung für unwirksam, bejahten aber die sonstige ordentliche Kündbarkeit und stellten ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 15.01.2023 fest.
Entscheidung
Gemäß der Pressemitteilung wies der Zweite BAG-Senat die Revision der Klägerin zurück, die weiterhin eine vollständige Unwirksamkeit der Kündigung geltend machte; der Anschlussrevision der Beklagten entsprach der Senat wiederum teilweise. In der Vorinstanz hatte das LAG Berlin-Brandenburg (vom 02.07.2024 – 19 Sa 1150/23, ArbRB 2025 S. 39) entschieden, dass für die Verhältnismäßigkeit einer Probezeit bei Befristung ein Regelwert von 25% gelte. Dem widersprach der Senat allerdings: einen solchen Regelwert gebe es gerade nicht. Vielmehr sei in jedem Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Weil die Beklagte im hier beurteilten Sachverhalt einen detaillierten Einarbeitungsplan mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer aufgestellt hatte, hielten die Erfurter Richter die Probezeitdauer von vier Monaten für verhältnismäßig. Auch bei Vereinbarung einer unverhältnismäßig langen und deshalb unzulässigen Probezeitdauer gebe es i.Ü. keine rechtliche Veranlassung, von einer Verkürzung der Wartezeit gem. § 1 Abs. 1 KSchG auszugehen.
Einordnung
Die zum 01.08.2022 eingeführte Fassung des § 15 Abs. 3 TzBfG bestimmt, dass die für ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss. Nach § 622 Abs. 3 BGB darf die Probezeit generell höchstens sechs Monate betragen; währenddessen kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Bereits Ende letzten Jahres entschied der Zweite BAG-Senat, dass eine Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis in der Regel unverhältnismäßig ist, wenn diese der Gesamtdauer der Befristung entspricht (BAG vom 05.12.2024 – 2 AZR 275/23, DB 2025 S. 806, Rn. 19 ff.). Hinsichtlich der Rechtsfolge bei Vereinbarung einer unverhältnismäßigen Probezeit konstatierte der Senat damals, dass eine unverhältnismäßig lange Probezeit die darauf bezogene Vereinbarung entfallen lässt – und dass die Regelung einer sonstigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit nur dann unberührt bleibe, wenn diese neben oder in einer Vereinbarung über die (unverhältnismäßige) Probezeit unabhängig davon getroffen wird. In der arbeitsvertraglichen Regelung wurde dies seinerzeit gar nicht so eindeutig getrennt, für die Arbeitsvertragsgestaltung war jedoch klar, dass die Implementierung einer generellen ordentlichen Kündigungsoption nach Ablauf der Probezeit isoliert geschehen muss, bestenfalls ohne inhaltliche Verknüpfung. Während die Länge der Kündigungsfrist bei einer unwirksamen Probezeitabrede nur marginale Konsequenzen hat, entfiele ansonsten die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung bis zum Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses, da diese gem. § 15 Abs. 4 TzBfG explizit vereinbart werden muss.
Schon damals lehnte der Senat indes ab, einen Regelwert für die Verhältnismäßigkeit der Probezeitdauer zu bestimmen; ebenso wenig benannte er konkretere Parameter für eine Abwägung. Stattdessen folgte er – wie auch jetzt – allein den beiden Kriterien aus § 15 Abs. 3 TzBfG: der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit. Die Verhältnismäßigkeit ist mithin stets einzelfallabhängig, bei komplizierteren Tätigkeiten und/oder einer längeren Befristungsdauer darf gleichwohl auch die Probezeit länger ausfallen. Dies gilt im Hinblick auf den hier entschiedenen Fall umso mehr, wenn für die Probezeit gar ein Einarbeitungsplan erstellt wurde. Klar ist ferner, dass die Probezeit in aller Regel nicht die komplette Dauer des befristeten Arbeitsverhältnisses andauern darf – was wegen § 622 Abs. 3 BGB derweil sowieso nur bis zu sechs Monaten möglich wäre.

