Gutscheincodes zur Nutzung im X Netzwerk sind unabhängig vom Vertriebsweg „Einzweck-Gutscheine“, deren Übertragung der Umsatzsteuer unterliegt, da aufgrund der Länderkennung der Nutzerkonten bereits bei der Ausgabe der Leistungsort in Deutschland und die Höhe der Umsatzsteuer feststehen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 25.06.2025 (XI R 14/24 bzw. XI R 21/21) klargestellt.
Zum Hintergrund
Seit dem Jahr 2019 wird umsatzsteuerrechtlich nach § 3 Abs. 14 Satz 2 UStG die Ausgabe und die Übertragung eines sog. Einzweck-Gutscheins als die Lieferung des Gegenstands oder die Erbringung der sonstigen Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, angesehen. Die Umsatzsteuer ist daher bereits zu diesem Zeitpunkt an das Finanzamt zu entrichten. Handelt es sich hingegen um einen sog. Mehrzweck-Gutschein, fällt erst bei der Einlösung des Gutscheins die Umsatzsteuer an, wohingegen jede vorangegangene Übertragung dieses Mehrzweck-Gutscheins nicht der Umsatzsteuer unterliegt (§ 3 Abs. 15 Satz 2 UStG).
Ein Einzweck-Gutschein liegt vor, wenn bei Ausstellung eines Gutscheins im Sinne des § 3 Abs. 13 UStG zum einen der Ort der Leistung, auf die sich der Gutschein bezieht, und zum anderen die für die Leistung geschuldete Steuer feststeht (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG). Gutscheine, die keine Einzweck-Gutscheine sind, sind Mehrzweck-Gutscheine (§ 3 Abs. 15 Satz 1 UStG).
Darum ging es im Streitfall
Im Streitfall vertrieb die Klägerin über ihren Internetshop Gutscheincodes zum Aufladen von Nutzerkonten für das X Netzwerk (ein elektronisches Portal mit digitalen Inhalten) an Endverbraucher mit einem deutschen Nutzerkonto (Länderkennung DE). Die Endverbraucher konnten im X Netzwerk viele verschiedene elektronische Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Zuvor hatte die Klägerin die Codes von Zwischenhändlern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erworben.
X war bei Ausgabe der Codes davon ausgegangen, dass es sich um Einzweck-Gutscheine handelt. Die Klägerin erfasste die Umsätze in ihren Umsatzsteuererklärungen nicht und brachte vor, dass es sich bei den Codes um Mehrzweck-Gutscheine handele, weil der Erwerb über Zwischenhändler im EU-Ausland zulässig sei. Finanzamt und Finanzgericht teilten diese Einschätzung nicht. Sie waren der Ansicht, die Codes stellten sog. Einzweck-Gutscheine dar, sodass die Übertragung der Codes an die Endverbraucher der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei. Entscheidend sei, dass aufgrund der deutschen Länderkennung der Ort der Leistung an die Endverbraucher in Deutschland feststehe.
Fall war bereits vor dem EuGH
Der BFH rief im Jahr 2022 zur Klärung dieser Frage den EuGH an (Beschluss vom 03.11.2022 – XI R 21/21, BFHE 277, 561). Der EuGH entschied mit Urteil vom 18.04.2024 (C-68/23), dass nur der Ort der Leistung an die Endverbraucher zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Gutscheins feststehen muss. Ob der Gutschein vor der Einlösung über Zwischenhändler übertragen wird, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, ist unerheblich. Ebenso wenig entscheidend ist, dass Gutscheincodes möglicherweise unter Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen der X von Endverbrauchern aus anderen Mitgliedstaaten eingelöst werden.
BFH folgt EuGH: Umsatzsteuer bei Ausgabe fällig
Mit seinem aktuellen Beschluss vom 25.06.2025 hat der BFH diese rechtlichen Vorgaben des EuGH nunmehr umgesetzt. Weil nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nur eine Einlösung von in Deutschland ansässigen Endverbrauchern in Betracht kommt, steht der Ort der Leistung in Deutschland fest. Da nur digitale Inhalte, die dem Regelsteuersatz unterliegen, abrufbar waren, handelte es sich bei den Gutscheincodes um Einzweck-Gutscheine. Ihre Übertragung unterliegt der Umsatzsteuer. Die Einstufung, die X bei der erstmaligen Ausgabe der Gutscheincodes vorgenommen hatte, erwies sich daher als zutreffend. Die Besteuerung von Gutscheinen hängt nicht vom Vertriebsweg ab. Der Erwerb direkt beim ausgebenden Unternehmer wird genauso besteuert wie der Erwerb über einen oder mehrere Zwischenhändler.
Andere Regeln für alte Gutscheine
Die Entscheidung des BFH erging zu Gutscheinen, die (unabhängig vom Zeitpunkt der Einlösung) nach dem 31.12.2018 ausgeben wurden. Zu Gutscheinen, die vor dem 01.01.2019 ausgegeben wurden, hat der BFH bereits mit Beschluss vom 29.11.2022 (XI R 11/21, BFHE 279, 283, BStBl II 2023, 424) entschieden, dass es bei der Übertragung von Gutscheincodes zu einer Steuerentstehung kam, weil diese Codes wie eine Ware gehandelt wurden und außerdem die Anzahlungsbesteuerung eingriff. Die praktischen Ergebnisse nach alter und neuer Rechtslage unterscheiden sich mithin nicht.

