Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hat zur überarbeiteten Umsetzung der novellierten Industrieemissions-Richtlinie (IED) Stellung genommen. Die neuen Vorschläge des Bundesumweltministeriums zeigen Verbesserungen, enthalten laut DAV aber weiterhin unnötig komplizierte Vorgaben.
Lob für mehr Übersichtlichkeit und klare Strukturen
Positiv hervorgehoben wird in der Stellungnahme, dass die Pflicht zur Einführung eines Umweltmanagementsystems aus den allgemeinen Betreiberpflichten entfernt wurde. Zudem wird klargestellt, dass die neuen Anforderungen ausschließlich für IED-Anlagen gelten. Auch die wasserrechtlichen Vorgaben der IED-Novelle wurden nun konsequent im Wasserrecht umgesetzt, was aus Sicht des DAV ein bedeutender Fortschritt ist. Die Neustrukturierung der Vorschriften im Bundes-Immissionsschutzgesetz führt aus Sicht des DAV zu einer besseren Übersichtlichkeit, etwa bei den Regelungen zu Ausnahmen von Emissionsgrenzwerten und Überwachungspflichten. Schließlich wird auch die Regelung zur Nutzung erneuerbarer Energien in § 5 Abs. 4 BImSchG-E als klarer und gelungener bewertet.
Kritikpunkte des DAV
Trotz positiver Entwicklungen sieht der DAV weiterhin gravierende Mängel. Die neuen Regelungen führen zu einer erheblichen Zunahme an organisatorischen Pflichten für Betreiber von IED-Anlagen, was einen hohen bürokratischen Aufwand bedeutet. Besonders kritisiert werden dabei die Anforderungen im Zusammenhang mit dem Umweltmanagementsystem, das unter anderem einen Transformationsplan und ein Chemikalienverzeichnis enthalten soll. Auch die Vielzahl an Informations-, Berichts- und Vorlagepflichten wird als übermäßig angesehen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die neuen Begrifflichkeiten wie „Umweltleistungswert“. Trotz einzelner Nachbesserungen seien diese Begriffe weiterhin unklar und wenig praxistauglich. Der DAV fordert hier eine präzisere Definition.
Zudem bleibt der DAV bei seiner Auffassung, dass die Verpflichtung zur Nutzung und Erzeugung erneuerbarer Energien nicht im Bundes-Immissionsschutzgesetz, sondern in den entsprechenden Regelwerken des Energierechts verankert sein sollte.
Kritik an einzelnen Paragrafen
- § 12a BImSchG‑E: Emissionsgrenzwerte sind als Inhaltsbestimmungen der Genehmigung und nicht als Nebenbestimmungen zu qualifizieren; dies ist für den Rechtsschutz maßgeblich. Die Regelung zu Neugenehmigungen soll an den Beginn der Norm rücken. § 12a Abs. 2 S. 2 ist zu präzisieren: Abweichungen sind möglich, die Emissionsbegrenzungen müssen jedoch unter Berücksichtigung der Anlagenumstände so streng wie möglich festgelegt werden.
- § 58a BImSchG‑E / 45. BImSchV‑E: Systemkritik an der Vermischung materiell‑rechtlicher und organisationsrechtlicher Anforderungen. Die Verordnung ist bislang nur rudimentär; zentrale Orientierungswerte für die Umweltleistung fehlen und sollen erst sukzessive nach Veröffentlichung entsprechender BVT‑Schlussfolgerungen ergänzt werden. Eine belastbare Praxistauglichkeitsprüfung ist derzeit nicht möglich.
- § 65 BImSchG‑E: Die in der Begründung verneinte Gefährdungshaftung ist im Gesetzestext klarzustellen. In Absatz 1 sollte (wie in Absatz 2) der Zusatz „vorsätzlich oder fahrlässig“ aufgenommen werden, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
- § 29c BImSchG‑E: Die Worte „quantifizierbar oder“ sind zu streichen; maßgeblich ist die Messbarkeit anhand sachgerechter Analysemethoden. Rein rechnerisch ableitbare, minimale Erhöhungen bleiben unbeachtlich.
- §§ 52 ff. BImSchG‑E: Redaktionelle Korrektur erforderlich: Nach der Neuordnung ist der bisherige § 52b BImSchG zu § 52c BImSchG‑E zu verschieben.
Fazit
Insgesamt erkennt der DAV den Fortschritt bei der IED‑Umsetzung an, fordert jedoch mehr Klarheit, eine stringentere Systematik und spürbare Entbürokratisierung. Die Normen sollten Unternehmen nicht unverhältnismäßig belasten, sondern eine praktikable, rechtssichere Umsetzung europäischer Umweltstandards gewährleisten.