In vielen Bereichen des Arbeitsmarkts haben sich Männer und Frauen in den letzten Jahrzehnten angenähert. Doch die neue IAB-Studie „Gender Divergence in Sectors of Work“ zeigt: Bei der Wahl der Branche geht die Schere wieder auseinander, vor allem wegen veränderter Präferenzen verheirateter Frauen.
Eine neue Form der Geschlechterunterschiede
Obwohl sich Arbeitszeiten, Einkommen und Berufswahl zwischen Männern und Frauen immer mehr angleichen, arbeiten sie heute häufiger in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren als noch vor 50 Jahren. Diese Entwicklung steht im Widerspruch zur erwarteten Angleichung und wird als Teil des „Gender Equality Paradox“ betrachtet: Je gleichberechtigter eine Gesellschaft wird, desto stärker treten bestimmte Unterschiede zwischen den Geschlechtern zutage.
Verheiratete Frauen als Treiber der Segregation
Mittels eines ökonomischen Modells wurden die Gründe für die zunehmende Branchentrennung untersucht. Ergebnis: 59 % des Anstiegs sind auf veränderte Präferenzen verheirateter Frauen zurückzuführen. Während sich ledige Frauen bei der Berufswahl ähnlich entwickelten, bevorzugen verheiratete Frauen zunehmend bestimmte Sektoren wie Bildung und Gesundheit, während Männer eher in Bereichen wie der Informationsbranche arbeiten. Diskriminierung und technologische Veränderungen spielen eine deutlich geringere Rolle.
Warum die Sektorenwahl die Einkommenslücke verringert
Die Präferenzen verheirateter Frauen richten sich außerdem zunehmend nach sogenannten „nicht-lohnbezogenen Annehmlichkeiten“. Besonders geschätzt werden flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmöglichkeiten und Kinderfreundlichkeit – Merkmale, die in besser bezahlten Sektoren heute häufiger vorkommen. Diese Entwicklung wirkt sich positiv auf die Lohnangleichung zwischen Männern und Frauen aus: Die Lücke im Einkommen ist teilweise durch die Wahl besser vergüteter, attraktiverer Arbeitsplätze geschrumpft.
Fazit
Unternehmen, die Frauen – insbesondere verheiratete – gewinnen und halten wollen, sollten verstärkt auf nicht-monetäre Anreize wie flexible Arbeitszeiten, familienfreundliche Strukturen und ein stabiles Arbeitsumfeld setzen. Solche Maßnahmen zahlen sich doppelt aus: Sie verbessern die Gleichstellung und reduzieren gleichzeitig die geschlechtsspezifische Einkommenslücke.