Das Finanzgericht Niedersachsen hat mit Urteil vom 14.05.2025 (3 K 80/24) entschieden, dass ein testamentarisches Wohnrecht für Dritte als rechtliches Einzugshindernis gelten kann. Dies hat Konsequenzen für die Steuerfreiheit des geerbten Familienheims.
Testamentarisches Wohnrecht als Hinderungsgrund
Der Kläger hatte von seinem Vater ein Wohnhaus geerbt, in dem der Vater mit seiner Ehefrau bis zu seinem Tod lebte. Per Testament erhielt die Mutter des Klägers ein lebenslanges Wohnrecht an dem Objekt. Erst nach deren Umzug ins Pflegeheim im Juni 2022 konnte der Kläger über das Haus verfügen. Das Gericht erkannte, dass dieses Wohnrecht ein rechtliches Einzugshindernis darstellte; die Frist zur „unverzüglichen“ Selbstnutzung begann daher nicht mit dem Erbfall, sondern erst mit dem Wegfall des Wohnrechts.
Umfangreiche Renovierung als nachvollziehbare Verzögerung
Der Kläger und seine Ehefrau zogen erst Ende 2023 endgültig in das Haus ein, fast 24 Monate nach dem Erbfall. Laut Finanzgericht sei dies jedoch angesichts der umfangreichen, nötigen Sanierungen und der coronabedingten und kriegsbedingten Engpässe im Handwerk gerechtfertigt gewesen. Bereits ab Frühjahr 2022 hatte der Kläger Renovierungen geplant und beauftragt. Die Richter stellten fest, dass der Kläger die Renovierung ausreichend gefördert und die Verzögerungen nicht zu vertreten hatte. Trotz des späten Einzugs liegt eine „unverzügliche“ Bestimmung zur Selbstnutzung vor. Die Steuerbefreiung für das Familienheim wurde daher gewährt. Maßgeblich war die rechtliche Unmöglichkeit des früheren Einzugs sowie die belegbare, ernsthafte Absicht und Förderung der baldigen Nutzung durch den Kläger.
Fazit
Ein Wohnrecht Dritter kann die Frist zur Selbstnutzung im Sinne der Steuerbefreiung verschieben. Auch bei einem Einzug deutlich nach sechs Monaten kann die Begünstigung möglich sein, wenn Renovierungsbedarf besteht und der Erwerber dessen Beseitigung nicht zu vertreten hat.