27.05.2025

Meldung, Steuerrecht

FG Köln stellt Aussetzungszinsen infrage

Das Finanzgericht Köln hat sich kritisch zur unterschiedlichen Verzinsung von Steuerforderungen geäußert und stellt damit einen zentralen Baustein der bisherigen Verwaltungspraxis infrage. Das Thema wird möglicherweise bald höchstrichterlich entschieden.

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Im Streitfall hatte das Finanzamt gegenüber den Antragstellern Aussetzungszinsen für den Zeitraum Februar 2023 bis November 2024 festgesetzt und bei der Zinsberechnung den gesetzlichen Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat zugrunde gelegt. Die Antragsteller legten gegen die Zinsfestsetzung Einspruch ein und beantragten beim Finanzamt erfolglos, die Zinsen in Höhe von 0,35 % (Differenzbetrag zwischen 0,5 % und 0,15 %) von der Vollziehung auszusetzen.

Hintergrund: Unterschiedliche Zinssätze bei Steuerzinsen

Mit Blick auf die unterschiedlichen Zinssätze bei Nachzahlungszinsen (seit dem 01.01.2019: 0,15 % monatlich) und Aussetzungszinsen (0,5 % monatlich) bestünden verfassungsrechtliche Zweifel an dem zugrunde gelegten Zinssatz von 0,5 %. Hierzu beriefen sie sich ergänzend auf einen Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 08.05.2024 (VIII R 9/23), mit dem der BFH die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von Aussetzungszinsen dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt hatte. Vor diesem Hintergrund ermittelten die Antragsteller ihre Aussetzungszinsen in Höhe von 0,15 % pro Monat, die sie auch bezahlten.

Das Finanzamt lehnte den Antrag ab und verwies darauf, dass sich die Vorlage des BFH an das BVerfG nur auf Zinsen für den Zeitraum 01.01.2019 bis 15.04.2021 beziehe. Zudem sei spätestens ab dem 01.01.2023 nicht mehr von einer Niedrigzinsphase auszugehen. Daraufhin begehrten die Antragsteller erfolgreich vorläufigen Rechtsschutz durch das Finanzgericht Köln.

Aussetzungszinsen müssen nicht gezahlt werden

Die Antragsteller brauchen die vom Finanzamt geforderten weiteren Zinsen vorläufig nicht zu bezahlen, entschied das FG Köln mit Beschluss vom 08.04.2025 (4 V 444/25). Die Richterinnen und Richter des 4. Senats führten aus, dass für Aussetzungszwecke bereits deshalb hinreichende Zweifel an der Höhe der angefochtenen Zinsen bestünden, weil die Rechtsprechung eine von der Ansicht der Finanzverwaltung divergierende Auffassung vertrete. Nicht nur eine anhaltende Niedrigzinsphase habe nach den Ausführungen des BFH verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen begründet. Vielmehr habe der BFH auch den mangelnden Gleichlauf der Verzinsung ab 2019 und die hierdurch eingetretene Zinssatzspreizung (zwischen 0,15 % und 0,5 %) moniert. Vor diesem Hintergrund seien ernstliche Zweifel zumindest dann zu bejahen, wenn – wie vorliegend – im Einspruchsverfahren um die Höhe der Aussetzungszinsen gestritten werde. Denn in einer solchen Konstellation finde kein anderweitiger (Zins-)Ausgleich statt wie z. B. durch den Anspruch auf Prozesszinsen während eines Klageverfahrens.

Die im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung ist rechtskräftig. Das Finanzamt hat die gegen den Beschluss zugelassene Beschwerde nicht eingelegt. Der Beschluss könnte Signalwirkung für ähnliche Verfahren haben und erhöht den Druck auf die Finanzverwaltung, die geltenden Zinssätze kritisch zu überdenken.


FG Köln vom 26.05.2025 / RES JURA Redaktionsbüro (vcd)

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