• Home
  • /
  • Meldungen
  • /
  • Hilferuf aus der Praxis: Investitionsbedarf in Deutschland und was der Begriff der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung damit zu tun hat

26.03.2025

Steuerboard

Hilferuf aus der Praxis: Investitionsbedarf in Deutschland und was der Begriff der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung damit zu tun hat

Über die Notwendigkeit erheblicher Investitionen in Innovation und Infrastruktur herrscht in Deutschland parteiübergreifender Konsens. Eindrucksvolles Zeugnis davon ist das kürzlich von Bundestag und Bundesrat beschlossene „Sondervermögen Infrastruktur“ in Höhe von 500 Mrd. Euro, das dabei jedoch lediglich einen Baustein bildet. Denn Infrastrukturinvestitionen sollen nicht allein durch öffentliches, sondern auch durch privates Kapital finanziert werden. Im Umfeld dieser politischen Grundsatzentscheidungen eröffnen sich insbesondere für institutionelle Anleger enorme Chancen.Nicht selten kommt es vor, dass solche Investitionen über den Einsatz von Investmentfonds realisiert werden können. Bei deren Einsatz besteht jedoch häufig das Risiko steuerlich ineffizienter Anlagen, wenn durch den Fonds eine zusätzliche Besteuerungsebene geschaffen wird. Dass dies vermieden werden sollte, ist im Grunde international steuerpolitischer Konsens.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

RA Dr. Christian Peterseim, LL.B., LL.M.,
ist Associate bei POELLATH in Berlin

Schlüsselbegriff im Spannungsfeld zwischen Kapitalanlage und Unternehmertum

Investmentfonds, die dem Kapitel 2 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) unterfallen, stellen einerseits eigene Steuersubjekte für Zwecke der Körperschaft- und der Gewerbesteuer dar, sind andererseits aber grundsätzlich steuerbefreit. Lediglich Dividenden inländischer Kapitalgesellschaften, Einkünfte aus im Inland belegenen Immobilien und andere inländische Einkünfte (wie z. B. inländische Betriebsstättengewinne) unterliegen der Körperschaftsteuer, wobei dies für Einkünfte aus Gewerbebetrieb nur insoweit gilt, als der Investmentfonds seine Vermögensgegenstände aktiv unternehmerisch bewirtschaftet. Auch im Hinblick auf die Gewerbesteuerbefreiung knüpft das Gesetz an das Fehlen einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung („auB“) an (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 InvStG).

Mit dem Begriff der auB hat der Gesetzgeber einen originär investmentsteuerlichen Begriff geschaffen, um die steuerfreie Kapitalanlage von einer steuerpflichtigen unternehmerischen Tätigkeit abzugrenzen.

Die herkömmlichen Kriterien zur Abgrenzung von Vermögensverwaltung und Gewerbebetrieb helfen somit auch nur bedingt, hier eine klare Linie zu ziehen. Denn nach Auffassung des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung sollen die Begriffe „Gewerblichkeit“ und „auB“ grundsätzlich jeweils autonom auszulegen sein. So soll eine nach ertragsteuerlichen Kriterien vorliegende Gewerblichkeit nicht notwendig eine auB indizieren. Völlig irrelevant sind die Kriterien dennoch nicht: Ergibt sich auf deren Grundlage eine rein vermögensverwaltende Tätigkeit, soll für eine auB grundsätzlich kein Raum sein. Demgegenüber sollen Art und Umfang der Umschichtung der vom Fonds gehaltenen Vermögensgegenstände für die Frage der aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung prinzipiell keine Rolle spielen.

Auch wenn der Begriff der auB eigenständig auszulegen ist, können die allgemeinen Kriterien für Gewerblichkeit somit nicht immer völlig außer Acht gelassen werden. Das bedeutet: Zunächst ist zu prüfen, inwieweit ein Investmentfonds nach allgemeinen Grundsätzen einen Gewerbebetrieb unterhält. Sollte diese allgemeine Prüfung eine Gewerblichkeit ergeben, ist anschließend sorgfältig zu untersuchen, ob nicht (auch) eine auB zu bejahen ist.

Standortbestimmung im steuerbegrifflichen Labyrinth

Was aber ist unter „aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung“ eigentlich grundsätzlich zu verstehen? Hilfreich erscheint es, die Tatbestandsmerkmale zunächst einzeln zu betrachten:

1. „aktiv“: Das Gesetz impliziert hier zu Abgrenzungszwecken einen Vergleich zur passiven Anlagestrategie. Als Paradigma des Nichtgewerblichen kann der rein passive Anleger gelten, der z. B. lediglich börsennotierte Aktien hält. Je mehr die Tätigkeit des Fonds einer solchen passiven Anlage entspricht, desto weniger aktiv wird sie sein. Zugleich soll der Begriff der „Aktivität“ eine professionelle Portfolioverwaltung nicht per se ausschließen. Der Investmentfonds als ein in der Regel mit professionellem Personal eingerichteter Betrieb soll nicht allein aufgrund seiner Professionalität gewerblich sein.

2. „unternehmerische Bewirtschaftung“: Unternehmerisch wird eine Tätigkeit umso eher, je mehr sie das reine Halten von Beteiligungen und das Ausüben üblicher Gesellschafterrechte überschreitet. Hier hilft einmal mehr der Vergleich zum reinen Aktieninvestment: Die Wahrnehmung von Aktionärsrechten in der Hauptversammlung macht den Aktionär nicht zum Unternehmer. Sobald der Fonds das operative Geschäft beginnt zu prägen, etwa durch Personalentscheidungen oder Vorgaben zur Unternehmensstrategie, wird man genauer hinsehen müssen.

Auch wenn sich die Begriffsbestandteile zu überschneiden und ineinander überzugehen scheinen, wird in der Gesamtschau erkennbar, was letztlich zur Gewerblichkeit eines Investmentfonds führen soll: Die maßgebliche Beteiligung an operativen Entscheidungen in Portfoliounternehmen.

Die Finanzverwaltung wird in ihren Auslegungshinweisen noch ein Stück konkreter: Von einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung sei regelmäßig auszugehen, wenn ein Investmentfonds sich selbst oder über verbundene Dritte am aktiven Management von Portfoliogesellschaften beteiligt. Eine auB könne zudem gegeben sein, wenn eine rechtliche oder faktische Weisungsbefugnis gegenüber Zielunternehmen besteht. Die Wahrnehmung von Aufsichtsratsfunktionen in den gesellschaftlichen Gremien der Portfoliounternehmen soll hingegen unschädlich sein.

Über den Begriff der auB soll somit sichergestellt werden, dass der Investmentfonds durch Eingriffe in das operative Geschäft seiner Portfoliounternehmen nicht letztlich selbst zum Unternehmer wird – und durch seine erheblichen Steuervorteile den Wettbewerb zwischen Unternehmen verzerrt. Je mehr er sich also am operativen Geschäft seiner Portfoliogesellschaft beteiligt, je größer oder spezifischer sein tatsächlicher Einfluss, desto eher wird er sich einem Gewerblichkeitsverdikt aussetzen. Kurz: Ein Fonds darf Kapitalgeber sein, nicht aber Unternehmer.

Trotz dieser einigermaßen klaren Grundsätze bleibt die Abgrenzung im Einzelfall anspruchsvoll, sind die Übergänge von bloßer Wahrnehmung von Gesellschafterrechten zur substanziellen Unternehmerrolle doch nicht selten fließend. Um Nachweisschwierigkeiten bei einem späteren Streit über den tatsächlichen Umfang von Einflussnahme entgegenzuwirken, kann es in der Praxis daher hilfreich sein, sämtliche Befugnisse vertraglich zu fixieren und deren tatsächliche Ausübung sorgfältig zu kontrollieren und zu dokumentieren.

Fazit: Erfolgsfaktor Rechtssicherheit beherzigen!

Die Auflösung des Spannungsfeldes zwischen privater Kapitalanlage und unternehmerischer Tätigkeit ist nicht nur für das Tagesgeschäft von Investmentfonds und deren Anlegern von wesentlicher Bedeutung. Eine eindeutige Klärung ist auch deshalb unabdingbar, um im internationalen Wettbewerb um privates Kapital die gewünschte Infrastrukturtransformation in Deutschland tatsächlich herbeiführen zu können.

Wünschenswert wäre daher eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung – wie sie bereits im Rahmen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes II angedacht war –, zumindest aber eine verbindliche Aussage der Finanzverwaltung, wonach das unmittelbare Halten von Eigenkapitalbeteiligungen durch Investmentfonds, einschließlich PE-typischer Tätigkeiten (etwa die Mitwirkung in Investorenbeiräten sowie die Wahrnehmung üblicher Gesellschafterrechte), keine auB darstellt. Bis zu einer solchen Konkretisierung bleiben zahlreiche praktische Fragen offen, sodass Investments über Investmentfonds im Hinblick auf potenzielle Gewerbesteuerbelastungen aufgrund einer auB weiterhin nicht risikolos sind.

Weitere Autoreninformationen:


, ,

Weitere Meldungen


Meldung

©Marco2811/fotolia.com


01.04.2025

Rücklagenübertragung in der KG – Mitunternehmer haften für Formalien

Das Urteil des Finanzgerichts Schleswig-Holstein unterstreicht die Bedeutung formaler Korrektheit bei der Rücklagenbildung nach § 6b EStG.

weiterlesen
Rücklagenübertragung in der KG – Mitunternehmer haften für Formalien

Steuerboard

Raphael Baumgartner / Cindy Slominska


01.04.2025

Neues Merkblatt des BZSt zur Entlastung von Kapitalertragsteuer: Erleichterung bei der persönlichen Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG

Seit der Neufassung des § 50d Abs. 3 EStG am 09.06.2021 brachte die Inanspruchnahme von Quellensteuervergünstigungen in der Praxis erhebliche Herausforderungen mit sich.

weiterlesen
Neues Merkblatt des BZSt zur Entlastung von Kapitalertragsteuer: Erleichterung bei der persönlichen Entlastungsberechtigung nach § 50d Abs. 3 EStG

Meldung

tanaratgraphy/123rf.com


01.04.2025

Nachhaltigkeitsbericht auf dem Prüfstand: EFRAG soll ESRS vereinfachen

Die EU-Kommission setzt mit der Überarbeitung der ESRS Set 1 durch die EFRAG ein klares Signal: weniger Komplexität, mehr Klarheit.

weiterlesen
Nachhaltigkeitsbericht auf dem Prüfstand: EFRAG soll ESRS vereinfachen

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank