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18.03.2025

Steuerboard

Kryptowerte erneut im Visier des BMF: Was Sie jetzt tun müssen

Das BMF hat sein Schreiben zur Besteuerung von Kryptowerten aus dem Jahr 2022 überarbeitet und am 06.03.2025 neu gefasst veröffentlicht. Die materiell-rechtliche Bewertung der meisten Sachverhalte hat sich nicht geändert – dafür zieht die Finanzverwaltung verfahrensrechtlich die Schrauben an.

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RA Dr. David Hötzel
ist Associated Partner bei POELLATH in München

Empfehlenswerte Maßnahmen

Vorangestellt werden sollen die Punkte, die jeder Kryptoanleger jetzt und rückwirkend für alle noch offenen Steuerjahre im Blick haben sollte:

  • Regelmäßige Dokumentation aller Transaktionen – idealerweise monatlich ein vollständiges Reporting erstellen und sichern. Wer mehrere Wallets nutzt, sollte eine vollständige Übersicht führen;
  • Rechtzeitiger Datenabruf von Kryptobörsen – ein Verlust der Daten kann teuer werden;
  • Nutzung einer Steuer-Software mit API-Anbindung für Echtzeit-Daten;
  • Überprüfung vergangener Steuererklärungen auf nicht erklärte Einkünfte aus Staking, Lending oder Airdrops.

Vieles bleibt, …

Die materiell-rechtlichen Basics haben sich kaum geändert. Privatanleger verkaufen grundsätzlich nach einem Jahr steuerfrei, die Abgrenzungskriterien von gewerblicher (lies: gewerbesteuerpflichtiger) Tätigkeit mit Kryptowerten (Handel, Staking, Mining) zur privaten Vermögensverwaltung sind im Wesentlichen gleichgeblieben. Das BMF hat zwar seine Nomenklatur überarbeitet und an die aufsichtsrechtlichen Entwicklungen angepasst (angefangen bei der nun allgemeinen Bezeichnung „Kryptowerte“ anstatt „virtuelle Währungen und sonstige Token“). Ob sich hieraus Änderungen in der materiell-rechtlichen Einordnung ergeben, wird die Praxis aber erst zeigen.

… manches ist neu, …

Eine wesentliche und praktisch gar nicht genug zu unterstreichende Ergänzung erfährt das Schreiben jedoch bei den Steuererklärungs-, Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten für Kryptoanleger. Wer seine Kryptotransaktionen nicht ordnungsgemäß dokumentiert, riskiert steuerliche Schätzungen und öffnet möglicherweise das Tor zu strafrechtlichen Sanktionen. Die Finanzverwaltung verschärft die Anforderungen an die steuerliche Compliance (dazu sogleich im Detail).

… einiges fehlt

Einige von der Krypto-Community erwartete Punkte fehlen im neuen BMF-Schreiben. Drei wesentliche Themen werden ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen:

Das BMF spart Regelungen zu Non-Fungible Token (NFT) aus. Für NFTs, die steuerlich zwischen Kunstwerken und immateriellen Wirtschaftsgütern changieren, bleibt zunächst Rechtsunsicherheit, mit der insbesondere professionelle Händler bilanzsteuerlich umgehen müssen.

Weiterhin fehlen Ausführungen zum Liquidity Mining, was aufgrund seiner relativ weiten Verbreitung verwundert. Die Rechtsunsicherheit besteht hier insbesondere in der Abgrenzung zwischen Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit.

Schließlich waren in der ursprünglichen Version des BMF-Schreibens Regelungen zu kryptobasierten Mitarbeiterbeteiligungen enthalten. Ein in der Praxis der Krypto-Startups sehr relevantes Thema. Die Ausführungen dazu wurden ersatzlos gestrichen. Es steht zu erwarten, dass der Themenbereich „Arbeitnehmer und Krypto“ in einem eigenen Erlass zusammengefasst wird.

Neben diesen ausdrücklich ausgenommenen Themen hatten sich Steuerpflichtige und Berater Hinweise zu einigen weiteren Themen gewünscht; zur Illustration sollen hier nur einige angerissen werden:

Es fehlen Regelungen zur Nachweispflicht von dezentralen Wallets (Self-Hosted Wallets). Zwar fordert das BMF umfassende Nachweise für alle Krypto-Transaktionen, erwähnt aber nicht, wie Selbstverwaltungs-Wallets (z. B. MetaMask, Ledger, BitBox) geprüft werden sollen. In der Praxis ist es schwer, aus einer dezentralen Wallet Transaktionsnachweise zu erbringen, da es keine Bank- oder Brokerberichte gibt.

Daneben treten Fälle “verlorener” Kryptowerte (z. B. durch Hack oder Exchange-Insolvenz) in der Praxis immer wieder auf (man denke an Mt. Gox, FTX oder Bybit). Das BMF bietet zu diesen Fällen keine Regelungen, wie steuerlich mit Kryptoverlusten durch Exchange-Insolvenzen oder Hacks umzugehen ist. Zumindest ein Moratorium für die Nachweispflichten wäre wünschenswert, wenn die Assets nicht mehr zugänglich sind.

Erhöhte Mitwirkung, insbesondere bei Auslandsbezug

Alle Kryptotransaktionen müssen detailliert dokumentiert werden, inklusive Kauf- und Verkaufszeitpunkt, Menge, Art des Kryptowerts, Kurswert in Euro sowie Verwendungsreihenfolge (FIFO oder Einzelbetrachtung). Bei Nutzung ausländischer oder dezentraler Handelsplattformen gelten erweiterte Mitwirkungspflichten (§ 90 Abs. 2 AO). Steuerreports von Softwareanbietern (z. B. CoinTracking, Blockpit) werden hierfür grundsätzlich anerkannt, sofern sie plausibel und widerspruchsfrei sind. Doch Achtung: Negative Bestände oder ungeklärte Zu- und Abflüsse können zur Ablehnung der Reports führen. In diesem Fall muss der Steuerpflichtige „händisch“ seine Daten aufbereiten – praktisch gelingt das kaum vollständig. Fehlen Belege, kann das zu ungünstigen Schätzungen führen.

Verschärfte Dokumentationspflichten – auch für Privatanleger

Nicht nur gewerbliche Kryptoinvestoren, sondern auch Privatpersonen müssen lückenlose Nachweise führen. Konkret bedeutet das, dass jede Kauf- und Verkaufstransaktion nachvollziehbar gespeichert werden muss. Wer mehr als 500.000 € pro Jahr erzielt (ab 2027: 750.000 €), muss steuerlich relevante Unterlagen sechs Jahre lang aufbewahren. Nutzung von Steuersoftware wird empfohlen, wobei die Daten vollständig und manipulationssicher sein müssen. Dabei ist zu beachten, dass die Softwareanbieter für Steuerreports wohl auch eine kurze Übergangszeit brauchen werden, um die Anforderungen des neuen BMF-Schreibens in ihren Programmen umzusetzen.

Sind die Anforderungen für Privatanleger erdrückend?

Das BMF weist mit den skizzierten Pflichten den Anlegern die Verantwortung für die vollständige und richtige Dokumentation ihrer Kryptotransaktionen zu. Dieser Punkt verdient Betonung in einem System, in dem der Grundsatz der Amtsermittlung gilt. Während eine derartig strenge Datenaufbereitung und Dokumentation im Betriebsvermögen zum Alltag gehört, geht sie bei Privatanlegern weit über das sonst übliche Maß hinaus. Das BMF muss die Balance finden zwischen seinem offenbaren Bedürfnis nach Mitwirkung bei diesen virtuellen, sich ständig fortentwickelnden Sachverhalten und einem noch verhältnismäßigen Eingriff in die verfahrenstechnischen und -rechtlichen Freiheiten privater Anleger. Man darf bezweifeln, ob dem BMF diese Balance gelungen ist. Es ist zu erwarten, dass die Finanzgerichte bald Gelegenheit haben werden, zu prüfen, ob das BMF die Eingriffsbefugnisse der Finanzverwaltung überdehnt. Die (verfassungs-)rechtliche Bewertung soll an anderer Stelle ausführlich Platz finden, wer jedoch mit dem Hinweis auf mangelhafte Erfüllung der Mitwirkungspflichten hohe Schätzungen erhält, sollte die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfsverfahrens prüfen lassen.

Konkretisierter Bewertungsansatz für Veräußerungsgewinne

Für die Bewertung von Kryptowerten (und damit die Bestimmung des steuerpflichtigen Gewinns) hat das BMF seine Anforderungen etwas konkretisiert. Als Marktkurs für die Anschaffungskosten und Veräußerungserlöse können nun auch ausdrücklich Handelsplattformen (z.B. Kraken, Bitpanda) oder aggregierte Kurslisten (z. B. CoinMarketCap, CoinGecko) herangezogen werden. Das entspricht ohnehin bereits der Praxis der meisten Finanzämter. Aus Vereinfachungsgründen akzeptiert das BMF, wenn für alle Transaktionen eines Tages ein einheitlicher Tageskurs angesetzt wird – das kann steuerlich vorteilhaft sein und es bleibt abzuwarten, wie die Anbieter von Reporting-Tool damit umgehen werden.

Claiming von Staking-Rewards: Steuerfalle oder Erleichterung?

Eine Frage, die für viele Staker relevant sein wird, betrifft das Claiming von Staking-Rewards. Das BMF scheint in seinem Schreiben zu fordern, dass nicht geclaimte, aber claimbare Stakingeinnahmen spätestens zum Jahresende steuerlich zu realisieren sind. Das würde dazu führen, dass Steuern auf Kryptowerte anfallen, die der Anleger noch gar nicht aktiv beansprucht hat. Gegen diese Lesart des BMF-Schreibens spricht, dass hierdurch womöglich nur ein erleichterndes Wahlrecht geschaffen werden soll: Werden Staking-Rewards unterjährig realisiert, soll dem Anleger freigestellt sein, die Realisierung erst zum 31.12. zu erfassen. Rechtssicherheit besteht diesbezüglich jedoch nicht.

Steuerpflichtige sollten prüfen, ob in noch offenen Steuerjahren claimbare Staking-Rewards vorsorglich dem Finanzamt nacherklärt werden müssen. Für die Bewertung ist der konkrete Sachverhalt entscheidend, insbesondere welche Plattformen für Staking genutzt werden – denn die steuerliche Behandlung kann sich je nach Plattform und Protokoll unterscheiden.

Fazit: Finanzverwaltung erhöht den Druck

Das BMF schafft mit seinem neuen Schreiben eine verfahrensrechtliche Grundlage für die Praxis der Finanzämter, die den Druck auf die Steuerpflichtigen erhöht. Dabei darf man nicht außer Acht lassen, dass Steuererklärungen mit unvollständigen Kryptoangaben bald automatisch auffallen dürften – dem Vernehmen nach wird die Finanzverwaltung künftig selbst Softwareanbieter beauftragen, um Steuerreports auf Basis gesammelter Daten zu erstellen und mit den Inhalten der Steuererklärungen abzugleichen. Auf die parallel bestehende Pflicht europäischer Kryptobörsen, nach der sog. DAC-8 Richtlinie Kundendaten zu liefern, sei hier nur ergänzend hingewiesen.

Die praktische Umsetzung des Schreibens durch die einzelnen Finanzämter bleibt abzuwarten – zugleich bleibt keine Zeit, mit Vorbereitungsmaßnahmen für die nächste Steuererklärung zu warten. Mit dem Thema befasste Steuerberater könnten gut daran tun, ihren Mandanten konkrete Hausaufgaben aufzugeben, um nicht kurz vor Abgabefrist mit einer großen Datenlücke konfrontiert zu werden.

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