Mit Urteil vom 18.02.2025 (15 K 128/21 U) hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die Lieferung von Mieterstrom keine unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung, sondern eine selbstständige Hauptleistung darstellt. Daraus folgt, dass der Vermieter bei Anschaffung einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Darum ging es im Streitfall
Der Kläger ist Eigentümer eines umsatzsteuerfrei vermieteten Mehrfamilienhauses und liefert seinen Mietern Strom, den er über die Betriebskosten abrechnet. Auf dem Mehrfamilienhaus installierte der Kläger eine PV-Anlage. Im Rahmen einer Förderung der Kreditanstalt für Wiederaufbau hatte sich das Kläger dazu verpflichtet, 50 % der Stromlieferungen innerhalb des Mietobjekts abzunehmen. Soweit der durch die PV-Anlage produzierte Strom nicht ausreichte, gewährleistete der Kläger die Stromversorgung durch den Bezug und die Weiterlieferung externen Stroms.
Aus der Anschaffung der PV-Anlage machte der Kläger einen Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt gelangte demgegenüber im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu dem Ergebnis, dass die beiden Leistungen Vermietung und Stromlieferung so eng zusammenhingen, dass die Stromlieferung als Nebenleistung umsatzsteuerrechtlich das Schicksal der Hauptleistung (Vermietung) teile. Da die Wohnungen umsatzsteuerfrei vermietet würden, sei der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der PV-Anlage insoweit – also um 50 % – ausgeschlossen.
Das Urteil des Finanzgerichts
Das FG Münster hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben. Die PV-Anlage werde vollumfänglich für steuerpflichtige Ausgangsumsätze des Klägers verwendet. Die Stromlieferungen des Klägers an seine Mieter würden keine unselbstständigen Nebenleistungen zu den nach § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG umsatzsteuerfreien Vermietungsleistungen, sondern selbstständige Hauptleistungen in Form von Lieferungen darstellen. Dies gelte sowohl für den vom Kläger mit der PV-Anlage eigenproduzierten als auch für den von externen Stromanbietern bezogenen Strom.
Eine einheitliche Leistung liegt nur vor, wenn mehrere Einzelleistungen untrennbar wirtschaftlich verbunden sind. Entscheidend sei, ob der Mieter über die Wahlfreiheit hinsichtlich des Strombezugs und dessen Umfang verfügt. Der Bundesfinanzhof hatte bereits mit Urteilen vom 11.11.2015 (V R 37/14) und vom 17.07.2024 (XI R 8/21) klargestellt, dass Leistungen wie Wasser- oder Stromlieferungen, über deren Verbrauch der Mieter entscheiden kann, als eigenständige Leistungen anzusehen sind.
Im Streitfall hatten die Mieter nachweislich die Möglichkeit, ihren Stromanbieter frei zu wählen. Zudem existiert ein gesetzliches Koppelungsverbot von Miet- und Energieversorgungsverträgen nach § 42a Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes. Auch die individuelle Verbrauchserfassung mittels Stromzählern spricht für eine eigenständige Leistung.