Grundstücke grundsätzlich nicht steuerbefreit
Das ErbStG unterscheidet im Wesentlichen zwischen der Übertragung von Privatvermögen und Betriebsvermögen. Dabei sind insbesondere Steuerbefreiungen für operatives Betriebsvermögen vorgesehen. Werden Grundstücke im Privatvermögen gehalten, greift nur eine vollständige Steuerbefreiung, sofern die Voraussetzungen des selbstgenutzten Familienheims erfüllt werden, oder eine Steuerbefreiung von 10%, bei Erfüllung der Voraussetzungen für zu Wohnzwecken vermieteten Grundstücken. Werden Grundstücke im Betriebsvermögen gehalten, kann eine Steuerbefreiung nur erreicht werden, sofern sog. „begünstigungsfähiges Betriebsvermögen“ bzw. „begünstigtes Betriebsvermögen“ vorliegt.
Zum „begünstigungsfähigen Betriebsvermögen“ gehören im Inland gelegenes Land- und fortwirtschaftliches Vermögen, inländisches Betriebsvermögen sowie Anteile an Kapitalgesellschaften, sofern diese im Inland belegen sind und der Schenker oder Erblasser zu mindestens 25% beteiligt ist.
Wenn das übertragene Unternehmensvermögen dem Grunde nach begünstigungsfähig ist, stellt sich in einem nächsten Schritt die Frage, ob auch „begünstigtes Betriebsvermögen“ vorliegt. Dies ist der Fall, wenn der Wert des Verwaltungsvermögens weniger als 90% des gesamten Betriebsvermögens ausmacht.
Welche Wirtschaftsgüter als Verwaltungsvermögen gelten, wird abschließend in § 13b Abs. 4 ErbStG aufgeführt. Hierunter fallen auch Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke.
Sonderfall: Wohnungsunternehmen
Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke zählen nach § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG jedoch dann nicht zum Verwaltungsvermögen, sofern
- die überlassenen Grundstücke zum Betriebsvermögen gehören,
- der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von Wohnungen besteht und
- dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) erfordert.
Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs bereitet in der Praxis besondere Schwierigkeiten. Grundsätzlich ist hierfür eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit notwendig, die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Wann dies genau erreicht ist, wird unterschiedlich beurteilt.
Aus Sicht der Finanzverwaltung deuten der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros, die Buchführung zur Gewinnermittlung, eine umfangreiche Organisationsstruktur, die Bewerbung der Tätigkeit und das Anbieten der Dienstleistung bzw. Produkte ggü. der Öffentlichkeit auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hin. Zudem sollte ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb regelmäßig anzunehmen sein, wenn das Unternehmen mehr als 300 eigene Wohnungen hält (R E 13b.17 Abs. 3 ErbStR).
Die Rechtsprechung vertritt hier eine zu der Finanzverwaltung abweichende Ansicht. Entsprechend ist nach dem BFH dann von einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auszugehen, wenn wegen eines besonders schnellen Wechsels der Mieter bzw. Benutzer der Räume eine Unternehmensorganisation erforderlich ist oder wenn der Vermieter bestimmte ins Gewicht fallende und bei der Vermietung von Räumen nicht übliche Sonderleistungen erbringt. Sonderleistungen in diesem Sinne sind beispielsweise die Ausstattung der Räume in einer mit dem Mieter vereinbarten Weise, die Reinigung der vermieteten Wohnungen, die Überlassung von Bettwäsche sowie deren monatliche Auswechselung, die Bereithaltung eines Aufenthaltsraums mit Fernsehapparat oder eines Krankenzimmers oder die Bestellung eines Hausmeisters. Auf die Zahl der vermieteten Wohnungen kommt es nicht an (Urteil vom 24.10.2017 – II R 44/15). Die Finanzverwaltung hat diese Grundsätze durch einen Nichtanwendungserlass abgelehnt (Oberste Finanzbehörden der Länder vom 23.04.2018 – S 3821, BStBl. I 2018 S. 692).
Sachverhalt
In dem zugrunde liegenden FG Urteil wurden im Wege der vorweggenommenen Erbfolge Anteile an einer KG verschenkt, die einen umfangreichen Grundbesitz im Gesamthandsvermögen hielt. Die KG erbrachte neben der Vermietung weitere optionale Zusatzleistungen wie Stromhandel, Mediendienstleistungen, Hausmeister- und Handwerkerleistungen sowie Reinigungsleistungen. Das Geschäftsmodell der KG war auf sozial schwache Personen, Studenten und ältere Menschen ausgerichtet. Ertragsteuerlich wurden die Einkünfte der KG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) behandelt.
Nach Abgabe der Feststellungserklärung durch die KG ordnete das Finanzamt die vermieteten Grundstücke der KG vollständig dem Verwaltungsvermögen zu. Die Bejahung der Voraussetzungen des § 15 EStG lasse nicht darauf schließen, dass auch die Merkmale des weiter gefassten, eigenständigen § 14 AO erfüllt seien. Vielmehr sei entscheidend, dass die Tätigkeit als solche über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehe. Die von der KG neben der Vermietung erbrachten Leistungen würden keine Sonderleistungen darstellen und auch der Wechsel der Mieter führe nicht zur Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes. Zudem sei die 300-Objekte-Grenze seitens der Finanzverwaltung unterschritten.
Ansicht des FG Münster
Das FG Münster hat das Ergebnis des Finanzamts bestätigt. Das FG betonte, dass die Rückausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d) ErbStG eng auszulegen sei. Das Anbieten weiterer, optionaler Zusatzleistungen neben der Vermietungstätigkeit reiche für sich allein nicht aus, um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb annehmen zu können. Es komme allein auf die Vermietungstätigkeit als solche an. Der Gesetzgeber habe nicht auf die Gewerblichkeit der gesamten Tätigkeit abgestellt, sondern darauf, ob der Hauptzweck des Unternehmens in der Vermietung von Wohnungen besteht. Da allein die Art und Weise der Vermietungstätigkeit maßgeblich sei, können nur solche Leistungen in die Betrachtung mit einbezogen werden, die die Mieter im Rahmen der Wohnungsvermietung verpflichtend in Anspruch nehmen bzw. jedenfalls bezahlen müssen.
Erst wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Vermögensnutzung hinter der Bereitstellung einer einheitlichen gewerblichen Organisation zurücktrete, sei eine gewerbliche Vermietungstätigkeit anzunehmen. Hier würde die Nutzungsüberlassung der Wohnung den wesentlichen Geschäftskern darstellen. Die anderen Tätigkeitsfelder würden zwar daran anknüpfen und eine dienende Funktion aufweisen, allerdings nicht im Vordergrund stehen.
Basierend auf den Grundsätzen des BFH wurde das Vorliegen etwaiger Sonderleistungen und einer Unternehmensorganisation geprüft und abgelehnt. Es wurde auch darauf hingewiesen, dass es auf die Zahl der vermieteten Wohnungen nicht ankommen würde. Gegen das Urteil wurde beim BFH Revision eingelegt (Az.: II R 39/24).
Einordnung und Ausblick
Das Urteil des FG Münster bewegt sich auf einer Linie mit der Rechtsprechung des BFH.
Sollte die Zahl der vermieteten Wohnungen tatsächlich keine Rolle spielen, stellt sich jedoch die Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des BFH in der Praxis zu erreichen sind. Im zugrunde liegenden Fall erbrachte die KG neben der Vermietung weitere umfangreiche gewerbliche Dienstleistungen. Obwohl die Vermietungstätigkeit mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden war, sah das FG Münster hierin noch keine besonderen Umstände für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Damit bleibt es bei einer vom Einzelfall abhängigen Abwägungsentscheidung, die Raum für abweichende Auffassungen bietet. Da konkrete Abgrenzungskriterien fehlen, besteht bei betroffenen Wohnungsunternehmen nach wie vor Unsicherheit.
Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob der BFH im Rahmen des Revisionsverfahrens seine vorherigen Grundsätze wiederholen oder neue Grundsätze aufstellen wird. Zudem besteht die Vermutung, dass die Finanzverwaltung nicht ein zweites Mal die Grundsätze des BFH durch einen Nichtanwendungserlass ablehnen wird. Ob die 300-Objekte-Grenze bestehen bleibt, ist somit ebenfalls fraglich. Dies wird auch von der anstehenden Bundestagswahl am 23.02.2025 abhängig sein. So hat bereits der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Andreas Audretsch, die Regelung zur erbschaftsteuerlichen Verschonung des Erwerbs von mehr als 300 Wohnungen als „ungerecht“ bezeichnet. Lediglich das selbstbewohnte Familienheim soll weiterhin steuerbefreit bleiben.
Zusammenfassend ist für ein Wohnungsunternehmen zunächst unbedingt steuerrechtlicher Rat einzuholen, um die von der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung hierfür genannten Voraussetzungen so weit wie möglich zu erfüllen. Zudem sollte vor Übertragung der Anteile an einem Wohnungsunternehmen unbedingt eine verbindliche Auskunft beim Finanzamt eingeholt werden, um vollständige Rechtssicherheit zu erlangen.