Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 ArbZG ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Und § 4 ArbZG regelt die Ruhepausen wie folgt:
„Die Arbeit ist durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.“
Pausen i.S.d. § 4 ArbZG sind im Voraus feststehende Unterbrechungen der Arbeit, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat und frei über die Nutzung des Zeitraums bestimmen kann. Sie sind grds. eine Unterbrechung der Arbeit und zählen daher – außer im Fall des § 2 Abs. 1 Satz 2 ArbZG (Bergbau unter Tage) – nicht zur Arbeitszeit i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG (vgl. BAG vom 11.12.2019 – 5 AZR 579/18).
Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzrechts ≠ Vergütungspflicht
Beim Thema Arbeitszeit ist zunächst stets danach zu unterscheiden, über welchen Aspekt genau diskutiert wird: Denn die Qualifikation einer bestimmten Zeitspanne als Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzrechts führt nicht zwingend zu ihrer Vergütungspflicht, wie auch umgekehrt die Herausnahme bestimmter Zeiten aus der Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzrechts nicht deren Vergütungspflicht ausschließen muss (vgl. etwa BAG vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17).
Und das ArbZG befasst sich ganz überwiegend nur mit der Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzrechts und nur in wenigen Ausnahmefällen mit der Vergütungspflicht. Gleiches gilt für Sonderregelungen (wie etwa im JArbSchG). Das BAG hat in seinem Urteil vom 21.08.2024 darauf hingewiesen, dass auch die Arbeitszeit-Richtlinie die Art und Weise der Vergütung von Arbeitszeit nicht regelt, sondern den einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts überlässt (vgl. auch EuGH vom 09.03.2021 – C-580/19).
Von einigen Ausnahmen (vgl. etwa im Bergbau unter Tage laut BAG vom 11.12.2019 – 5 AZR 579/18) und etwaigen individuellen oder tariflichen Vereinbarungen abgesehen, kommt eine Vergütungspflicht für Pausen also nur in Betracht, wenn man eine nicht wirksame Gewährung von Pausen mit der Folge annimmt, dass es sich bei der Zeit in Wahrheit um Arbeitszeit i.S.d. Arbeitsschutzrechts handelt, und daneben auch eine Vergütungspflicht der Zeit bejaht.
„im Voraus feststehend“ i.S.v. § 4 ArbZG
In seinem Urteil vom 21.08.2024 hat sich das BAG dazu auch zu der in § 4 Satz 1 ArbZG enthaltenen Anforderung geäußert, dass die Pause „im Voraus feststehen“ muss:
„Verlangen betriebliche Erfordernisse eine flexible Festlegung der Pausen, ist der in § 4 Satz 1 ArbZG vorgesehenen Anforderung des ‚im Voraus feststehend‘ auch dann genügt, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls zu Beginn der Pause weiß, dass und wie lange er nunmehr zum Zwecke der Erholung Pause hat und frei über die Nutzung dieses Zeitraums verfügen kann.“
Es ist insoweit also nicht zwingend erforderlich, dass dem Arbeitnehmer Beginn und Dauer der Ruhepause bereits zu Beginn der täglichen Arbeitszeit oder noch früher mitgeteilt werden.
Das BAG sieht es zudem auch nicht für erforderlich an, dass zu Beginn der täglichen Arbeitszeit zumindest ein bestimmter zeitlicher Rahmen feststeht, innerhalb dessen der Arbeitnehmer – ggf. in Absprache mit anderen Arbeitnehmern – seine Ruhepause in Anspruch nehmen kann. Dieser Rahmen werde weder im Gesetz (vgl. aber in § 11 Abs. 2 Satz 1 JArbSchG für Jugendliche) noch in der Gesetzesbegründung näher zeitlich fixiert und könne durch die Rspr. auch nicht willkürfrei näher konkretisiert werden. Für eine Konkretisierung bestehe auch kein Bedürfnis, weil sich der Rahmen letztlich aus dem Erfordernis ergäbe, innerhalb von sechs bzw. neun Stunden die Pausenzeit festzulegen. Das BAG stellt insoweit aber klar, dass der Zweck der Ruhepause (insb. Erholung, Regeneration und Nahrungsaufnahme) in der Regel verlangt, die Pause nicht direkt an den Anfang oder kurz vor das Ende der Arbeitszeit des Arbeitnehmers zu legen.
Europarechtlich: Ruhezeit
In seinem Urteil vom 21.08.2024 weist das BAG auch darauf hin, dass das ArbZG unionsrechtskonform auszulegen ist und verweist insoweit auf die Rspr. des EuGH. Insoweit sind also auch die nationalen Regelungen zur Pause, wie etwa nach § 4 ArbZG, im Lichte der Vorgaben des Europarechts zu verstehen und anzuwenden:
Europarechtlich ist Arbeitszeit jede Zeitspanne, während der ein Arbeitnehmer gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeitet, dem Arbeitgeber zur Verfügung steht und seine Tätigkeit ausübt oder Aufgaben wahrnimmt (Art. 2 Nr. 1 Arbeitszeit-Richtlinie). Demgegenüber ist Ruhezeit jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit (Art. 2 Nr. 2 Arbeitszeit-Richtlinie). Europarechtlich liegt entweder Arbeitszeit oder aber Ruhezeit vor; beide Begriffe schließen einander aus. Die Arbeitszeit-Richtlinie sieht keine Zwischenkategorie vor.
Unter den Begriff Arbeitszeit i.S.d. Arbeitszeit-Richtlinie fallen solche Zeitspannen, während deren dem Arbeitnehmer Einschränkungen von solcher Art auferlegt werden, dass sie seine Möglichkeit, die Zeit frei zu gestalten und sich seinen eigenen Interessen zu widmen, objektiv gesehen ganz erheblich beeinträchtigen (vgl. EuGH vom 11.11.2021 – C-214/20; EuGH vom 09.09.2021 – C-107/19). Erreichen die Einschränkungen keinen solchen Intensitätsgrad und erlauben diese es dem Arbeitnehmer, über seine Zeit zu verfügen und sich ohne größere Einschränkungen seinen eigenen Interessen zu widmen, liegt keine Arbeitszeit für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie, sondern Ruhezeit vor.
Weisungsrecht und Mitbestimmung bei Festlegung der Pausenzeiten
In dem vorstehend dargestellten Rahmen kann der Arbeitgeber die Pausenzeiten entsprechend den betrieblichen Interessen festlegen, soweit nicht durch Betriebsvereinbarung etwas anderes bestimmt ist.
Die konkrete Ausübung der Pausenanordnung unterliegt nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB aber der Billigkeitskontrolle (Abwägung der gegenseitigen Interessen unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls).
Des Weiteren hat der Arbeitgeber bei der Festlegung der Pausenzeiten das nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG bestehende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats zu beachten. Das Mitbestimmungsrecht umfasst dabei auch die Festlegung von unbezahlten Ruhepausen, die über die in § 4 Satz 1 ArbZG bestimmte Dauer hinausgehen (BAG vom 25.02.2015 – 5 AZR 886/12; BAG vom 25.02.2015 – 1 AZR 642/13).
Fazit
Das BAG stellt in seinem Urteil vom 21.08.2024 klar, welche „Spielregeln“ bei der Gewährung von Pausen gelten.
Insbesondere kann es für die Anforderung „im Voraus feststehend“ auch genügen, wenn der Arbeitnehmer jedenfalls zu Beginn der Pause weiß, dass und wie lange er nunmehr zum Zwecke der Erholung Pause hat und frei über die Nutzung dieses Zeitraums verfügen kann. Damit bestätigt der 5. Senat das schon etwas ältere Urteil des 9. Senats vom 13.10.2009 (9 AZR 139/08). In der Instanzrechtsprechung und in der Literatur wurde das vereinzelt anders gesehen. Der 5. Senat selbst hatte die Frage zwischenzeitlich im Urteil vom 25.02.2015 (5 AZR 886/12) mangels Entscheidungserheblichkeit für „spontan“ gewährte Ruhepausen offengelassen.
Es bleibt auch dabei, dass ein Arbeitgeber arbeitsfreie Zeiten (z.B. aufgrund Betriebsunterbrechung) nicht nachträglich in Ruhepausen „umwidmen“ kann (so BAG vom 13.10.2009 – 9 AZR 139/08).