Ein kurzer Blick zurück: „JStG II 2024“ und Wachstumsinitiative
Nachdem der Entwurf für das „JStG 2024“ bereits seit einigen Monaten vorliegt, überraschte das BMF Mitte Juli mit dem RefE für ein weiteres Steuergesetz vom 12.07.2024 – dem Zweiten Jahressteuergesetz 2024 („JStG II 2024“). Dabei sollten die meisten der in dem RefE vorgesehenen Maßnahmen die Stpfl. durch die Anpassung des Steuertarifs, die Anhebung von Freibeträgen und andere Leistungen (wie des Kindergelds) entlasten, indem sie insb. die Effekte der kalten Progression mindern. Zudem sah der Entwurf die Einführung einer Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen vor, womit ein (weiterer) erheblicher Aufwand für die Stpfl./Berater und die Finanzverwaltung verbunden sein dürfte. Nahezu zeitgleich wurde mit Datum vom 05.07.2024 die sog. Wachstumsinitiative als umfassendes Maßnahmenpaket veröffentlicht, auf welches sich die Bundesregierung verständigt hatte. Dieses Paket wird nach Aussage der Bundesregierung der deutschen Wirtschaft umgehend Impulse für mehr wirtschaftliche Dynamik geben, so die Begründung. Vor allem aber wird die Bundesregierung mit den beschlossenen Maßnahmen das langfristige Wachstumspotenzial der deutschen Volkswirtschaft substanziell erhöhen und so den Wirtschaftsstandort Deutschland und dessen Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig stärken. Die Bundesregierung möchte die in diesem Paket enthaltenen Maßnahmen schnell umsetzen, heißt es weiter. Soweit es neuer Gesetze oder weiterer gesetzlicher Anpassungen bedarf, sollen die entsprechenden Regelungsvorschläge gemeinsam mit dem Haushaltsgesetz oder später im zweiten Halbjahr 2024 im Kabinett beschlossen werden. Dafür bittet die Bundesregierung bereits jetzt den Deutschen Bundestag und den Bundesrat, die Regelungen zeitnah und nach Möglichkeit zeitgleich mit dem Haushaltsgesetz zu beschließen, um eine schnelle Wirksamkeit der avisierten Maßnahmen zu gewährleisten.
Kernpunkte des RegE für ein Steuerfortentwicklungsgesetz
Inhaltlich sind nachfolgende steuerlichen Regelungen bzw. Regelungsbereiche des Steuerfortentwicklungsgesetzes („SteFeG“) hervorzuheben: Wesentliches Element des Gesetzesentwurfs ist die Anpassung des ESt-Tarifs. Vorgesehen ist die Anhebung des Grundfreibetrags um 300 € auf 12.084 € in 2025 und ab 2026 um weitere 252 € auf dann 12.336 € sowie die Anhebung des Kinderfreibetrags für den Vz. 2025 um 60 € auf 6.672 € und ab dem Vz. 2026 um 156 € auf 6.828 €. Zudem sollen der ESt-Tarif (mit Ausnahme des Eckwerts der „Reichensteuer“) angepasst sowie die Freigrenzen beim SolZ angehoben werden.
Des Weiteren sollen, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen, die Steuerklassen III und V in das sog. Faktorverfahren überführt werden. Diese Änderungen sollen zum 01.01.2030 greifen. Mit dem Faktorverfahren soll die LSt-Belastung gerechter unter Eheleuten bzw. Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern verteilt werden. Zudem sieht der Entwurf die Einführung einer Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen unter engen Voraussetzungen (vgl. Liebernickel/Stiewe, DB Steuerboard vom 22.07.2024) und eine Anpassung bei den Regelungen zur Gemeinnützigkeit vor. Geplant ist hier, dass steuerbegünstigte Organisationen sich außerhalb ihres Zweckes gelegentlich zu tagespolitischen Ereignissen äußern dürfen, ohne hierdurch ihre Steuerbegünstigung zu verlieren. Dadurch soll wichtiges demokratisches Engagement von gemeinnützigen Körperschaften unterstützt und gefördert werden. Außerdem soll eine Regelung zu Photovoltaikanlagen für gemeinnützige Organisationen eingeführt werden (zu den Einzelheiten vgl. Hüttemann/Schauhoff, DB 2024 S. 1982).
Als Maßnahme aus der Wachstumsinitiative wurde über das „JStG II 2024“ hinaus in den Entwurf die Reform der Sammelabschreibungen übernommen. Hier ist vorgesehen, dass der Einstieg in die Gruppen- bzw. Pool-Abschreibung auf 5.000 € angehoben wird. Damit soll ein einfaches, bürokratiearmes und digitalisierungstaugliches Abschreibungsinstrument zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren soll die degressive Abschreibung (§ 7 Abs. 2 EStG) fortgesetzt werden. Sie soll auch für 2025 bis 2028 angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gelten. Zudem soll der maximale Abschreibungssatz auf das Zweieinhalbfache des linearen Abschreibungssatzes, jedoch höchstens 25% angehoben werden. Zudem wird eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung angestrebt. Hier soll der Bemessungsgrundlagenhöchstbetrag für nach dem 31.12.2024 entstandene förderfähige Aufwendungen auf 12 Mio. € für die Forschungszulage angehoben werden.
Zudem soll, wie bereits vorgeschlagen, auch das Kindergeld angehoben werden. So soll dieses ab Januar 2025 monatlich 255 € (bislang 250 €) betragen und dann ab Januar 2026 nochmals auf dann 259 € angehoben werden. Auch der Sofortzuschlag im SGB II, SGB XII, SGB XIV, AsylbLG und BKGG soll ab Januar 2025 um 5 € auf 25 € monatlich angehoben werden. Dadurch sollen für Kinder und Jugendliche die Chancen zur gesellschaftlichen Teilhabe, zur Teilnahme an Bildung und am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt verbessert werden.
Weitere vorgesehene Maßnahmen sind die Steuerbefreiung der Stiftung Generationenkapital, die Digitalisierung der Sterbefallanzeigen sowie weitere Anpassungen aufgrund der Rspr. des EuGH zur Gewährung von Kindergeld und von Freibeträgen für Kinder an Unionsbürger.
Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums im Jahr 2024
Daneben hat das Bundeskabinett das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 beschlossen. Damit soll sichergestellt werden, dass dieses auch 2024 steuerfrei bleibt.
Fazit
Mit diesen Gesetzen möchte die Bundesregierung Maßnahmen auf den Weg bringen, um inflationsbedingte Mehrbelastungen zu vermeiden und Investitionsbedingungen zu verbessern. Zudem soll die LSt-Belastung gerechter verteilt werden. Nach Aussage von Bundesfinanzminister Christian Lindner wird so die arbeitende Bevölkerung auch in den kommenden beiden Jahren vor schleichenden Steuererhöhungen bewahrt. Gleichzeitig wird der Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag, zunächst rückwirkend für 2024 und dann auch für 2025 und 2026, erhöht. „Solange wir für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler noch keinen Automatismus – keinen „Tarif auf Rädern“ – haben, müssen regelmäßig die Gesetze angepasst werden. Insgesamt werden wir Menschen und Betriebe um 30 Mrd. € entlasten. Gleichzeitig setzen wir erste Maßnahmen unserer Wachstumsinitiative um, damit der Standort Deutschland wieder attraktiver wird“, so Lindner. Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt abzuwarten.