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25.07.2024

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KI im Betrieb – Datenschutz und Mitbestimmung

Die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen bietet zahlreiche Chancen, bringt jedoch auch erhebliche Herausforderungen mit sich. Insbesondere an der Schnittstelle von Datenschutz und Betriebsverfassungsrecht ergeben sich komplexe Fragestellungen, die hier praxisnah beleuchtet werden sollen.

KI im Betrieb – Datenschutz und Mitbestimmung

Dr. Thomas Wolf
ist Partner und Leiter Arbeitsrecht bei KPMG Law in Berlin.

Dr. Jyn Schultze-Melling, LL.M. CIPP/E
ist Partner im Technologierecht bei KPMG Law in Berlin.

Aktuelle Entwicklungen im Bereich KI und Arbeitsrecht

Mit der KI-Verordnung (AI Act) hat sich die EU einen umfassenden Rechtsrahmen für den Einsatz von KI gegeben, deren Regelungen voraussichtlich schrittweise ab 2025 in Kraft treten werden. Für Unternehmen ergeben sich daraus neue Pflichten. Gleichzeitig beginnen sich auch die Gerichte mit dem Thema zu beschäftigen. So hat das Arbeitsgericht Hamburg in einer aktuellen Entscheidung vom 16.01.2024 (24 BVGa 1/24) die Grenzen der Mitbestimmung bei der Nutzung von KI-Tools wie ChatGPT aufgezeigt. Demnach besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, wenn Beschäftigte KI-Anwendungen freiwillig über private Accounts nutzen. Diese Entscheidung verdeutlicht die Notwendigkeit, den Einsatz von KI im Betrieb klar zu regeln.

Datenschutzrechtliche Anforderungen beim KI-Einsatz

Der Einsatz von KI-Systemen im Unternehmen muss stets im Einklang mit den Vorgaben der DSGVO erfolgen. Besondere Bedeutung kommt dabei folgenden Aspekten zu:

  • Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung: Für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch KI-Systeme muss eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO vorliegen.
  • Transparenz und Informationspflichten: Beschäftigte müssen gemäß Art. 13, 14 DSGVO umfassend über den Einsatz von KI-Systemen informiert werden.
  • Datenschutz-Folgenabschätzung: Bei vielen KI-Anwendungen im HR-Bereich ist aufgrund des hohen Risikos für die Rechte und Freiheiten der Beschäftigten eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DSGVO durchzuführen.
  • Datenminimierung und Zweckbindung: KI-Systeme dürfen nur die für den jeweiligen Zweck erforderlichen Daten verarbeiten.
  • Technisch-organisatorische Maßnahmen: Zum Schutz der Daten sind angemessene Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, etwa Pseudonymisierung oder Verschlüsselung.

Betriebsverfassungsrechtliche Anforderungen bei KI

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht verschiedene Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei Planung und Einsatz von KI vor:

  • Unterrichtungsrecht (§ 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG): Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat rechtzeitig über die Planung von KI-Systemen informieren.
  • Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG): Soweit KI-Systeme zur Überwachung von Verhalten oder Leistung der Arbeitnehmer geeignet sind, besteht ein Mitbestimmungsrecht.
  • Mitbestimmung bei Personalauswahlrichtlinien (§ 95 Abs. 2a BetrVG): Bei KI-gestützten Auswahlverfahren hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.
  • Hinzuziehung von Sachverständigen (§ 80 Abs. 3 BetrVG): Beim Einsatz von KI wird die Hinzuziehung von Sachverständigen durch den Betriebsrat als erforderlich angesehen.

Praxisbeispiel: KI-gestützte Personalauswahl

Ein führendes Technologieunternehmen hat kürzlich ein KI-gestütztes Recruitingtool eingeführt, das Bewerbungen analysiert, Kandidaten bewertet und Empfehlungen für die Personalauswahl gibt. Als Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung wurde auf Grundlage einer sorgfältigen Interessenabwägung das berechtigte Interesse des Unternehmens herangezogen. Zur Wahrung des Transparenzgebots wurden alle Stellenausschreibungen mit einem deutlichen Hinweis auf den KI-Einsatz versehen und eine detaillierte Datenschutzerklärung erstellt, die den Bewerbern die Funktionsweise des Systems, die Art der verarbeiteten Daten und mögliche Auswirkungen erläutert. Eine umfassende Datenschutz-Folgenabschätzung identifizierte potenzielle Risiken und führte zur Implementierung zusätzlicher Schutzmaßnahmen. Bei der Einbindung des Betriebsrats wurde, da das Tool als technische Einrichtung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle eingestuft wurde und zudem Auswahlkriterien anwendet, das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 und § 95 BetrVG berücksichtigt. Ein externer Sachverständiger wurde hinzugezogen, um die technischen Aspekte des Systems zu bewerten. Die auf der Grundlage abgeschlossene Betriebsvereinbarung regelt die genauen Einsatzbedingungen des Systems, legt Kriterien und deren Gewichtung fest und garantiert eine menschliche Letztentscheidung bei allen Personalentscheidungen. Es wurden regelmäßige Audit-Verfahren und Schulungen für die HR-Mitarbeiter implementiert. Die Einführung des KI-Systems hat zu einer signifikanten Effizienzsteigerung im Recruitingprozess geführt, wobei gleichzeitig die rechtlichen und ethischen Anforderungen gewahrt wurden.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Um die Potenziale dieser Technologie zu nutzen und gleichzeitig rechtliche und ethische Standards zu wahren, sollten Unternehmen einen strukturierten Ansatz für die Integration von KI entwickeln. Die Umsetzung der folgenden 10 Maßnahmen kann dies erleichtern:

  1. KI-Strategie entwickeln: Definieren Sie klare Ziele und Einsatzbereiche für KI im Unternehmen.
  2. Rechtsrahmen beachten: Neben DSGVO und BetrVG sollten Sie auch heute schon die in absehbarer Zeit in Kraft tretende EU-KI-Verordnung im Blick haben.
  3. Risikobewertung durchführen: Identifizieren Sie potenzielle Risiken des KI-Einsatzes für die Beschäftigten.
  4. Betriebsrat frühzeitig einbinden: Informieren und beteiligen Sie den Betriebsrat von Beginn der Planung an.
  5. Transparenz schaffen: Klären Sie Beschäftigte und ggf. Dritte umfassend über den KI-Einsatz auf.
  6. Datenschutzkonzept erstellen: Entwickeln Sie ein umfassendes Datenschutzkonzept für KI-Anwendungen.
  7. Betriebsvereinbarungen abschließen: Regeln Sie mit dem Betriebsrat klare Grenzen und verbindliche Kontrollmechanismen und definieren Sie Prozesse für die regelmäßige Überprüfung und Anpassung dieser Vereinbarungen.
  8. Schulungen durchführen: Sensibilisieren Sie Führungskräfte und Mitarbeiter für den Umgang mit KI unter Berücksichtigung technischer, rechtlicher und ethischer Aspekte.
  9. Regelmäßige Überprüfungen einplanen: Evaluieren Sie KI-Systeme fortlaufend auf Rechtskonformität und Fairness.
  10. Dokumentation sicherstellen: Führen Sie ein detailliertes Verzeichnis aller KI-Anwendungen im Unternehmen.

Fazit und Ausblick

Der Einsatz von KI im Betrieb erfordert eine sorgfältige Abwägung zwischen den Effizienzvorteilen für Unternehmen und dem Schutz der Beschäftigten. Durch die Beachtung datenschutzrechtlicher und betriebsverfassungsrechtlicher Vorgaben kann KI rechtskonform und vertrauensvoll implementiert werden. Gelingt dies, kann KI zu einem wertvollen Instrument der digitalen Transformation in Unternehmen werden.

Weitere Autoreninformationen:


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