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17.07.2024

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BFH bestätigt erneut: Carried Interest ist Teil einer steuerlich anzuerkennenden Gewinnverteilungsabrede

Der BFH hat in einem druckfrischen Urteil vom 16.04.2024 (VIII R 3/21) erneut bestätigt, dass kapital-disproportionale Gewinnverteilungsabreden bei Personengesellschaften steuerlich anzuerkennen sind, und führt somit seine Rechtsprechung konsequent fort. Gesellschaftsverträge von Private-Equity-Fonds sehen solche kapital-disproportionale Gewinnverteilungsabreden regelmäßig in Form des Carried Interest vor. Mit seinem neuen Urteil bestätigt der BFH die Auffassung der durch die Kanzlei der Autoren vertretenen Revisionsbeklagten sowie die herrschende Meinung im Schrifttum, wonach der Carried Interest für Anleger vermögensverwaltender Private-Equity-Fonds nicht als Werbungskosten zu qualifizieren ist. Aus dem Urteil lassen sich aber auch weitere Schlüsse, insbesondere für gewerbliche Fonds, ziehen.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

StB Peter Peschke
ist Partner bei POELLATH in München

StB/FBIStR Dipl-Fw. (FH) Raphael Baumgartner, M.A. (Taxation),
ist Counsel bei POELLATH in München

I. Hintergrund

Kapital-disproportionale Gewinnverteilungsabreden werden von der Finanzverwaltung seit jeher kritisch gesehen. Für den Bereich der Kapitalgesellschaften hat die Verwaltung nach zahlreichen Klageverfahren eingelenkt und erkennt kapital-disproportionale Ausschüttungen unter bestimmten Voraussetzungen an (vgl. BMF-Schreiben vom 17.12.2013).

Auch bei Personengesellschaften erkennt die Finanzverwaltung kapital-disproportionale Gewinnverteilungsabreden im Grundsatz an, wie sich beispielsweise aus den Einkommensteuerrichtlinien zu § 21 EStG zeigt. Der Carried Interest wird von der Finanzverwaltung hingegen seit mehr als 20 Jahren anders behandelt, was schließlich zu mittlerweile zwei Verfahren vor dem BFH führte.

Während der Carried Interest zu Beginn der 2000er Jahre in Deutschland nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen steuerfrei war, behandelte ihn die Finanzverwaltung bereits damals als voll steuerpflichtige Tätigkeitsvergütung und wich insoweit von den steuerlichen Grundsätzen ab. Diese Diskussionen mündeten schließlich in der Einführung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG, der flankiert von 50% bzw. seit dem Jahr 2009 40% Steuerbefreiung zu einer sachgerechten Besteuerung des Carried Interest führt. Gleichzeitig ließ die Finanzverwaltung aber nicht locker und beharrte weiterhin darauf, dass die Gewinnverteilungsabrede nicht anzuerkennen sei und die Investoren den Carried Interest als Tätigkeitsvergütung an die Initiatoren zahlen würden.

Bei gewerblichen Fonds hatte dies zur Folge, dass der Carried Interest beim Empfänger voll steuerpflichtig wäre. Der BFH erteilte dieser Auffassung der Finanzverwaltung aber bereits im Jahr 2018 eine deutliche Absage (vgl. Urteil vom 11.12.2018 – VIII R 11/16).

Bei vermögensverwaltenden Fonds führte die Auffassung der Verwaltung de facto zu einer Doppelbesteuerung des Carried Interest: als Einkünfte aus Kapitalvermögen bei den Investoren und als Carried Interest nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG bei den Initiatoren. Dass diese Sichtweise nicht zutreffend sein konnte, erkannte bereits das FG München, nachdem es einer Klage von Steuerpflichtigen stattgab. Die Finanzverwaltung wollte sich aber noch nicht geschlagen geben und hat Revision eingelegt (VIII R 3/21).

II. Sachverhalt

Gegenstand des BFH-Verfahrens war die Gewinnverteilung eines Private-Equity-Fonds in der Form einer Limited Partnership, der aus deutscher steuerlicher Sicht als vermögensverwaltende Personengesellschaft zu behandeln war.

Komplementär des Fonds war eine weitere Limited Partnership, an der die Initiatoren mittelbar beteiligt waren und dadurch materielle und immaterielle Gesellschafterbeiträge erbringen. Daneben waren diverse in- und ausländische Investoren, die nur materielle Gesellschafterbeiträge in der Form von Kapital erbringen, am Fonds beteiligt.

Die Gewinne des Fonds wurden zunächst allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Kapitalzusagen zugewiesen, bis diese ihre Kapitaleinzahlungen zurückerhalten haben. Von dem danach verbleibenden Gewinn wurde – unter Berücksichtigung einer marktüblichen Vorzugsrendite und eines Catch-ups – ein Betrag von 30 % den Initiatoren über den Komplementär (Carried Interest) und der restliche Gewinn den Investoren im Verhältnis ihrer Kapitalzusagen zugewiesen.

Im Rahmen der Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung wurde der Carried Interest als Teil der Gewinnverteilung behandelt. Für Investoren, die die Beteiligung im steuerlichen Privatvermögen halten, fand das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG somit keine Anwendung.

Die Finanzverwaltung lehnte eine Behandlung des Carried Interest als Gewinnanteil ab und argumentierte, dass der Carried Interest eine Tätigkeitsvergütung der Initiatoren darstelle, die von den Investoren geschuldet sei und im Rahmen eines abgekürzten Zahlungswegs direkt an die Initiatoren gezahlt werden würde. In der Folge behandelte die Finanzverwaltung den Carried Interest als Werbungskosten, die allerdings nur in begrenztem Umfang abziehbar waren.

Der hiergegen erhobenen Klage hat das FG München bereits im November 2020 stattgegeben.

III. Wesentliche Aussagen des BFH

Mit Urteil vom 16.04.2024 hat der VIII. Senat des BFH das Urteil des FG München aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben und an das FG zurückverwiesen. Bereits in der mündlichen Verhandlung ließ der Senat aber klar erkennen, dass er der Argumentation des FG München folgt. Dem folgend enthält das Urteil auch inhaltliche Aussagen zur Behandlung des Carried Interest, die auf einer Linie mit der herrschenden Meinung im Schrifttum sind.

1. Gesellschaftsvertragliche Vereinbarung als Gewinnverteilungsabrede
In einem ersten Schritt habe das FG zu bestätigen, ob es sich bei den Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag um eine Gewinnverteilungsabrede oder eine Tätigkeitsvergütung handelt. Eine Tätigkeitsvereinbarung liege allerdings nur vor, wenn die Vergütung handelsrechtlich als Ausgabe behandelt ist und auch zu zahlen ist, wenn kein Gewinn vorliegt. Da beide Punkte nicht einschlägig sind, sollte das FG seine bisherige Auffassung bestätigen und somit prüfen müssen, ob die Gewinnverteilungsabrede auch steuerlich wirksam ist.

2. Grundsatz: Steuerliche Anerkennung von zivilrechtlich wirksamen Gewinnverteilungsabreden
Das Urteil bestätigt, dass das Steuerrecht eine zivilrechtlich wirksame Gewinnverteilungsabrede grundsätzlich anerkennt. Für eine Durchbrechung dieses Grundsatzes seien außersteuerliche Motive erforderlich, die im konkreten Fall nicht ersichtlich seien. Insbesondere im Falle eines natürlichen Interessengegensatzes, wie es vorliegend der Fall ist, scheinen außersteuerliche Motive ausgeschlossen. Ein weiteres Argument dafür ist, dass der Carried Interest gewährt wird, da die Initiatoren immaterielle Beiträge einbringen und dafür das Recht auf Carried Interest erhalten. Vorliegend sind Motive für die Gewinnverteilungsabrede, die außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses liegen, nicht ersichtlich und die Gewinnverteilungsabrede ist auch für steuerliche Zwecke anzuerkennen.

3. Keine Abweichung durch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO
Der Einwand, dass die Bruchteilsbetrachtung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zu einer anderen Einkommenszurechnung führe, wird vom BFH ebenfalls zu Recht abgelehnt. Die zivilrechtlich wirksam getroffene Gewinnverteilungsabrede, die steuerlich anzuerkennen ist, geht der Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO für die Frage der Einkommenszurechnung vor.

4. Keine Umqualifizierung durch § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG
Schließlich führt nach zutreffender Auffassung des BFH auch die Anwendung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn bereits aus dem Wortlaut der Norm geht hervor, dass der Carried Interest ein Gewinnanteil ist, den die Initiatoren für die Erbringung der immateriellen Gesellschafterbeiträge erhalten. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ordnet lediglich an, dass der Gewinnanteil bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zu erfassen ist. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG wirkt somit nicht auf Ebene des Fonds, sondern erst auf Ebene des Carry-Berechtigten, der am Fonds beteiligt ist. Dies ergibt sich aus dem Normzweck und der systematischen Verordnung. Wie eingangs erwähnt, wurde § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG mit dem Ziel der Besteuerung des Carried Interest eingeführt und ermöglicht zudem eine zutreffende und einfache zeitliche Erfassung des Carried Interest je nach Zufluss. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG rechtfertigt somit nicht die Auffassung der Finanzverwaltung.

IV. Fazit und Ausblick

Insgesamt gibt der BFH zu erkennen, dass er an seiner Rechtsprechung festhält und den Carried Interest als Teil der Gewinnverteilungsabrede steuerlich anerkennt. Eine Umqualifizierung in eine Tätigkeitsvergütung dürfte somit regelmäßig ausscheiden. Anleger vermögensverwaltender Fonds sollten somit aufatmen können, da der Carried Interest die steuerliche Bemessungsgrundlage uneingeschränkt reduzieren sollte. Diese Auffassung muss aber nochmals final durch das FG München bestätigt werden. Das Urteil sollte aber auch für gewerbliche Fonds positiv sein, da der Charakter des Carried Interest als Gewinnanteil und die Grundsätze des Urteils vom 11.12.2018 erneut bestätigt wurden. Somit sollte das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG grundsätzlich anwendbar sein, soweit der Carried Interest aus einem gewerblichen Fonds stammt.

Es bleibt zu hoffen, dass beide Verfahren, die aus verfahrensrechtlichen Gründen an das jeweilige FG zurückverwiesen wurden, zeitnah entschieden werden und die Finanzverwaltung die Rechtsprechung des BFH nunmehr akzeptiert und das Urteil des BFH im BStBl. II veröffentlichen wird.

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