Während der Arbeitszeit schuldet der Arbeitnehmer seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. „Dem Arbeitnehmer ist es nicht erlaubt, während seiner Arbeit ein Fußballspiel zu verfolgen, auch wenn der Fernseher ’nur nebenbei‘ läuft“, warnt Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VdAA). „Hat der Arbeitgeber sich damit nicht ausdrücklich einverstanden erklärt, drohen dem Arbeitnehmer arbeitsrechtliche Konsequenzen“, so der Hamburger Arbeitsrechtler.
Kein Radio, kein Fernsehen während der Arbeitszeit
Das gelte selbst für das Radiohören während der Arbeitszeit. Auch hier dürfe der Chef Vorgaben machen und das Einschalten von Radios untersagen. Wichtig sei aber stets die Betrachtung des Einzelfalls: „Natürlich ist die jeweilige Tätigkeit relevant. Ein Pförtner wird durch das Radiohören bei seiner Tätigkeit vermutlich nicht beeinträchtigt sein. Ganz anders sieht dies bei einem Fluglotsen aus, der seine ungeteilte Aufmerksamkeit auf den Radarschirm richten muss“, so Fuhlrott.
Ob auf einem Internetticker das Spiel verfolgt werden darf, hänge ebenfalls von den betrieblichen Vorgaben ab: Ist die Nutzung des Internets für private Zwecke untersagt, gilt zu Zeiten der EM nichts anderes. Selbst wenn die Nutzung im Grundsatz erlaubt ist, drohen bei exzessivem Surfen Abmahnung oder Kündigung.
Damit es nicht so weit kommt, empfiehlt Fuhlrott eine frühzeitige Abstimmung: „In vielen Fällen wird der Chef in dieser besonderen Situation Verständnis zeigen und es lassen sich gemeinsame Lösungen finden, die sowohl das Fußballschauen ermöglichen als auch die Erbringung der Arbeitsleistung nicht beeinträchtigen“.
Sonderurlaub für EM-Spiele?
Ansprüche auf Sonderurlaub oder ein „Recht auf EM-frei“ kennt das Arbeitsrecht hingegen nicht. „Wer sich den ganzen Tag bereits auf sein Lieblingsspiel vorbereiten möchte, sollte um Urlaub bitten. Selbst wenn das Urlaubskonto schon erschöpft ist, können Überstundenausgleich oder auch ein Tag unbezahlter Sonderurlaub eine Option sein“, so Fuhlrott. Auch hier ist aber eine Abstimmung mit dem Unternehmen notwendig.
Anders kann es bei Gleitzeitmodellen oder Vertrauensarbeit sein: Diejenigen Beschäftigten, die betrieblich vereinbarte Gleitzeitmodelle nutzen können, sind natürlich frei darin, ihre Arbeitszeit dem Spielplan anzupassen.
Im Trikot zur Arbeit: Regelmäßig möglich
„Arbeitnehmer dürfen ihre Fußballbegeisterung auch auf dem Arbeitsplatz nach außen tragen“, so der Arbeitsrechtsexperte. Das Büro darf also im Grundsatz auch mit einer Girlande oder einem Wimpel geschmückt werden, der Arbeitnehmer selbst darf auch im EM-Trikot erscheinen.
Ausnahmen gelten dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund Kundenkontakts oder betrieblicher Sicherheitsregelungen besonderen Vorgaben unterliegt: „In der Bank werden Sie auch während der EM keinen Berater im Trikot sehen. Auch wird kein Mitarbeiter in der Produktion mit einem EM-Schal arbeiten, der bei einer Maschinentätigkeit zu Verletzungen führen kann“, erklärt Fuhlrott. Inwieweit derartige Kleiderregelungen oder Sicherheitsvorgaben während der EM aufgelockert werden können, entscheidet der Arbeitgeber.
Auch hier gilt: Ein klärendes Gespräch mit dem Arbeitgeber im Vorfeld, was erlaubt ist und was nicht, ist regelmäßig hilfreich.
Ein Bier wird ja wohl erlaubt sein …
Wenn aufgrund der Eigenart der Tätigkeit oder aufgrund einer generellen Regelung im Betrieb kein Alkoholverbot gilt, ist auch ein Bier in der Pause zulässig. Wichtig sei aber, dass der Arbeitnehmer nach der Pause wieder komplett einsatzfähig ist.
In seiner Freizeit kann der Arbeitnehmer hingegen so intensiv feiern, wie er möchte. Er muss aber sicherstellen, dass er am nächsten Tag zum Schichtbeginn wieder voll arbeitsfähig ist. Wer hingegen zu spät erscheint oder nach einer ausgelassenen Feier sich am nächsten Tag krankmeldet, riskiert seinen Lohnanspruch: „Das setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer sich selbstverschuldet in den Zustand der Arbeitsunfähigkeit versetzt hat. Wer abends mit Kollegen feiern war, dort mehrere Biere und Schnaps getrunken hat und am besten noch ausgelassene Partyfotos von sich im Netz geteilt hat und sich am nächsten Morgen krankmeldet, darf sich nicht wundern, wenn der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigert“, so Fuhlrott.