04.06.2024

Steuerboard

Keine Angst mehr vorm Lastenaufzug?

Die FG Schleswig-Holstein (28.03.2024 – 1 K 134/22) sowie Düsseldorf (23.11.2023 – 14 K 1037/22) haben entschieden, dass die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wegen eines unschädlichen Nebengeschäfts auch dann in Betracht kommt, wenn in einem Einkaufszentrum ein Lastenaufzug mitvermietet wird. Gegen die beiden erstinstanzlichen Urteile ist mittlerweile die Revision beim BFH anhängig (IV R 9/24 und IV R 31/23). Interessant sind insbesondere die Äußerungen der FG zum unternehmerischen Entscheidungsspielraum bei der Beurteilung unschädlicher Nebengeschäfte sowie zur in der Regel unschädlichen Mitvermietung von fest verbauten Betriebsvorrichtungen.

Nachhaltigkeitsbericht: Die Herausforderung erfolgreich meistern

RAin Dr. Elisabeth Märker
ist Counsel bei POELLATH in Berlin

Gewerbesteuerlicher Hintergrund

Auf Antrag kann ein Immobilienunternehmen statt der einfachen Grundstückskürzung (derzeit 1,2% des Einheitswerts) die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG für Erträge aus der Immobilienverwaltung geltend machen, wenn es im Wesentlichen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt. Seit dem Erhebungszeitraum 2021 sind bestimmte Nebentätigkeiten des Vermieters unschädlich (bestimmte Stromlieferungen/Mietnebenleistungen zwischen 5% und 20%).

Unschädlichkeit eines Lastenaufzugs in einem Einkaufszentrum – FG Schleswig-Holstein vom 28.03.2024

Im Urteilsfall war ein Einkaufszentrum mit einem Lastenaufzug in der Anlieferzone ausgestattet. Dieser wurde in manchen Mietverträgen ausdrücklich als Bestandteil des Mietvertrages aufgeführt; teilweise sahen die Mietverträge nur in Anlagen allgemeine Formulierungen zur Kostentragung vor. Allen Mietern stand die Nutzung offen. Der Aufzug wurde überwiegend (zu 85%) zur Personenbeförderung genutzt.

Unschädliches Nebengeschäft wegen unternehmerischem Entscheidungsspielraum

Nach Ansicht des FG stellt die Mitvermietung des Lastenaufzugs im Urteilsfall ein unschädliches Nebengeschäft dar. Das FG Schleswig-Holstein teilt dabei die Auffassung des FG Düsseldorf (14 K 1037/22), wonach dem Steuerpflichtigen ein begrenzter unternehmerischer Beurteilungsspielraum für die Bewertung zwingend notwendiger Nebengeschäfte zuzugestehen sei. Es solle nicht darauf ankommen, ob die Nebentätigkeit die einzig denkbare oder im Vergleich zu sämtlichen Alternativen die wirtschaftlich sinnvollste Grundstücksnutzung sei. Der Steuerpflichtige müsse vielmehr ungeachtet der drohenden Gefahr durch die Mitvermietung die Möglichkeit haben, seinen Grundbesitz wirtschaftlich sinnvoll am Markt anbieten zu können.

Grundstücke, die sich jeweils in einer für Warenhäuser prädestinierten Lage befinden, können als solche vermietet werden und müssen nicht zu Bürohäusern umfunktioniert werden, nur damit es keine Warenbewegungen in einem Fahrstuhl und damit keinen Lastenfahrstuhl mehr gibt.

Mitvermietung von wesentlichen Bestandteilen als unschädliches Nebengeschäft

Nach der Entscheidung des FG dürfte die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, in der Regel unschädlich sein. Die Verbindung des Lastenaufzugs mit dem Gebäude sei ein starkes Indiz für die zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit. Der Umstand, dass die Einrichtung aufgrund ihrer festen Verbindung mit dem Gebäude nur schwer und unter erheblichem Aufwand entfernt werden kann, führe nach der Entscheidung des FG im Regelfall dazu, dass sie als zwingend notwendig für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung zu qualifizieren sei.

Die (theoretische) Möglichkeit, das Obergeschoss nur einem begrenzten Interessenkreis von Dienstleistern anzudienen oder den wiederkehrenden Bedarf an Infrastruktur durch hinzugezogene externe Möglichkeiten (z.B. Hebekräne) zu decken oder den Transport der benannten Güter über die Treppen oder den Personenaufzug abzuwickeln, erachtete das FG weder als sinnvoll noch als geboten.

Die Anschaffungskosten des Lastenaufzugs betrugen im Urteilsfall 0,34% der Anschaffungskosten des Gesamtobjekts und das Überlassungsentgelt machte keinen erheblichen Anteil der Einnahmen aus, insb. da hierfür keine konkrete Einzelmiete (sondern nur eine Tragung der Betriebskosten) vorgesehen war. Das FG konnte vor diesem Hintergrund im Urteilsfall dahinstehen lassen, ob der Lastenaufzug als „typischer“ Lastenaufzug eine Betriebsvorrichtung war oder als „atypischer“ Lastenaufzug zum Grundvermögen zählte.

Positive Feststellungen des FG Düsseldorf im Urteil vom 23.11.2023 – Unschädlichkeit wesentlicher Bestandteile und unternehmerischer Beurteilungsspielraum

Auch nach der Entscheidung des FG Düsseldorf ist die Mitvermietung eines Lastenaufzugs beim Betrieb von Warenhäusern sowie in der Regel aller Betriebsvorrichtungen in Gestalt wesentlicher Bestandteile zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung und damit unschädlich. Positiv ist auch die Äußerung, dass nicht mitvermietete Betriebsvorrichtungen nicht begünstigungsschädlich seien. Das FG verneinte außerdem die Betriebsvorrichtungseigenschaft von Verladerampen. Eine Betriebsverpachtung sei nicht per se schädlich. Dies hatte  auch schon der BFH mit Urteil vom 19.12.2023 entschieden (Az. IV R 5/21; siehe hierzu Märker, Der Betrieb Steuerboard vom 02.04.2024).

Fazit

Die Qualifikation von Lastenaufzügen in Einkaufszentren als Betriebsvorrichtung müsste nach den Grundsätzen der Finanzverwaltung im gleichlautenden Ländererlass vom 05.06.2013 zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen (Tz. 3.1) schon wegen der Nutzung als Personen- und Lastenaufzug als doppelfunktionale Vorrichtung regelmäßig ausscheiden.

Die beiden FG-Urteile sind zu begrüßen. So dürfte nach dortigen Aussagen die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, regelmäßig als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung unschädlich sein. Für die Frage, was zwingend notwendig ist, räumen die beiden FG-Urteile dem Steuerpflichtigen einen unternehmerischen Entscheidungsspielraum ein. Die Entscheidung, ein Einkaufszentrum nicht an Büromieter vermieten zu müssen, solle hiervon gedeckt sein. Es bleibt abzuwarten, wie der IV. Senat in den beiden Revisionen entscheiden wird.

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