Auf Bitte des Bundesverfassungsgerichts hat das IDW eine Stellungnahme zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes abgegeben. In dem Verfahren vor dem BVerfG hat sich das IDW dahingehend geäußert, dass der Solidaritätszuschlag in der gegenwärtigen Fassung aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG verfassungswidrig, also nicht mehr mit den finanzverfassungsrechtlichen Regelungen vereinbar erscheine. Denn ein vorübergehender besonderer Finanzbedarf der öffentlichen Hand bestehe nicht mehr. Ebenso habe auch der Bund als alleiniger Empfänger der Einnahmen des SolZG keinen Sonderbedarf mehr.
Das BVerfG hatte das IDW ausdrücklich darum gebeten, sich auch mit den Argumenten des Bundesfinanzhofs (BFH) in dessen Urteil vom 17.01.2023 (IX R 15/20) auseinanderzusetzen. Der BFH vertrat seinerzeit im Ergebnis die Auffassung, dass das Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 (SolZG) jedenfalls (noch) nicht im Streitzeitraum 2019 und 2020 verfassungswidrig war.
Ausschlaggebend ist der neue Länderfinanzausgleich
Nach Auffassung des IDW liegt dem neuen Finanzausgleich, der seit Beginn des Jahres 2020 gilt, eine finanzverfassungsrechtliche Normallage zugrunde. Denn mit dem Auslaufen des Solidarpakt II Ende des Jahres 2019 ist die finanzpolitische und finanzverfassungsrechtliche Sonderlage einer besonderen Aufbauhilfe zugunsten der neuen Länder beendet worden. Bekanntermaßen richtet sich ab 2020 der neue Länderfinanzausgleich nur an der Finanzkraft und nicht an der der örtlichen Lage ohne spezifische Regelungen für die ostdeutschen Bundesländer aus. Damit ist die Finanzierung der Deutschen Einheit über den bundesstaatlichen Finanzausgleich abgeschlossen.
Solidaritätszuschlag hat seine Finanzierungsaufgabe vollständig erfüllt
Damit hat der Solidaritätszuschlag 25 Jahre nach seiner Einführung seine Finanzierungsaufgabe, nämlich die Mitfinanzierung der Wiedervereinigung, vollständig erfüllt. Seine Aufrechterhaltung würde ihn zu einem Fremdkörper innerhalb des Steuersystems werden lassen. Die Weiterführung des Solidaritätszuschlags – wie eine „zweite Säule“ außerhalb der nicht fortbestehenden finanzverfassungsrechtlichen Sonderlage – würde das verfassungsrechtliche Normengefüge von Zustimmungs- und Ertragszuständigkeiten der allgemeinen Einkommensbesteuerung unterlaufen.