Das Leitentscheidungsverfahren soll in den Fällen greifen, in denen eine Revision am BGH zurückgezogen oder ein Vergleich erzielt wird und somit eine höchstrichterliche Entscheidung ausbleibt. „Ohne eine höchstrichterliche Klärung bleiben die Instanzgerichte jedoch immer wieder mit neuen Verfahren zu gleichgelagerten Sachverhalten belastet“, führt die Bundesregierung im Gesetzentwurf an.
Leitentscheidungen sollen für mehr Rechtssicherheit sorgen
Wie bisher soll es dem BGH möglich sein, aus den dem Gericht vorgelegten Verfahren ein geeignetes Verfahren auszuwählen, das ein möglichst breites Spektrum an offenen Rechtsfragen bietet. Anders als bisher soll der BGH über die Rechtsfragen in Form der Leitentscheidung auch dann entscheiden, „wenn die Parteien die Revision zurücknehmen oder sich das Revisionsverfahren auf andere Weise erledigt“. „Die Leitentscheidung entfaltet dabei keinerlei formale Bindungswirkung und hat auch keine Auswirkungen auf das der Leitentscheidung zugrunde liegende konkrete Revisionsverfahren, dient jedoch den Instanzgerichten und der Öffentlichkeit als Richtschnur und Orientierung dafür, wie die Entscheidung der Rechtsfragen gelautet hätte“, führt die Bundesregierung aus. Die Bundesregierung erwartet, dass diese Leitentscheidung für „Rechtssicherheit bei Betroffenen und Rechtsanwendern“ sorgen und dazu beitragen werde, die Gerichte von weiteren Klagen zu entlasten.
Bundesrat bleibt skeptisch
Der Bundesrat steht dem Vorhaben skeptisch gegenüber. In ihrer Stellungnahme teilt die Länderkammer die Auffassung der Belastung der Zivilgerichte durch Massenverfahren und begrüßt vor diesem Hintergrund „den Versuch des Gesetzentwurfes, solche Verfahren effizienter zu erledigen“. Der Bundesrat erwartet allerdings, dass die vorgeschlagenen Regelungen „in der Praxis allenfalls geringe Wirkung entfalten werden“ und daher nur einen Anfang darstellen könnten. Als Problem betrachtet die Länderkammer den Umstand, dass der Rechtsstreit „erst den gewöhnlichen und damit zeitaufwendigen Instanzenzug durchlaufen muss“. Maßgebliche Rechtsfragen sollten vielmehr schon aus der ersten Instanz dem BGH vorgelegt werden, fordert die Länderkammer. Ferner ist aus Sicht des Bundesrates ein Gesamtkonzept zum Umgang mit Massenverfahren notwendig, das etwa auch eine mögliche Konzentration der Beweisaufnahme umfassen solle.
In ihrer Gegenäußerung weist die Bundesregierung darauf hin, dass der Entwurf „anderweitige Bemühungen um eine Entlastung der Zivilgerichte in den sogenannten Massenverfahren“ ergänze. So enthalte das bereits beschlossene Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz unter anderem Regelungen zur beschleunigten Beweisaufnahme. Weitere Anregungen der Länderkammer will die Bundesregierung prüfen und sich mit den Ländern dazu in der entsprechenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe austauschen.