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09.10.2023

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Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen nach dem Wachstumschancengesetz – Wirksames Instrument oder neues Bürokratiemonster?

Deutschland hat die EU-Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (DAC 6) zum 01.07.2020 eingeführt. Eine ernüchternde Zwischenbilanz zu DAC 6 ergab eine Antwort der Bundesregierung vom 08.05.2023 auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU. Dennoch ließ sich die Bundesregierung nicht beirren und führt nun noch eine nationale Meldepflicht ein.

Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen nach dem Wachstumschancengesetz – Wirksames Instrument oder neues Bürokratiemonster?

StB Dr. Andreas Kowallik
arbeitet bei der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in München als Partner im Bereich Tax Technology Consulting und ist als Chief Technology Officer für die deutsche Steuerfunktion tätig

I.    DAC-6-Umsetzung

Alle EU-Mitgliedstaaten mussten die EU-Änderungsrichtlinie 2018/822/EU zur Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen (DAC 6) bis zum 31.12.2019 lokal umsetzen. Deutschland hat DAC 6 in den §§ 138d bis 138k AO (BGBl. I 2019 S. 2875) implementiert. Die Erstanwendung galt ab dem 01.07.2020 (Art. 97 § 33 Abs. 1 EGAO). Mit dem Ersten Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.06.2020 (BGBl. I 2020 S. 1385) wurde das BMF zu einer sechsmonatigen Verschiebung der Erstanwendung ermächtigt (Art. 97 § 33 Abs. 5 EGAO), die das BMF aber nicht nutzte, sodass Deutschland ab dem 01.07.2020 zu den wenigen DAC-6-Erst- und -Direktanwendern gehörte (vgl. Kowallik, beck.digitax 2021 S. 41).

DAC 6 definiert grenzüberschreitende Steuergestaltungen anhand von fünf Kennzeichen (Hallmarks): (1) allgemein (A1: Vertraulichkeit; A2: erfolgsabhängige Vergütung; A3: Standardisierung), (2) spezifisch (B1: Verlustnutzung; B2: Umwandlung von Einkünften; B3: zirkuläre Transaktionen), (3) grenzüberschreitende Zahlungen (C1 bis C4), (4) Steuertransparenz (D1 und D2) und (5) Verrechnungspreise (E1 bis E3). Dabei muss für eine Meldepflicht bei den Kennzeichen A, B sowie teilweise auch C zusätzlich noch der sog. Main Benefit Test erfüllt sein (d.h. der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung ist ein Steuervorteil).

II.   Standortbestimmung zu DAC 6

Im Koalitionsvertrag der „Ampel“-Koalition wurde im Teil VIII. (S. 167) vereinbart:

„Wir werden die […] Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen auch auf nationale Steuergestaltungen von Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Mio. € ausweiten.“

In ihrer Antwort vom 08.05.2023 auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU antwortet die Bundesregierung zur Frage, ob sie beabsichtige, DAC 6 lokal noch zu evaluieren und zu verbessern, bevor sie eine nationale Mitteilungspflicht einführt, nur, dass sie die nationale Meldepflicht in der 20. Legislaturperiode einführen werde (vgl. BT-Drucks. 20/6734 vom 08.05.2023, S. 6 f.).

III.  Wachstumschancengesetz

Am 30.08.2023 stimmte das Bundeskabinett dem RegE zum Wachstumschancengesetz (WtChancenG) zu (vgl. BR-Drucks. 433/23 vom 08.09.2023 und BT-Drucks. 20/8628 vom 02.10.2023; Wünnemann, DB 2023 Heft 37 S. M4).

Die Bundesregierung will mit dem WtChancenG die Rahmenbedingungen für Wachstum, Investitionen und Innovationen verbessern, das Steuersystem vereinfachen und modernisieren sowie auch eine nationale Meldepflicht umsetzen (BR-Drucks. 433/23 vom 08.09.2023, S. 1 f.):

„Es gehört zur Fairness gegenüber allen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern sowie Wettbewerbern, dass unerwünschte Steuergestaltungen effektiv unterbunden werden. Mit diesem Gesetz ergreifen wir Maßnahmen, die dazu beitragen, unerwünschte Steuergestaltungen aufzudecken und abzustellen und damit das Vertrauen in den Staat stärken.“

In Art. 11 (Änderung der AO) WtChancenG plant die Bundesregierung das Einfügen von § 138l AO-E (Mitteilungspflicht über innerstaatliche Steuergestaltungen), § 138m AO-E (zur Mitteilung innerstaatlicher Steuergestaltungen verpflichtete Personen) und § 138n AO-E (Verfahren zur Mitteilung innerstaatlicher Steuergestaltungen), die durch Folgeänderungen in § 138j AO-E (Auswertung der Mitteilungen über Steuergestaltungen) und § 138k AO-E (Angabe der Steuergestaltung in der Steuererklärung) flankiert werden. Nach Art. 97 § 33 Abs. 7 Satz 1 EGAO-E kann das BMF die Erstanwendung durch ein BMF-Schreiben regeln. Sollte das BMF davon keinen Gebrauch machen, greift die Mitteilungspflicht ab dem 31.12. des vierten Kalenderjahres, das auf das Ende des Kalenderjahres des Inkrafttretens folgt (Art. 97 § 33 Abs. 7 Satz 2 EGAO-E). Nach Art. 46 Abs. 1 WtChancenG tritt dessen Art. 11 am Tag nach der Verkündung in Kraft.

IV.  Nationale Meldepflicht (§ 138l AO-E)

In § 138l AO-E wird die nationale Steuergestaltung definiert (vgl. unter IV. 2.) sowie auf Fälle beschränkt, die gestaltungs- oder nutzerbezogene Kriterien erfüllen (vgl. unter IV. 3.).

1.   Meldebehörde

Nach § 138l Abs. 1 AO-E sind nationale Steuergestaltungen (§ 138l Abs. 2 AO-E) – analog zu DAC 6 – digital dem BZSt mitzuteilen. Die Mitteilungsverpflichteten und Verfahrensbestimmungen regeln die §§ 138m und 138n AO-E.

2.   Meldepflichtige Steuergestaltungen

a)   Definition der Steuergestaltung

Die Definition nationaler Steuergestaltungen (§ 138l Abs. 2 Satz 1 AO-E) orientiert sich an den DAC-6-Merkmalen (§ 138d Abs. 2 Satz 1 AO). Eine nationale Steuergestaltung ist jede Gestaltung, die eine Tatbestandsvoraussetzung in § 138l Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 AO-E (vgl. unter IV. 2. b)) erfüllt. Dabei handelt es sich um einen bewussten Schaffensprozess mit steuerlicher Relevanz, bei dem durch den Nutzer oder für den Nutzer eine Struktur, ein Prozess oder eine Situation aktiv herbeigeführt oder verändert wird.

b)   Tatbestandsvoraussetzungen

Nach § 138l Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO-E darf eine Steuergestaltung nicht gleichzeitig unter – den dann immer vorrangigen – DAC 6 fallen (§ 138d Abs. 3 i. V. m. § 138e AO). Sie muss eine der in § 138l Abs. 2 Nr. 2 AO-E abschließend aufgezählten Steuern (d.h. ESt, KSt, GewSt, ErbSt, GrESt) zum Gegenstand haben. Außerdem muss mindestens ein Kennzeichen i.S.v. § 138l Abs. 3 AO-E vorliegen (§ 138l Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO-E). Nach § 138l Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO-E muss zudem der zu erwartende Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile die Erlangung eines steuerlichen Vorteils sein; ein solcher liegt vor, wenn ein Steuervorteil i. S. v. § 138d Abs. 3 Satz 1 AO im Geltungsbereich der AO entstehen soll. Wie bei DAC 6 (§ 138d Abs. 3 Satz 3 AO i. V. m. BMF-Schreiben vom 29.03.2021 – IV A 3 – S 0304/19/10006 :010/IV B 1 – S 1317/19/10058 :011, BStBl. I 2021 S. 582) kann das BMF selbst durch ein BMF-Schreiben bestimmte Fallgruppen von der nationalen Mitteilungspflicht ausnehmen (§ 138l Abs. 2 Satz 3 AO-E).

c)   Nationale Kennzeichen

§ 138l Abs. 3 AO-E enthält eine abschließende Aufzählung der Kennzeichen, die – beim Vorliegen der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen – eine Mitteilungspflicht auslösen, wobei das Vorliegen eines einzigen Kennzeichens ausreicht:

  • Vertraulichkeit (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO-E): Erfasst werden – wie bei DAC 6 (§ 138e Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AO) – Vereinbarungen, die dem Nutzer oder anderen Beteiligten eine Offenlegung verbieten.
  • Erfolgsabhängige Vergütung (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AO-E): Diese führt – wie bei DAC 6 (§ 138e Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b AO) – zu einer Meldung.
  • Standardisierung (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO-E): Wie bei DAC 6 (§ 138e Abs. 1 Nr. 2 AO) werden Gestaltungen erfasst, die in weiteren Fällen in fast gleicher Art und Weise eingesetzt werden können. Die Standardisierung kann sich auf die (äußere) Dokumentation oder die (innere) Struktur beziehen.
  • Verlustnutzung (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a AO-E): Wie bei DAC 6 (§ 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a AO) wird der Verlusterwerb mit dem Ziel, die eigene Steuerbelastung zu verringern, erfasst. Können Verluste wegen Beschränkungen (z.B. §§ 8c und 8d KStG) nicht genutzt werden, ist das Kennzeichen nicht erfüllt.
  • Umwandlung von Einkünften (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b AO-E): Analog zu DAC 6 (§ 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO) erfasst das Kennzeichen die Fälle, in denen steuerpflichtige Einkünfte in Vermögen, Schenkungen oder andere nicht oder niedriger besteuerte Einnahmen oder nicht steuerbare Einkünfte umgewandelt werden.
  • Zirkuläre Transaktionen (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. c AO-E): Dies umfasst (wie § 138e Abs. 1 Nr. 3 Buchst. c AO für DAC 6) eine Vermögensverschiebung durch die Einbeziehung zwischengeschalteter Unternehmen ohne primäre wirtschaftliche Funktionen oder durch andere neutrale Transaktionen als Teil eines Gesamtplans.
  • Mehrfachberücksichtigung (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. d AO-E): Nur national ist vorgesehen, dass die Zuordnung desselben steuererheblichen Sachverhalts zu mehreren Nutzern oder Stpfl. oder dessen mehrfache Zuordnung eine Meldepflicht auslöst.
  • Kopplungsgeschäfte (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. e AO-E): Nur national zu melden sind Gestaltungen, durch die – durch aufeinander abgestimmte Rechtsgeschäfte – zweckgerichtet steuerwirksame Verluste und ganz oder teilweise steuerfreie Einkünfte erzeugt werden (vgl. dazu BR-Drucks. 119/16 vom 11.03.2016, S. 125).
  • KapESt-Gestaltungen (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. f AO-E): Nur national sind Gestaltungen meldepflichtig, die zum Gegenstand haben, dass ein an der Gestaltung Beteiligter unangemessene rechtliche Schritte unternimmt, um für sich oder einen Dritten einen steuerlichen Vorteil bei der KapESt zu erzeugen (vgl. BR-Drucks. 433/23 vom 08.09.2023, S. 185).

Im direkten Vergleich zu DAC 6 (vgl. unter I.) fehlen bei den nationalen Kennzeichen die Hallmarks C, D und E, die per se nur grenzüberschreitende Gestaltungen erfassen.

§ 138l Abs. 3 Satz 2 AO-E regelt, dass § 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b AO-E (Umwandlung von Einkünften) entsprechend für die GewSt gilt.

d)   Nutzer

In § 138l Abs. 4 AO-E wird die Definition des Nutzers (§ 138d Abs. 5 AO) von DAC 6 auf nationale Steuergestaltungen übertragen.

3.   Rückausnahmen

Die nationale Mitteilungspflicht ist nach § 138l Abs. 5 AO-E auf Fälle beschränkt, in denen – neben den Voraussetzungen des § 138l Abs. 2 AO-E (vgl. unter IV. 2. a) und b)) – noch mindestens ein nutzerbezogenes oder ein gestaltungsbezogenes Kriterium erfüllt ist.

§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO-E regelt die nutzerbezogenen Kriterien:

  • Der Nutzer muss in zwei von drei Kalender- oder Wirtschaftsjahren vor dem Eintritt des auslösenden Ereignisses eine Umsatzschwelle von 50 Mio. € (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. aa AO-E), eine ESt-Einkünfte-Schwelle von 2 Mio. € (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb AO-E) oder ein KSt-Mindest-Einkommen von 2 Mio. € (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a Doppelbuchst. cc AO-E) überschreiten.
  • Bei Nutzern, die keine natürlichen Personen sind, haben nur G-Betriebe, Konzern-Bp-Fälle und ausländisch beherrschte Nutzer eine Mitteilungspflicht (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b und c AO-E i.V.m. § 4 Abs. 2 BpO).
  • Der Nutzer ist ein Investmentfonds oder ein Spezial-Investmentfonds i.S.d. InvStG (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d AO-E).
  •  Auch bestimmte Anleger eines Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds sind selbst meldepflichtig (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e AO-E).

§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO-E definiert die gestaltungsbezogenen Kriterien:

  •  Meldepflichtige Steuergestaltungen nach dem ErbStG müssen einen Nettowert (§ 12 ErbStG) von mehr als 4 Mio. € haben (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO-E).
  • Share-Deals nach dem GrEStG sind nur meldepflichtig, wenn der Grundbesitzwert (§ 8 Abs. 2 GrEStG) mehr als 5 Mio. € beträgt (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b AO-E).

§ 138l Abs. 5 Satz 2 AO-E regelt (Spezial-)Fälle, in denen die Dreijahresfrist (§ 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a AO-E) nicht erfüllt ist. § 138l Abs. 5 Satz 3 AO-E stellt klar, dass Anleger nur zur Mitteilung von Steuergestaltungen aus der Beteiligung an Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds verpflichtet sind. § 138l Abs. 5 Satz 4 AO-E regelt, dass bei der Prüfung, ob ein gestaltungsbezogenes Kriterium erfüllt ist, auf die Verhältnisse in einem der in § 138n Abs. 1 Satz 2 AO-E genannten Zeitpunkte abzustellen ist. § 138l Abs. 5 Satz 5 AO-E stellt klar, dass eine Mitteilungspflicht nach dem ErbStG oder GrEStG nur besteht, wenn auch ein gestaltungsbezogenes Kriterium nach § 138l Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt ist. § 138l Abs. 5 Satz 6 AO-E regelt, dass der (potenzielle) Nutzer dem Intermediär die für die Anwendung von § 138l Abs. 5 Satz 1 AO-E erforderlichen Daten mitzuteilen hat.

4.   Intermediäre

Wie bei DAC 6 gilt auch nach § 138l Abs. 6 AO-E ein Intermediär nicht als ein an der Gestaltung Beteiligter, soweit er im Zusammenhang mit der Gestaltung nur Tätigkeiten ausübt, durch die er die Stellung als Intermediär innehat (§ 138m Abs. 1 Satz 1 AO-E).

V.   Einschätzung der nationalen Meldepflicht

1.   Anwendbarkeit der Kriterien

Da DAC 6 mit fünf Kennzeichen und der Rückausnahme durch den Main Benefit Test für die Rechtsanwender gut anwendbar war, hat der Gesetzgeber diese in § 138l Abs. 3 Satz 1 Buchst. a bis c AO-E direkt ins Inland übernommen. Dann folgt aber ein Systembruch und das BMF hat noch drei nationale Kennzeichen mit unbestimmten Rechtsbegriffen ergänzt (§ 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. d AO-E: „steuererhebliche[r] Sachverhalt“; § 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. f AO-E: „unangemessene rechtliche Schritte“; § 138l Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. e AO-E: „aufeinander abgestimmte Rechtsgeschäfte“). Hier wird die Meldepflicht zum Kampf gegen Steuergestaltungen (vgl. unter IV. 2. c)), die das BMF durch Spezialregeln nicht verhindern konnte, missbraucht. Wegen der Rückausnahme durch die nutzer- und gestaltungsbezogenen Kriterien (vgl. unter IV. 3.) wird es wenige nationale Meldefälle geben; die Rückausnahmen können die Intermediäre nicht selbst prüfen und sie sind nicht automatisierbar.

2.   Ziel der nationalen Meldepflicht

Das WtChancenG enthält keine Angaben, welche Erkenntnisgewinne oder Mehrergebnisse der Gesetzgeber aus der nationalen Meldepflicht erwartet und ob diese Einmalkosten von 19,8 Mio. € beim BZSt (vgl. BR-Drucks. 433/23 vom 08.09.2023, S. 94) und einen Erfüllungsaufwand von ca. 1,2 Mio. € p.a. bei Bund und Ländern rechtfertigen (vgl. BR-Drucks. 433/23 vom 08.09.2023, S. 107 ff.). Schon DAC 6 brachte kaum neue Erkenntnisse und keine quantifizierbaren Mehrergebnisse (vgl. Kowallik, DB 2023 S. 1444 f.). Den Sinn einer nationalen Meldepflicht bezweifelte bereits die EU-Kommission in ihrer Unterrichtung des BR vom 21.06.2017 (BR-Drucks. 524/17 vom 22.06.2017, S. 9 und S. 12):

„[…] die auf nationaler Ebene [in Irland, Portugal und dem Vereinigten Königreich schon] vorhandenen Instrumente [haben sich] als nur bedingt wirksam für die Erhöhung der Transparenz erwiesen […].“

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Bundesregierung die nationale Meldepflicht nur umsetzt, da diese im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode vereinbart wurde. Durch die Regelungen zur Erstanwendung (vgl. unter III.) kann das BMF – durch Nichtstun – die nationale Meldepflicht bis zum 01.01.2028 (d.h. in die 21. Legislaturperiode) verzögern. Aus der Menükarte der Kleinen Anfrage zu DAC 6 hat sich der Gesetzgeber leider auch national für ein neues Bürokratiemonster entschieden.

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