Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung
Grundsätzlich unterliegen die Erträge eines gewerblichen Unternehmens in vollem Umfang der Gewerbesteuer. Bei einem Immobilienunternehmen kann der Gewerbeertrag um 1,2% des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt werden. Dies soll die Doppelbelastung der Immobilie mit Grund- und Gewerbesteuer reduzieren.
Auf Antrag kann ein Immobilienunternehmen jedoch statt der vorgenannten einfachen Grundstückskürzung die sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG geltend machen. So kann ein gewerbliches Unternehmen, das ausschließlich eigenen Grundbesitz oder gleichzeitig Kapitalvermögen verwaltet und nutzt, den Gewerbeertrag um den Teil kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Ein reines Immobilienunternehmen kann in diesem Fall also seinen gesamten Vermietungsertrag kürzen und zahlt infolgedessen hierauf keine Gewerbesteuer. Bisher stellte sich jedoch die Frage, ab welcher Qualität und Quantität an Mietnebenleistungen kein „reines Immobilienunternehmen“ mehr vorliegt.
Neue Bagatellgrenzen ab Erhebungszeitraum 2021
Ab dem Erhebungszeitraum 2021 stehen dem Steuerpflichtigen nunmehr zwei Bagatellgrenzen zur Verfügung, in denen Mietnebenleistungen zulässig und damit unschädlich für die erweiterte Gewerbesteuerkürzung sind. Die Einnahmen aus den folgenden Nebenleistungen sind zwar selbst gewerbesteuerpflichtig, infizieren aber nicht die Immobilienerträge:
- 10 %-Grenze für Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus erneuerbaren Energien oder dem Betrieb von E-Ladestationen in Verbindung mit dem Grundbesitz; und
- 5 %-Grenze für Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes.
Vergleichswert für die relativen Bagatellgrenzen sind jeweils die Einnahmen aus der Gebrauchsübermittlung des Grundbesitzes.
Gesonderte Erfassung der Mietnebenleistungen
Zu beachten ist, dass die vorgenannten Bagatellgrenzen nur dann zur Anwendung kommen, wenn die aus diesen Tätigkeiten resultierenden Gewinne gesondert von solchen aus der Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes ermittelt werden.
Damit ergeben sich ab diesem Erhebungszeitraum neue Monitoring- und Erfassungserfordernisse für die Steuerpflichtigen. Sofern die erweiterte Kürzung geltend gemacht werden soll, muss demnach eine separate Allokation von Einnahmen auf die Mietnebenleistungen stattfinden. Dies sollte bestenfalls ausdrücklich im Mietvertrag aufgenommen werden. Eine solch differenzierte Ausweisung einzelner Mietzinskomponenten dürfte bisher insbesondere bei der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen eher die Ausnahme gewesen sein.
Erleichterungen für die Praxis
In der Vergangenheit herrschte erhebliche Unsicherheit, welche Mietnebenleistungen neben der reinen Vermietung von Flächen die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ausschließen und welche Tätigkeiten sich noch im Rahmen der zulässigen reinen Vermietung bewegen. Vom gewerbesteuerlichen Ausschließlichkeitsgebot sollten vor der Gesetzesänderung nur solche Nebentätigkeiten erfasst sein, die „der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten, eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können“ (BFH vom 28.11.2019 – III R 34/17, DB 2020 S. 1044; BFH vom 17.05.2006 – VIII R 39/05, DB 2006 S. 1825). So konnte nach der Rechtsprechung des BFH schon die Mitvermietung einer einzigen Betriebsvorrichtung der erweiterten Kürzung entgegenstehen (BFH vom 28.11.2019 – III R 34/17, DB 2020 S. 1044; BFH vom 11.04.2019 – III R 36/15, DK 2019 S. 529; BFH vom 17.05.2006 – VIII R 39/05, DB 2006 S. 1825, m.w.N.). Infolgedessen mussten die Immobilienunternehmen strikt überwachen, dass sie beim Ankauf einer Immobilie kein wirtschaftliches oder rechtliches Eigentum an Betriebsvorrichtungen miterwerben. Auch war zu überwachen, dass nicht während der Haltedauer (unerkannt) Betriebsvorrichtungen erworben wurden. Selbst das Halten von Betriebsvorrichtungen ohne Vermietung (z.B. in Leerstandsflächen) beinhaltete das Risiko, zum Ausschluss der erweiterten Kürzung zu führen.
Die vorbezeichneten Unsicherheiten werden nunmehr dadurch abgeschwächt, dass die neuen Bagatellgrenzen bei geringen Mietnebenleistungen und separater Erfassung der hieraus resultierenden Einnahmen dazu führen, dass die erweiterte Kürzung nicht per se ausgeschlossen wird. Ein einzelner mitvermieteter Fettabscheider kann der erweiterten Kürzung also erfreulicher Weise nicht mehr entgegenstehen – insofern die Einnahmen aus seiner Vermietung separat von solchen aus der Vermietung des Grundbesitzes erfasst werden und nicht mehr als 5 % der Einnahmen aus der Vermietung des Grundbesitzes betragen.
Praxishinweise
Die Lockerung der Voraussetzungen der erweiterten Kürzung wurde in der Praxis lange ersehnt und ist insgesamt begrüßenswert. Zu beachten ist allerdings, dass bei Erwerb einer Immobilie erhebliche Risiken bestehen, wenn z.B. die Erbringung von relevanten Mietnebenleistungen nicht erkannt wird und infolgedessen keine separate Erfassung bzw. Allokation der hieraus resultierenden Einnahmen erfolgt. Darüber hinaus stellen die neuen Monitoringerfordernisse die Praxis vor neue Probleme. So müssen die einzelnen Mietnebenleistungen nunmehr penibel erfasst werden und ihnen zumindest kalkulationsintern ein adäquater Mietzinsanteil beigemessen werden. Dies dürfte in der Praxis in vielen Fällen schwierig sein, da sich der Gesamtmietzins häufig aus der Zusammenschau verschiedener Faktoren ergibt.
Insbesondere im Hinblick auf die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen sollte zukünftig (wie schon in der Vergangenheit) eine sorgfältige Prüfung erfolgen, welche Vorrichtungen an die Mieter mitvermietet werden und diese notfalls auf eine separate Gesellschaft oder Mieter übertragen werden, um die Überschreitung der 5 %-Grenze zu vermeiden. Die Identifizierung und Übertragung auf eine separate Gesellschaft führt dazu, dass keine Unsicherheit bezüglich der separaten Einnahmenerfassung oder Monitoringerfordernisse besteht. Die Separierung der Betriebsvorrichtungen auf eine andere Gesellschaft ist damit immer noch die „sicherere“ Lösung, um die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung sicherzustellen. Die Separierung hilft zudem auch bei der späteren Veräußerung der Immobilie, da die i.d.R. zeitgleich erfolgende Veräußerung der in der Immobilie befindlichen Betriebsvorrichtungen weiterhin eine schädliche Tätigkeit darstellen dürfte. Damit stünde die erweiterte Kürzung im Erhebungszeitraum der Veräußerung im Risiko, sofern keine andere Gestaltung angewandt wird.