In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war ein Leiharbeitnehmer 55 Monate auf demselben Arbeitsplatz eines entleihenden Unternehmens eingesetzt. Die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers erfolgte auf einem Dauerarbeitsplatz des Entleihers. Vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg klagt der Leiharbeiter darauf, dass durch den Einsatz ein Arbeitsverhältnis mit dem entleihenden Unternehmen zustande gekommen sei. Das sah der EuGH in seiner Entscheidung anders. Aus der Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit kann demnach kein subjektives Recht des Leiharbeitnehmers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher abgeleitet werden. Zwar fingiert die derzeitige Fassung des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Fall einer Überschreitung der zulässigen Überlassungshöchstdauer das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher, sofern der Leiharbeitnehmer sich nicht für ein Festhalten an seinem Arbeitsverhältnis mit dem Verleiher entscheidet. Für Altfälle vor Einführung einer Überlassungshöchstdauer, wie für den EuGH-Fall, war eine solche Sanktion im deutschen Recht jedoch nicht vorgesehen. Hätte der EuGH unter Rückgriff auf die Richtlinie 2008/104/EG über Leiharbeit entschieden, dass in diesen Fällen ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher als zustande gekommen gilt, so hätte dies unabsehbare arbeitsrechtliche sowie steuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen gehabt.
Einsatzmöglichkeiten von Leiharbeitnehmern bleiben in den Grenzen missbräuchlicher Leiharbeit unbeschränkt
Darüber hinaus schafft der EuGH in seinem Urteil Klarheit, wie der Begriff „vorübergehend“ in der Leiharbeitsrichtlinie zu verstehen ist. „Vorübergehend“ kennzeichnet danach nicht den Arbeitsplatz, auf dem ein Leiharbeitnehmer eingesetzt wird, sondern die zeitlich begrenzte Überlassung des Arbeitnehmers. Der Begriff ist mithin nicht arbeitsplatzbezogen, sondern personenbezogen zu verstehen. Leiharbeitnehmer dürfen insofern nicht nur etwa in Vertretungssituationen, sondern auch auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt werden, sofern die Überlassung zeitlich begrenzt (derzeit ununterbrochen für maximal 18 Monate) erfolgt und die Grenzen missbräuchlicher Leiharbeit nicht überschritten werden. Wann ein Fall missbräuchlicher Leiharbeit vorliegt, ist anhand aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu prüfen, zu denen ausdrücklich auch die Branchenbesonderheiten zählen. Dies ermöglicht Einzelfallgerechtigkeit. Von besonderer Bedeutung für die Praxis ist darüber hinaus, dass der EuGH in seinem Urteil klargestellt hat, dass die Überlassungshöchstdauer des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht nur durch Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche, sondern auch durch Tarifverträge der Einsatzbranche verlängert werden kann. Freilich müssen auch insoweit die Grenzen missbräuchlicher Leiharbeit beachtet werden. Das heißt, unzulässig sind insbesondere aufeinanderfolgende Überlassungen ohne objektive Erklärung über einen Zeitraum, der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht mehr als vorübergehend betrachtet werden kann. Die Entscheidung des EuGH zur Leiharbeit ist sehr zu begrüßen. Sie schafft Klarheit, Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit.