Bei groß angelegten Personalanpassungsmaßnahmen, wie auch anderen Umstrukturierungen, spielt die Einbindung des Betriebsrats, technisch ausgedrückt die Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates eine entscheidende Rolle. Stellen solche Umstrukturierungen eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG dar und haben sie wesentliche Nachteile für die Belegschaft zur Folge, stehen dem Betriebsrat umfassende Unterrichtungs-, Beratungs- sowie Mitbestimmungsrechte zu. Zudem müssen Arbeitgeber und Betriebsrat im Falle der Betriebsänderung über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandeln, welche die wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer mildern bzw. ausgleichen sollen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Unternehmen mindestens 20 Arbeitnehmer beschäftigt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind komplex. Zunächst ist zu klären, welches Gremium für die Verhandlung von Interessenausgleich und Sozialplan überhaupt zuständig ist. In der Regel dürfte dies der lokale Betriebsrat sein. Bei unternehmensweiten Reorganisationen kann aber auch der Gesamtbetriebsrat des Unternehmens, zumindest für die Verhandlung des Interessenausgleichs, zuständig sein. Bei einer Betriebsänderung stehen dem Betriebsrat verschiedene Rechte zu. Im ersten Schritt muss der Arbeitgeber den Betriebsrat umfassend und rechtzeitig über die Betriebsänderung informieren. Der Betriebsrat muss so frühzeitig informiert werden, dass er noch Einfluss auf die geplanten Änderungen nehmen kann. Er darf nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Soweit vorhanden, ist der Wirtschaftsausschuss vorab entsprechend zu informieren. Erst dann beginnen die eigentlichen Verhandlungen. Das Ergebnis ist aber in der Regel vorbestimmt. Denn das zuständige Betriebsratsgremium kann den Arbeitgeber letztlich nicht daran hindern, zum Beispiel einen signifikanten Personalabbau umzusetzen. Der Betriebsrat kann die Umsetzung einer solchen Maßnahme nur verzögern und verteuern. Führen die Verhandlungen zu keinem Ergebnis, ist eine Einigungsstelle einzusetzen. Die Einigungsstelle besteht aus Beisitzern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite und einem/einer unabhängigen Vorsitzenden, oft einer(m) Arbeitsrichter(in). Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans unter Einschluss eines Einigungsstellenverfahrens können sich über Monate erstrecken. Zeitgewinn gegen Zugeständnisse beim Sozialplanvolumen sind ein gängiges Verhandlungsmuster. Viele Arbeitgeber fürchten sich vor der Einigungsstelle. Die Erfahrung zeigt aber, dass Einigungsstellenverfahren oft zu zeitgerechten, beiderseits akzeptablen Kompromissen, führen. Nur selten kommt es zu einem (streitigen) Einigungsstellenspruch. Arbeitgeber ist oft anzuraten, schon frühzeitig auf die Einrichtung einer Einigungsstelle hinzuwirken. Auch Betriebsräte ist oft daran gelegen, eine Einigungsstelle einzurichten, weil die Mitwirkung des unparteiischen Vorsitzenden hilft, die Inhalte von Interessenausgleich und Sozialplan gegenüber der Belegschaft zu rechtfertigen. Verletzt das Unternehmen die Mitbestimmungsrechte nach § 111 BetrVG, drohen Nachteilsausgleichsansprüche. Die finanziellen Folgen können gravierend sein; bei Entlassungen können zum Beispiel Abfindungen von bis zu 18 Monatsverdiensten festgesetzt werden. Oft übersehen wird, dass der im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft keine solchen Mitbestimmungsrechte zustehen. Gleichwohl hat die Rechtsprechung den Gewerkschaften das Recht zugestanden, Sozialtarifverträge zu schließen. Ein solcher Sozialtarifvertrag entspricht im Prinzip dem betrieblichen Sozialplan. Die Gewerkschaft kann einen solchen „erstreiken“; der Betriebsrat hat gerade kein Streikrecht. Ob eine solche Verdopplung von Sozialplänen, sinnvoll ist, mag bezweifelt werden. Die Praxis muss hiermit aber umgehen. Wichtig ist, dass der Sozialtarifverträge den verpflichtenden Sozialplan nicht ersetzt. Hieraus folgt, dass man durch Anrechnungsvorschriften eine Verdopplung von Ansprüchen vermeiden muss.
Meldung
13.12.2024
Höhere Gebühren für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
Die vom BMJ vorgeschlagene Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren soll die wirtschaftliche Grundlage für die Anwaltschaft sichern – und damit zugleich den Rechtsstaat stärken.