Massenentlassungen und die Gefahr durch Verfahrensfehler
Eine wirtschaftliche Schieflage kann also schnell Massenentlassungen notwendig machen. Unter „Massenentlassung“ versteht man zunächst jede Form des vom Arbeitgeber veranlassten Stellenabbaus in einem Betrieb, der innerhalb von 30 Kalendertagen abhängig von der Unternehmensgröße einen gewissen Schwellenwert erreicht. Bei kleineren Unternehmen mit 21-59 Arbeitnehmern ist diese Schwelle bereits ab fünf Entlassungen innerhalb von 30 Tagen überschritten. Der Arbeitgeber muss jedoch bei Massenentlassungen im Zusammenspiel mit dem Betriebsrat und der zuständigen Agentur für Arbeit recht umfangreiche Formalia beachten. Verfahrensfehler können hier schnell zu einer (Teil-)Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen führen. Das gilt es in einer angespannten wirtschaftlichen Situation zu vermeiden, denn es würde ungewollte Personalkosten und vielleicht sogar kostspielige arbeitsrechtliche Prozesse nach sich ziehen.
Vielzahl von Möglichkeiten beim Stellenabbau
Je nach Situation des Unternehmens differiert der Handlungsbedarf. Das hat auch Einfluss auf die Wahl der Mittel. Denn es gibt für den Arbeitgeber unterschiedliche Wege, sich von Mitarbeitern zu trennen und seine Personalkosten zu reduzieren. Ist der Handlungsbedarf noch nicht akut, reichen oft schonendere Maßnahmen zum langfristigen Personalabbau aus. Hier kann bereits ein Einstellungsstopp in Verbindung mit natürlicher Fluktuation (zum Beispiel: Altersrente, Umzug, Berufswechsel) als mildeste Maßnahme zum Erfolg verhelfen. Eine weitere „milde“ Maßnahme des Stellenabbaus ist es, befristete Arbeitsverträge nicht zu verlängern. In einer akuten Krisensituation ist jedoch oft ein kurzfristiger Personalabbau erforderlich. Für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bieten hier Frühpensionierungsprogramme eine Möglichkeit für den Arbeitgeber. Sie umfassen ein ganzes Bündel unterschiedlicher Maßnahmen. So wird beispielsweise bei einer Vorruhestandsvereinbarung das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis gegen Zahlung eines sogenannten Vorruhestandsgeldes beendet. Ein Arbeitnehmer, der diese Regelung in Anspruch nimmt, darf nur noch sozialversicherungsfreie Minijobs ausführen. An die Phase des Vorruhestandes knüpft dann direkt der Renteneintritt an. Der Vorteil dieser Konstruktion ist es, dass die Arbeitslosenversicherung von den Parteien nicht mehr getragen werden muss, aber weiterhin in die Rentenversicherung eingezahlt wird. Auch die Altersteilzeit senkt die Personalkosten und kann den notwendigen Stellenabbau unterstützen. So kann über ein Teilzeitmodell vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer über 50 nur noch 50 % der bisherigen Arbeitszeit erbringt, während der Arbeitgeber das Altersteilzeitgehalt um 20 % aufstockt und zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung zahlt. Als eine weitere Möglichkeit des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben kommt aber vor allem das Blockmodell der Altersteilzeit in Frage. Nach diesem Modell erbringt der Arbeitnehmer zunächst in der sogenannten Aktivphase 100 % seiner Arbeitsleistung bei nur 50 % der Bezahlung. Er erwirbt damit einen Anspruch bzgl. der restlichen 50 % gegen den Arbeitgeber in der sog. Passivphase, in welcher das Arbeitsverhältnis zwar noch besteht, aber eine Arbeitsleistung nicht mehr erbracht werden muss. Auch hier wird weiterhin in die Rentenversicherung eingezahlt. Zudem sind die aufgesparten Vergütungsbestandteile insolvenzsicher.
Freiwilligenprogramme, Outplacement-Angebote und Transfergesellschaften
Im Rahmen sogenannten Freiwilligenprogrammen können Aufhebungsverträge geschlossen werden, um ein Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. In solchen Programmen wird der Anreiz zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses oft in Form von Abfindungen gesetzt. Allerdings entstehen durch die Abfindungen einmalig hohe Belastungen für den Arbeitgeber, die sicherlich nicht jede Firma stemmen kann. Zunehmend werden auch Outplacement-Angebote als Anreiz in Freiwilligenprogramme aufgenommen. Damit ist eine Reihe von Maßnahmen (zum Beispiel: Orientierungshilfe, Bewerbungstraining, Weiterbildung) gemeint. Sie sollen dem von Personalabbau betroffenen Arbeitnehmer auf die bevorstehende Arbeitslosigkeit vorbereiten und gleichzeitig die Suche nach einer neuen Position erleichtern. Eine weitere Möglichkeit den Personalabbau strukturiert zu gestalten, ist die Transfergesellschaft. Sie ist ein mit staatlichen Geldern gefördertes Instrument und soll den Arbeitnehmer beraten, qualifizieren und in ein neues, unbefristetes Arbeitsverhältnis vermitteln. Bis zu zwölf Monate kann er sich so mit staatlichen und europäischen Mitteln umschulen oder weiterbilden lassen. Dafür hebt der Arbeitnehmer mit dem bisherigen Arbeitgeber seinen Arbeitsvertrag einvernehmlich auf. Danach schließt er mit der Transfergesellschaft einen neuen – befristeten – Arbeitsvertrag ab. Die Grundlage für dieses Modell ist meist ein sogenannter Transfersozialplan, der vorab vereinbart wird. Problematisch an dieser Konstruktion ist allerdings, dass die Entlassung hier zunächst ebenfalls durch den Arbeitgeber veranlasst worden ist. Sie wird daher bei der Berechnung der Schwellenwerte für eine Massenentlassung mitgezählt. Schließlich besteht noch die Möglichkeit, Arbeitnehmer zu verleihen. Da aber eine Verleihung von Arbeitnehmern nur nach den strengen formalen Regelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zulässig ist, dürfte sie für die meisten Unternehmen nicht infrage kommen.
Fazit
Massenentlassungen als Krisenreaktionsinstrument sind alles andere als alternativlos. Das Arbeitsrecht bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, aus denen ein Unternehmer wählen kann. Für welche er sich entscheidet, ist von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens, aber auch von anderen Faktoren wie der Altersstruktur der Belegschaft abhängig.