16.11.2022

Arbeitsrecht, Meldung

Mehrarbeitszuschläge in der Zeitarbeit

Für das Erreichen des Schwellenwerts, ab dem nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrags für die Zeitarbeit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Mehrarbeitszuschläge besteht, sind nicht nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden, sondern auch genommene Urlaubsstunden zu berücksichtigen.

Beitrag mit Bild

© electriceye/fotolia.com

Das Bundesarbeitsgericht hat sich im Urteil vom 16.11.2022 (10 AZR 210/19) mit den Mehrarbeitszuschlägen nach dem Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit und der Berücksichtigung von Urlaubsstunden beschäftigt.

Darum ging es im Streitfall

Der Kläger war bei der Beklagten als Leiharbeitnehmer in Vollzeit mit einem Bruttostundenlohn im Jahr 2017 von 12,18 Euro beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien galt aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17.09.2013 (MTV). § 4.2.1. MTV bestimmt, dass Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 25 % für Zeiten gezahlt werden, die im jeweiligen Kalendermonat über eine bestimmte Zahl geleisteter Stunden hinausgehen. Im Monat August 2017, auf den 23 Arbeitstage entfielen, arbeitete der Kläger 121,75 Stunden und nahm 10 Tage Urlaub in Anspruch, die die Beklagte mit 84,7 Stunden abrechnete. Mehrarbeitszuschläge leistete sie für diesen Monat nicht.

Der Kläger verlangt mit seiner Klage Mehrarbeitszuschläge für die über 184 Stunden hinausgehenden Stunden und meint, die für den Urlaub abgerechneten Stunden seien einzubeziehen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

EuGH hatte sich mit dem Fall befasst

Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgericht (Beschluss vom 17.06.2020 – 10 AZR 210/19 (A)) hat der EuGH mit Urteil vom 13.01.2022 (C-514/20) entschieden, dass das Unionsrecht (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG) einer tariflichen Regelung entgegensteht, nach der für die Berechnung, ob und für wie viele Stunden einem Arbeitnehmer Mehrarbeitszuschläge zustehen, nur die tatsächlich gearbeiteten Stunden berücksichtigt werden, nicht aber die Stunden, in denen der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub in Anspruch nimmt.

Was gilt für Mehrarbeitszuschläge?

Die Revision des Klägers hatte unter Zugrundelegung dieser Entscheidung vor dem BAG Erfolg. Die tarifliche Regelung des § 4.2.1 MTV muss bei gesetzeskonformer Auslegung so verstanden werden, dass bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nicht nur tatsächlich geleistete Stunden, sondern auch Urlaubsstunden bei der Frage mitzählen, ob der Schwellenwert, ab dem solche Zuschläge zu zahlen sind, überschritten wurde. Anderenfalls wäre die Regelung geeignet, den Arbeitnehmer von der Inanspruchnahme seines gesetzlichen Mindesturlaubs abzuhalten, was mit § 1 BUrlG in seinem unionsrechtskonformen Verständnis nicht vereinbar wäre.


BAG vom 16.11.2022 / Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro.

Weitere Meldungen


Meldung

©travnikovstudio/fotolia.com


06.05.2024

Workation-Angebot ist Pflicht für Arbeitgeber

Workation entwickelt sich vom Hype zu einem etablierten Angebot, gerade bei den Jüngeren: 80 % der 18- bis 29-Jährigen sind Workation-affin.

weiterlesen
Workation-Angebot ist Pflicht für Arbeitgeber

Meldung

©aaabbc/fotolia.com


06.05.2024

BRAK-Stellungnahme zur Umsetzung der CSR-Richtlinie

Die BRAK macht Verbesserungsvorschläge zum Referentenentwurf zur Umsetzung der CSR-Richtlinie, welchen das Bundesjustizministerium Ende März vorgelegt hat.

weiterlesen
BRAK-Stellungnahme zur Umsetzung der CSR-Richtlinie

Meldung

©liudmilachernetska/123rf.com


03.05.2024

Warum weniger Arbeit den Wohlstand bedroht

Viele Menschen wollen beruflich kürzertreten. Diese Entwicklung gefährdet jedoch den Wohlstand. Deutschland kann es sich laut IW Köln nicht leisten, Arbeitszeiten zu verkürzen.

weiterlesen
Warum weniger Arbeit den Wohlstand bedroht

Haben wir Ihr Interesse für DER BETRIEB geweckt?

Sichern Sie sich das DER BETRIEB Gratis Paket: 4 Hefte + Datenbank