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17.12.2019

Interview

Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Was auf Arbeitgeber zukommt

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Der Betrieb

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird zum 01.03.2020 in Kraft treten. Ziel davon ist es, den Fachkräftemangel zu bekämpfen und den deutschen Unternehmen die Aufnahme von Mitarbeitern aus dem Ausland zu erleichtern. Ob das neue Gesetz das erreichen wird, ist noch unklar. Denn gerade für Arbeitgeber wird sich einiges ändern und zuweilen schwieriger gestalten – etwa dadurch, dass der Bundesagentur für Arbeit weitreichende Prüfkompetenzen bezüglich Beschäftigungsanträgen eingeräumt werden. Diese sind mit einem entscheidenden bürokratischen Mehraufwand verbunden. Nima Sarvari, Director bei der auf Arbeitsmigrationsrecht spezialisierten Anwaltskanzlei Fragomen Global LLP in Frankfurt/M., gibt eine Einschätzung zu den kommenden Neuregelungen.

DB: Was sind die zentralen Inhalte des neuen Gesetzes?

Sarvari: „Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz enthält neue und erweiterte Einwanderungskategorien, die den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zum Beispiel für Personen mit Berufsausbildung ermöglichen sollen. Für sie wird etwa die Positivliste für Mangelberufe abgeschafft und stattdessen auf alle Berufe erweitert. Um dem hohen Bedarf an IT-Spezialisten gerecht zu werden, werden diese nun auch ohne formale Ausbildung, jedoch mit mindestens drei Jahren Berufserfahrung, zugelassen, sofern sie ausreichende Deutschkenntnisse vorweisen können. Fachkräfte, die sich bereits vier Jahre in Deutschland aufhalten, erhalten bei ausreichenden Deutschkenntnissen zudem schon eine Niederlassungserlaubnis. Bisher galt dies grundsätzlich erst ab fünf Jahren.

Eine weitere Neuerung des Gesetzes ist das „Beschleunigte Fachkräfteverfahren“, das durch den Arbeitgeber im Inland gegen eine Gebühr in Höhe von 411 Euro angestoßen werden kann, um die Bearbeitungszeiten bei Behörden etwa für die Abschlussanerkennung oder die Visumsantragstellung deutlich zu reduzieren.

Neu im Gesetz ist ferner, dass der Bundesagentur für Arbeit (BA) mehr Prüfungskompetenzen einerseits im Zustimmungsverfahren und andererseits bei den Berichtspflichten verliehen werden. So kann die BA etwa bei sozialversicherungs-, steuer- oder arbeitsrechtlichen Pflichtverstößen sowie bei Insolvenz oder fehlender
Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers Aufenthaltstitel ablehnen. Außerdem müssen Arbeitgeber, die Ausländer beschäftigen oder beschäftigt haben, nach Aufforderung der BA Auskunft über Arbeitsentgelt, Arbeitszeiten oder sonstige Arbeitsbedingungen innerhalb einer Frist von einem Monat erteilen. Bei vorzeitiger Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses besteht nun auch eine Mitteilungspflicht des Arbeitgebers an die zuständige Ausländerbehörde.

Die Bundesländer sollen ferner mindestens eine „Zentrale Ausländerbehörde“ einrichten, welche in Visumverfahren von Fachkräften und deren Familienangehörigen zur einheitlichen und somit berechenbaren, transparenten und beschleunigten Verfahrensführung durch Bündelung von ausländerrechtlicher Fachkompetenz beitragen soll.“

DB: Inwiefern müssen Arbeitgeber ihr internes Berichts- und Auskunftswesen angesichts der erweiterten Prüfkompetenzen der Bundesagentur anpassen?

Sarvari: „Entscheidend ist eine effiziente und vor allem zuverlässige Datenpflege. Informationen über die ausländischen Fachkräfte, die der Arbeitgeber beschäftigt, müssen stets aktuell sein. Zu bedenken ist dabei, dass jegliche Änderung der Beschäftigungsverhältnisse Mitteilungspflichten gegenüber der Ausländerbehörde auslösen sowie zwingend erforderliche Anpassungen des Aufenthaltstitels zur Folge haben kann.

Eine klare Festlegung der möglichen, für die BA entscheidenden Parameter kann dabei helfen, im Fall der Prüfung schnell reagieren zu können. Hierzu gehören alle relevanten Daten zu den Arbeitsbedingungen, unter anderem Gehalt, Zulagen, Arbeitszeiten, Wochenstunden, Urlaubsanspruch sowie die Stellenbeschreibung.

Auch schnelle interne und möglichst unbürokratische Kommunikationswege sind wichtig, um Fristen wahren zu können. Hier helfen auch klare Zuständigkeiten: Wer erhebt die Daten? Wie werden diese gespeichert und wer hat Zugriff darauf?“

DB: Inwiefern kann der zusätzliche Bürokratieaufwand besonders kleine Unternehmen und Start-ups vor Probleme stellen?

Sarvari: „Kleinere Unternehmen und Start-ups verfügen in der Regel nicht über eine eigene Abteilung für Immigrations- und Mobility-Angelegenheiten. Häufig fallen die Zuständigkeiten deshalb der Personalabteilung, sofern vorhanden, zu. Dabei erfordern die zu definierenden internen Prozesse bestimmte Kompetenzregelungen. Das Wissen über rechtliche Pflichten muss regelmäßig aktualisiert werden.

Hier können zentral gesteuerte, interne Schulungen zu den Erfordernissen, Verfahren und Pflichten der ausländischen Mitarbeiter und vor allem des Arbeitgebers für HR-Abteilungen und operative Führungskräfte sinnvoll sein, um Verständnis für bürokratische Verfahren, Bearbeitungszeiten sowie Compliance-Pflichten zu steigern.“

DB: Werden die Erweiterungen der Einwanderungskategorien, besonders für Personen mit Berufsausbildung, den gewünschten Effekt beim Kampf gegen den Fachkräftemangel haben?

Sarvari: „Die Attraktivität des deutschen Arbeitsmarktes für ausländische Fachkräfte richtet sich nicht nur nach den Einwanderungskategorien gemäß den gesetzlichen Möglichkeiten. Diese sind zwar auch wichtig, dennoch ist vielmehr entscheidend, dass die Verfahren beschleunigt durchführbar sind und Unternehmen Planungssicherheit und insbesondere bei kurzfristig entstehenden Bedarfslagen Handlungsspielraum haben. Neue Aufenthaltstitel, die allerdings mit langwierigen Verfahrens- und Bearbeitungszeiten und langen Wartezeiten bei Terminen, insbesondere bei Visaverfahren, einhergehen, senken die Attraktivität unseres Arbeitsmarktes. Auch der Mehraufwand für Arbeitgeber und für die Behörden könnte ein Hindernis darstellen. Jegliche Reform des Arbeitsmigrationsrechts muss gleichzeitig auch praktikabel sein und etwaige Engpässe durch Stärkung der Behörden abfedern.

Das wirft die Frage auf, welche Investitionen bezüglich personeller und technischer Infrastruktur bei den Behörden erforderlich sein werden, damit das neue Gesetz die erhoffte Verbesserung bringt. Diese müssen personell so aufgestellt sein, dass in einer Wirtschaftsrealität, in der Zeit ein entscheidender Faktor ist, Unternehmen nicht in Ungewissheit über den Einsatzzeitpunkt ihrer Fachkräfte verharren müssen. Ansonsten läuft man Gefahr, dass das neue Gesetzesvorhaben als erforderliche und sinnvolle Reform ins Leere läuft.“

Vielen Dank für das Interview, Herr Sarvari!

Das Interview führte Claus Dettki, DER BETRIEB.


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