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24.10.2018

Interview

Vorausschauend agieren: Warum ein Steuerliches Kontrollsystem in jedes Family Office gehört

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Der Betrieb

Nach einem Erlass des BMF kann ein innerbetriebliches steuerliches Kontrollsystem (Steuer IKS) ein Indiz sein, das gegen Vorsatz oder Leichtfertigkeit spricht, wenn es um die Beurteilung steuerstraf- und bußgeldrechtlicher Risiken geht. Weshalb ein Steuer IKS gerade für Family Offices äußerst relevant ist und wie ein solches implementiert wird, erklärt StB Dr. Franz Angermann, Managing Partner für Private Clients & Family Office Services bei der WTS Group AG Steuerberatungsgesellschaft in München.

DB: Durch das BMF-Schreiben hat das Thema Steuerliches Kontrollsystem plötzlich recht viel Aufmerksamkeit bekommen. Handelt es sich hierbei eher um eine Modeerscheinung oder haben Steuer IKS tatsächlich so viel Aufmerksamkeit verdient, Herr Dr. Angermann?

Angermann: „Ich sehe hier einen klaren, langfristigen Trend zu mehr, fehlerfreier Transparenz im Zahlenwerk aller Steuerpflichtigen – inklusive den Family Offices und den von Ihnen betreuten Vermögen. Dieser Trend ist durch internationale Entwicklungen unterstützt, wie die Einführung der sogenannten FATCA-Meldepflichten in USA, und dem Pendant der OECD zum internationalen Informationsaustausch nach ‚Common Reporting Standards‘. Beide Vereinbarungen bzw. die nationalen Gesetze ermöglichen den teilnehmenden Staaten den internationalen, automatischen und elektronischen Datenaustausch der  Bankdaten Ihrer Bürger bzw. Unternehmen. Verantwortliche, also zuallererst die Steuerpflichtigen selbst, und ihre Organisationen sollten sich also besser langfristig und professionell auf dieses Thema einstellen. Im Zeitalter von Big Data und Digitalisierung, unterstützt durch die Politik in verschiedensten Ländern und Supra-nationalen Organisationen, müssen wir uns diesem Trend dauerhaft stellen.“

DB: Aus welchen Gründen sollten gerade Family Offices ein Steuerkontrollsystem einrichten bzw. dahingehend aufrüsten?

Angermann: „Family Offices kommen dort zum Einsatz, wo vergleichsweise große Privatvermögen eine professionelle Verwaltung und Organisation brauchen. Das deutsche Steuerrecht stellt für seinen Rechtsrahmen, also Wesentlichkeit, Schwere, Strafmaß eines steuerlichen Vergehens – auch Fehlers – auf absolute Beträge ab. Die relative Größe des Vermögens wird also nicht berücksichtigt. So wird die besondere Schwere einer Tat bei 50.000 Euro beziffert, Bewährungs- statt Freiheitsstrafe ist laut aktueller BGH-Rechtsprechung nur bis zu 1 Mio. Euro Steuervolumen möglich. Die Größe des zugrundeliegenden Ausgangsvermögens wird dabei in keiner Weise berücksichtigt. Bei fehlendem Steuer-IKS kann also ein sehr kleiner, unbeabsichtigter Fehler in Höhe von 0,05 % für ein angenommenes Vermögen von 100 Mio. Euro eine besonders schwere Straftat bedeuten. Ein gut verdienender Geschäftsführer, der 200.000 Euro verdient, müsste einen Fehler über 25 % seiner Einkünfte vollziehen, um in die gleiche Beurteilung zu fallen, das ist relativ das 500-fache. Da vermögende Steuerpflichtige in Deutschland ihre Einkommensteuererklärung eigenhändig zu unterschreiben haben und die Hinzuziehung von Family Office und Steuerberater prinzipiell nicht enthaftet, ist Präzision, Transparenz und ein professionelles System – genauso wie in jedem Unternehmen – sehr empfehlenswert. Abgesehen davon: richtig aufgesetzt, verbinden Sie das Ganze natürlich zu einem modernen Management-Informationssystem zur Steuerung Ihres Gesamtvermögens.“

DB: Das heißt, Steuer IKS kann alle Risiken abfangen?

Angermann: „Das ist leider die schlechte Nachricht: Sie können sehr viele, ganz verschiedene und auch wirklich naheliegende Fehler machen. Schon die Sicherstellung der Vollständigkeit der Erfassung aller Vermögensteile und deren Einkünfte kann, bei entsprechendem Umfang, eine wirkliche Herausforderung sein. Vermögen ist ja heute in der Regel weltweit verteilt! Bereits ein falsch gestellter Herabsetzungsantrag über die Vorauszahlungen, der wenig später durch eine in der Planung unberücksichtigte Einnahme obsolet wird, kann derzeit durchaus für die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gut sein. Das hat man früher so nicht gesehen. Da reden wir von vielleicht 6 Monaten verspäteter, nicht dauerhaft unterlassener Steuerzahlung!“

DB: Ihr Rat also?

Angermann: „Zwei besondere Herausforderungen würde ich im Auge behalten: die Familien leben heute sehr international, und sie investieren sehr international. Beides erhöht die steuerliche Komplexität natürlich deutlich, und so haben international falsch behandelte, eingeschätzte oder schlicht vergessene Sachverhalte heute einen hohen Anteil. Gleichzeitig wird das Steuerrecht weiterhin regelmäßig fundamental geändert, aktuell beispielsweise im Bereich des Investmentsteuerrechts.“

DB: Wie kann man ein Kontrollsystem dann effizient einrichten,  um für die handelnden Personen sicher eine Enthaftung zu erreichen?

Angermann: „Ob man von ‚sicherer Enthaftung‘ sprechen kann, bleibt dahin gestellt, denn die Formulierungen im Erlass und die praktische Handhabung der Behörden hat Ermessensspielraum an vielen Stellen. Sie bereiten sich optimal vor, wenn Sie Ihr steuerliches Handeln und Tun, Ihre gesamte Organisation mit Blick auf das Thema steuerliche Pflichterfüllung ausrichten, und dabei auch Kontrollen, Überwachung und Dokumentation, sowie regelmäßige Anpassung bedenken.“

DB: Das klingt nach einem Fulltime Job!

Angermann: „Es klingt insgesamt etwas dramatischer, als es ist! Denn Sie wollen doch ein großes, zahlreiche Bankkonten, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen, Investments verschiedenster Art beinhaltendes Vermögen ohnehin professionell, mit vollem Überblick über die Zahlen, Einflussfaktoren, Risiken und Chancen führen! Sie wollen also ein leistungsfähiges digitales Vermögenscontrolling, eine vollständige Verfügbarkeit aller Informationen haben, um Ihre Vermögensverwalter und Dienstleister zu überwachen, Kosten zu kontrollieren, um ein erfolgreicher, risikoadäquater Investor zu sein. Und wenn Sie bereits ein Vermögenscontrolling eingerichtet haben bzw. in Ihrem Family Office führen, dann ist der Weg zum steuerlichen IKS nicht mehr sehr weit, sozusagen nur ein weiterer Baustein oben drauf, aber das Fundament ist vorhanden.“

DB: Zu guter Letzt: Welche Vorteile hat eine Steuer IKS inhouse und wann ist ein externes Steuer IKS zu empfehlen?

Angermann: „Das ist ein Stück weit auch Glaubensfrage. Denn richtig und professionell aufgebaut und geführt, funktioniert beides. Prinzipiell können Sie die Funktionen des Vermögenscontrollings als Basis der Steuer-IKS, ebenso wie das Steuer-IKS selbst, intern durch eigene Mitarbeiter im Family Office oder auch durch externe Dienstleister abbilden. Beides ist denkbar, und natürlich auch eine Zwischenlösung. Unter Definition der genauen Schnittstellen der Zusammenarbeit und differenziert auch nach verschiedenen Anlageklassen können Sie hier unterscheiden, denn natürlich sieht das System für Immobilien im Vergleich zu einem Aktiendepot in USA ganz anders aus. Sie könnten also Aktien extern, Immobilien intern bearbeiten. Wesentliche Entscheidungsfaktoren sind Kosten, Vertraulichkeit, Ressourcenverfügbarkeit und Verfügbarkeit von Spezialisten, die Sie auf alle Fälle brauchen.  Und schließlich ist die Anlagestrategie des Family Office, die Vermögensstrukturierung und der rechtliche Aufbau des Vermögens und das schlichte Volumen sehr relevant für das Vermögenscontrolling und das Steuer-IKS. In der Praxis finden Sie daher vor allem mit steigender Vermögensgröße typischerweise Mischformen aus interner und externer Organisation vor.“

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview, Herr Dr. Angermann!

Das Interview führte Viola C. Didier, RES JURA Redaktionsbüro.

 

Mehr erfahren:

Sie möchten tiefer ins Thema einsteigen? Dann lesen Sie den Fachbeitrag von StB Dr. Franz Angermann: Steuer IKS in Family Offices – Einrichtung eines steuerlichen Kontrollsystems auf Basis des digitalisierten Vermögenscontrolling – in DER BETRIEB vom 15.06.2018, Heft 24, Seite 1429 – 1435 sowie online unter DB1270414


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